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Morgens mit einem seligen Lächeln über das Bäuchlein streicheln. So sieht die Welt einer Schwangeren meistens nur im Film aus. „80 Prozent aller Frauen leiden in den ersten vier bis zehn Wochen unter Übelkeit. Die meisten zum Glück ohne Erbrechen“, sagt Dr. Filiz Markfeld-Erol, Oberärztin für Frauenheilkunde im Universitätsklinikum Freiburg. Die gute Nachricht: Häufig helfen schon kleine Ernährungstricks, um das unangenehme Gefühl zu verscheuchen.

Ein Hormon ist wohl Schuld

Warum der Großteil der Schwangeren anfänglich unter Übelkeit leidet, darüber gab es bislang mehr Mutmaßungen als Fakten. Doch jetzt hat ein Forschungsteam aus Großbritannien und den USA den „Übeltäter“ vermutlich entdeckt: ein Hormon, das GDF15 heißt.Es wird vom fetalen Teil der Plazenta gebildet und gelangt so auch in den mütterlichen Blutkreislauf. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden zudem heraus, dass eine große Rolle spielt, wie empfindlich die Schwangeren auf dieses Hormon reagieren. Das Team hofft, mit diesen Erkenntnissen neue und vor allem effektive Therapiemaßnahmen entwickeln zu können, um betroffenen Frauen besser zu helfen.

Weitere mögliche Ursachen

Die Ernährungswissenschaftlerin Christina Geffert aus Quedlinburg sagt: „Eine große Rolle scheint ein niedriger Blutzuckerspiegel zu spielen, zum Beispiel nach langen Essenspausen. Deswegen treten die Beschwerden vor allem morgens auf.“ Ein geschärfter Geruchs- und Geschmackssinn kann die Probleme noch verstärken. Gynäkologin Markfeld-Erol ergänzt: „Zudem erhöhen unter anderem Vorerkrankungen wie Diabetes und Asthma, Essstörungen, Mehr­lingsschwangerschaften sowie eine erb­liche Veranlagung das Risiko.“

Auch Stress und häufiges Nachfragen des Umfelds, ob einem übel sei, kann dazu führen, dass Frauen häufiger schlecht ist. Familie und Freunde verkneifen sich also lieber das Thema. Tröstlich: Die Beschwerden vergehen in der Regel im Lauf der Zeit. Nur in 10 Prozent der Fälle hält die Übelkeit über die 20. Schwangerschaftswoche hinaus an. Bis zu zwei Prozent leiden unter einer extremen Form, der Hyperemesis gravidarum.

Hyperemesis gravidarum

Ist die Übelkeit ungewöhnlich stark und mit häufigem Erbrechen und starkem Flüssigkeitsverlust verbunden, handelt es sich um eine soge­nannte Hyperemesis gravidarum. „Wir sprechen davon, wenn die Schwangere sich mehr als fünf Mal am Tag übergibt und deutlich Gewicht verliert“, erklärt Frauenärztin Filiz Markfeld-Erol. Das gefährdet Mutter und Kind, da beide durch die mangelnde Nahrungsauf­nahme zu wenig Nährstoffe erhalten. Ein Merkmal sind Abbauprodukte (Ketonkörper) im Urin, die durch einen Test in der frauenärztlichen Praxis ermit­telt werden können. „Eine Hyperemesis gehört in ärztliche Hand. Erkrankte sollten bei starken Beschwerden stationär behandelt werden. Sie er­hal­ten dann Flüssigkeitsinfusionen mit Elektrolyten und Mittel gegen die Übelkeit“, so die Expertin.

Frühstück am besten schon im Bett einnehmen

Um dem Blutzuckerspiegel auf die Sprünge zu helfen, rät Geffert zu kohlenhydrathaltigen Snacks: „Trinken Sie am besten noch im Bett einen nur leicht gesüßten Tee, essen Sie eine Banane oder einen Zwieback und warten Sie eine Viertelstunde ab. Oft wird es dann besser.“ Kleinere, häufigere Mahlzeiten können günstiger sein als große. Nicht so gut dafür geeignet: zuckerreiche Lebensmittel wie Energie­riegel. Sie lassen den Blutzucker hochschnellen – und dann zügig wieder abfallen.

Ziel ist aber ein möglichst konstanter Spiegel. „Die besseren Zwischenmahlzeiten sind ein Käse-Vollkorn-Knäckebrot oder ein kleines Müsli mit Joghurt, Haferflocken, etwas Obst und Nüssen“, empfiehlt Geffert. Früchte besser direkt essen als in Form von Saft oder Smoothie. Die Ballaststoffe bremsen den Blutzuckeranstieg etwas.

Um fettige, stark gewürzte oder saure Speisen machen Sie als Schwan­gere lieber einen Bogen. „Alles, was die Magenschleimhaut reizt, kann die Übelkeit verstärken. Versuchen Sie es lieber mit einer Art Schonkost, wie man sie bei Magen-Darm-Problemen zu sich nimmt, etwa Kartoffelbrei, ­eine leichte Gemüsesuppe oder ein Schälchen Reis“, sagt Geffert. Eine säuerliche Ausnahme gibt es laut der Ernährungsexpertin: Wasser mit Zitronenscheiben lindere nicht selten das Übelsein. Werden die Schalen mitverarbeitet, nur Früchte in Bio-­qualität verwenden.

Bei Erbrechen ausreichend trinken

In Kliniken wird stark betroffenen Frauen häufig Vitamin B6 gegeben, für andere Vitamine gibt es bisher noch keine Wirknachweise. Gute Erfahrungen haben manche Frauen dagegen mit Ingwer gemacht, zum Beispiel als Tee oder roh geknabbert. „Er sollte jedoch nur in Maßen genossen werden, da die Wurzel einen leicht wehenfördernden Effekt hat“, gibt Geffert zu bedenken.

Wenn Sie in der Schwangerschaft häufig erbrechen, ist es wichtig, auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten. „Angesichts von Gelüsten oder starken Abneigungen rate ich meinen Klientinnen, einfach auszuprobieren, ob man zum Beispiel Wasser mit oder ohne Kohlensäure vertragen kann. Auch gegen Kaffee ist übrigens nichts einzuwenden.“ Bis zu zwei Tassen am Tag sind auch in der Schwangerschaft in Ordnung. Ob mit oder ohne Übelkeit – ganz klar immer gilt: keinen ­Alkohol trinken.

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Quellen:

  • Fejzo M, Rocha N, Cimino I et al.: GDF15 linked to maternal risk of nausea and vomiting during pregnancy. Online: https://www.nature.com/... (Abgerufen am 18.12.2023)