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1. Katze und Hund müssen weg, weil Tierhaare ein Allergierisiko sind

Es kommt darauf an. Der Kontakt mit Hunden kann Kleinkinder womöglich sogar vor der ­Entwicklung von Asthma und Allergien ­schützen. Auch für Nahrungsmittelaller­gien gibt es entsprechende Hin­weise. Das zeigen wissenschaftliche Stu­dien. Bei Katzen ist die ­Daten­lage nicht eindeutig. Dr. To­bias Ankermann, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin in Kiel, rät: Familien mit erhöhtem Allergierisiko oder mit Kindern, die schon Neurodermitis haben, sollten sich keine Katze neu zulegen. Gegen einen Hund spricht dagegen nichts.

2. Stillen ist der beste Schutz vor Allergien

Die meisten Mamas wissen, dass Muttermilch in den ersten Monaten das Beste für das Baby ist. Doch schützt Stillen auch vor Allergien? „Die wissenschaftliche ­Datenlage ist nicht einheitlich“, sagt ­Tobias Ankermann von der Gesellschaft für pädiatrische Allergologie. Aussage­kräftige Studien zum Stillen sind nicht einfach zu machen, so kommt es beispiels­weise darauf an, ob ausschließlich gestillt wird oder ob der Säugling zusätzlich Flüssigkeit wie Wasser erhält oder in den ersten Monaten Medikamente nehmen muss. Außerdem unter­schei­det sich die Zusammensetzung der ­Mutter­milch von Frau zu Frau. Auch gestillte Kinder können Allergien entwickeln.

Dennoch: Zumindest für Kinder, bei denen beide Eltern an Allergien litten, zeigten Studien, dass Stillen von Vorteil sein kann. Ankermann fasst es so zusammen: „Stillen ist nicht der einzige, aber ein Schutz vor Allergien, in jedem Fall jedoch die beste Ernährungsform in den ersten sechs Lebensmonaten.“ Weitere schützende Faktoren sind zum Beispiel: das Baby keinem Zigarettenqualm oder Schimmel in der Wohnung auszusetzen.

Kind die Nase putzen

Allergien bei Kindern

Blütenstaub, Tierhaare oder Milben können kleinen Kindern ganz schön zusetzen. Doch zum Glück lassen sich Allergien und allergisches ­Asthma meist gut behandeln. zum Artikel

3. Kinder, die früh in die Kita gehen, entwickeln seltener Allergien

Da könnte etwas dran sein. Durch den Kontakt mit anderen Kindern sind sie Allergenen ausgesetzt und trainieren ihr Immunsystem. Ein Vorteil könnten daher auch größere Geschwister sein. Die Datenlage ist aber nicht eindeutig.

4. Teppiche fördern Allergien

Dieser Mythos gründet auf der Vorstellung, dass sich in Teppichen so einiges versammelt, was Allergien auslösen kann: Tierhaare, Milben, abgestorbene Hautzellen, chemische Schadstoffe. „Teppiche fördern aber nicht das Neuauft­reten von allergischen Erkrankungen oder einer atopischen Derma­titis“, so Tobias Ankermann. Das haben Studien gezeigt. Anders sieht es aus, wenn schon eine Hausstaubmilbenallergie vorliegt. Dann sind Teppiche nicht ideal.

5. Wenn ich schon in meiner Schwangerschaft auf meine Ernährung achte, schütze ich mein Kind vor Allergien

Es gibt keine sicheren Daten, die zeigen, dass der Verzicht oder eine spezielle Ernährungsform während der Schwangerschaft die Kinder vor dem Auftreten von allergischen Erkrankungen oder einer atopischen Dermatitis schützt. Das Meiden bestimmter Lebensmittel bringt also nichts, um das Kind vor Allergien zu schützen. „Während einer Schwangerschaft sind aber eine ausgewogene, vielfältige Ernährung und der Verzicht auf Alkohol sowie auf aktives und passives Rauchen für die Gesundheit des Kindes notwendig“, betont Ankermann.

6. Der Verzicht auf ­Bestimmte Lebensmittel wie Milch, Ei, Fisch oder Nüsse in der Baby-Ernährung beugt ­Allergien vor

„Es gibt kein Argument, zur Allergievorbeu­gung bestimmte Nahrungsmittel nicht einzuführen“, sagt Allergologe Ankermann. Eine bunte und vielfältige Ernährung im ersten Lebensjahr schütze sogar vor der Entwicklung von Allergien und vor Neurodermitis, so die Deutsche Haut- und Allergiehilfe e. V. Inzwischen gilt in Sachen Allergievorbeugung auch nicht mehr ein strikter Fahrplan, wann welches Lebensmittel eingeführt werden soll. Hier beraten Kinderärzte oder speziali­sierte Ernährungsberaterinnen. Was Eier angeht: bitte immer gut durcherhitzen. Bei Kindern mit Neurodermitis sollte eine Erdnussallergie ausgeschlossen werden. Nüsse immer nur in altersgerechter Zubereitung servieren, niemals in Stücken wegen der Gefahr des Verschluckens! Liegen in der Familie Nahrungsmittelunverträglichkeiten vor, am besten mit einem Allergologen oder der Kinderärztin sprechen und eventuell entsprechende Tests durchführen lassen.

7. Impfen löst Allergien aus

Nein, das ist definitiv falsch. Bis heute konnten keine wissenschaftlichen Studien einen Zusammenhang zwischen Impfungen und der Zunahme von Allergien belegen. Für manche Impfungen wie Masern-Mumps-Röteln gibt es sogar Hinweise, dass die Allergierate bei geimpften Kindern geringer ist, so die Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie. Bei Kindern mit Neurodermitis könne es zwar kurz nach der Impfung zu einer Verschlechterung des Hautbildes kommen. „Dies ist aber kein Grund, auf die Rou­tine­impfungen zu verzichten“, so Ankermann. Auch gibt es keine Belege, dass es etwas bringt, die Impfungen später zu machen, um Allergien zu verhindern. Und für Kinder mit Heuschnupfen oder Asthma sind besonders Keuchhusten und Grippeimpfungen wichtig, um die Lunge und die Bronchien zu schützen.

8. Ein bisschen Dreck härtet ab und schützt vor Allergien

„Im Prinzip ist das richtig. Nur: Nicht jeder Dreck schützt“, sagt Ankermann. Was sich in Studien gezeigt hat: Kinder auf Bauernhöfen, die Stallkontakt haben, entwickeln seltener Allergien. Insbesondere Asthma tritt seltener auf. Wahrscheinlich liegt das daran, dass sie mit vielen verschiedenen Aller­genen in Kontakt kommen, die sich im Stall, auf den Wiesen oder in Tierfellen befinden. Das trainiert das kindliche Immunsystem. Anderer „Dreck“, wie zum Beispiel Feinstaub oder Schimmel, ist dagegen ein Allergierisiko.

9. Allergien kommen selten allein

Es ist möglich, dass mehrere allergische und atopische Erkrankungen entweder nach­einander oder gleichzeitig auftreten. So ist Heuschnupfen und Asthma eine häu­fige Kombination. Generell beruhigt Tobias Ankermann aber: Nur drei bis sieben Prozent der Kinder würden eine ganze Abfolge von Allergien entwickeln. Also zum Beispiel erst Neurodermitis, dann eine Nahrungs­mittelallergie, danach Heuschnupfen und Asthma. Häufiger kommt jedoch vor, dass Kinder nicht nur auf ein Nahrungsmittel allergisch reagieren, sondern auf mehrere.

10. HA-Nahrung schützt allergiegefährdete Kinder

Nicht jede Mutter kann oder will ihrem Neugeborenen die Brust geben. Säuglinge mit erhöhtem Allergierisiko bekommen dann oft sogenannte HA-Milch. HA steht für hypoallergen, also wenig allergieauslösend. Einige Hersteller bewerben sie entsprechend, ohne wirklich wissenschaftliche Belege liefern zu können. Wie auch bei klassischer Säuglingsnahrung ist die Basis Kuhmilch. Das Kuhmilcheiweiß ist aber aufgespalten in kleinere, angeblich weniger allergieauslösende Proteine. Ob HA-Nahrung tatsächlich Allergien vorbeugen kann, ist umstritten.

Die GINI-Studie, eine deutschlandweite Untersuchung zur Allergievorbeugung mit Säuglingsnahrung, deutet darauf hin, dass HA-Nahrung zumindest bei Kindern mit Risiko für atopische Dermatitis (Neurodermitis) vorbeugend wirken könnte, nicht aber für Asthma oder Heuschnupfen. Andere Studien bestätigten das aber nicht. „Für die Ernährung von Risikokindern, die nicht gestillt werden, sind HA-Nahrungen eine Option, für die die Datenlage zurzeit aber nicht eindeutig ist“, sagt Ankermann. Am besten mit Kinderärztin oder -arzt besprechen, welche Säuglingsnahrung sich am besten eignet.

11. Je später die Beikost, desto besser

Nein, es gibt Empfehlungen, frühzeitig andere Lebensmittel als Muttermilch oder Säuglingsnahrung einzuführen. Das heißt: frühestens ab Beginn des fünften Lebensmonats – auch wenn das Kind ein erhöhtes Risiko für Allergien oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten hat. Wann ein Baby bereit ist für Brei, ist unterschiedlich. Manche essen mit fünf Monaten schon vom Löffel, andere wollen nichts außer Muttermilch oder Säuglingsnahrung. Daher raten Fachgesellschaften, Beikost zwischen dem 5. und 7. Lebensmonat einzuführen und zwar wenn das Kind zeigt, dass es bereit ist. Breimahlzeiten ersetzen nach und nach die Milch, daher während der Beikosteinführung weiter­stillen, auch danach solange man möchte!


Quellen:

  • Prof. Dr. Matthias Kopp, Prof. Dr. med. Eckard Hamelmann, et al.: 1 S3-Leitlinie Allergieprävention - Stand 11. November 2022. Leitlinie: 2022. https://register.awmf.org/... (Abgerufen am 01.02.2023)

  • Osborn DA, Sinn JKH, Jones LJ: Nahrung mit hydrolysierten Proteinen zur Vorbeugung von allergischen Erkrankungen bei Säuglingen. Cochrane: https://www.cochrane.org/... (Abgerufen am 01.02.2023)
  • Deutsche Haut- und Allergiehilfe e.V.: HA oder nicht HA? , Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin bekräftigt Empfehlungen zur Allergieprävention. https://www.dha-allergien-vorbeugen.de/... (Abgerufen am 01.02.2023)
  • Narges Ghoreishi, Jonathan Riedmüller, Sven Knüppel, et al.: Hydrolysierte Säuglingsnahrung für die Allergieprävention – wissenschaftliche Evidenz und Empfehlungen für die Praxis. Monatsschrift Kinderheilkunde: https://link.springer.com/... (Abgerufen am 01.02.2023)
  • Deutsche Haut- und Allergiehilfe e.V.: Wenn Stillen nicht klappt: Welche Säuglingsnahrungen sind sichere Alternativen? . https://www.dha-allergien-vorbeugen.de/... (Abgerufen am 01.02.2023)
  • Netzwerk Gesund ins Leben : Ist es besser, Beikost bereits mit Beginn des 5. Lebensmonats einzuführen? . https://www.gesund-ins-leben.de/... (Abgerufen am 01.02.2023)
  • Europäisches Institut für Stillen und Laktation: Beikost-Empfehlungen. https://www.stillen-institut.com/... (Abgerufen am 01.02.2023)
  • Netzwerk Gesund ins Leben: Allergie, Unverträglichkeit oder einfach nur Bauchschmerzen? . https://www.gesund-ins-leben.de/... (Abgerufen am 01.02.2023)
  • George Du Toit , Graham Roberts, Peter H Sayre, et al.: Randomized trial of peanut consumption in infants at risk for peanut allergy . N Engl J Med.: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/... (Abgerufen am 01.02.2023)
  • Gary W.K. Wong, M.D.: Preventing Food Allergy in Infancy — Early Consumption or Avoidance?. the New England Journal of Medicine: https://www.nejm.org/... (Abgerufen am 01.02.2023)
  • Allergieinformationsdienst: Kleinkinder mit Hund haben weniger Nahrungsmittelallergien. https://www.allergieinformationsdienst.de/... (Abgerufen am 01.02.2023)
  • Österreichische Lungenunion: Studien: Hunde können Kinder gegen Ekzeme und Asthma schützen. https://www.lungenunion.at/... (Abgerufen am 01.02.2023)
  • Pädriatrische Allergologie: Elternratgeber Impfen und Allergien. https://www.gpau.de/... (Abgerufen am 01.02.2023)
  • Ärztliches Journal: Schützt Stillen das Kind vor Allergien?. https://www.aerztliches-journal.de/... (Abgerufen am 01.02.2023)