Ernährungsminister Özdemir will gesündere Lebensmittel für Kinder
Viele Fertigprodukte wie Frühstücksflocken und gesüßte Erfrischungsgetränke enthalten weiterhin viel Zucker – besonders auch Lebensmittel, die speziell für Kinder beworben werden. Das zeigt eine Auswertung des bundeseigenen Max Rubner-Instituts für das Jahr 2022, die am Dienstag vorgestellt wurde.
So enthielten Frühstückscerealien für Kinder durchschnittlich 17 Gramm Zucker pro 100 Gramm. Im Schnitt aller Frühstückscerealien waren es dagegen „nur“ 14,7 Prozent Zucker pro 100 Gramm. Gesüßte Erfrischungsgetränke für Kinder kamen 2022 im Schnitt auf 6,3 Gramm Zucker pro 100 Milliliter. Das sei zwar weniger als 2018 (7,2 Gramm pro 100 Milliliter), aber deutlich mehr als 2019 (5,4 Gramm pro 100 Milliliter). Bei Joghurt und Quark für Kinder sank der Zuckergehalt in den vergangenen Jahren laut Bericht zwar etwas, er sei mit 11,5 Gramm Zucker pro 100 Gramm im Jahr 2022 aber immer noch zu hoch.
Zudem seien die Salz- und Fettgehalte in Suppen, Eintöpfen und Instantgerichten weiterhin hoch. Das Max Rubner-Institut untersuchte rund 7000 Produkte auf den Gehalt an Fett, Zucker und Salz. Darunter waren solche, die sich an Kinder richten – mit bunten Aufdrucken oder Spielzeugextras in der Packung. Eine ausführliche Auswertung finden Sie im Bericht des Instituts. Klicken Sie hier, um den Bericht aufzurufen.
Özdemir fordert gesündere Lebensmittel
„Fertigprodukte für Kinder und Erwachsene müssen gesünder werden“, sagte Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) in Berlin. Wer viel davon esse, erhöhe sein Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder Übergewicht. „Die Unternehmen haben es selbst in der Hand, Rezepturen zu verbessern“, sagte der Grünen-Politiker. Er warb erneut für das geplante Verbot von Werbung für ungesündere Lebensmittel, die sich gezielt an Kinder richtet. Mehr zum Werbeverbot lesen Sie hier im Interview mit Minister Özdemir.
Özdemir betonte dabei, dass es nicht darum gehe, Menschen vorzuschreiben, was sie zu essen haben. „Jeder kann essen, was er will, aber nicht jeder isst Ungesundes freiwillig“, so der Minister. Er verwies darauf, dass besonders Kinder aus ärmeren oder bildungsfernen Familien von dem Problem betroffen seien. Hier achten Eltern häufig – aus unterschiedlichen Gründen – weniger auf eine gesunde Ernährung. Argumente wie das, dass Eltern sich eben mehr kümmern müssten, akzeptiere er nicht, so Özdemir. „Soll man Kindern von Eltern, die sich nicht kümmern, etwa sagen, dass sie Pech gehabt haben?“ Özdemir verwies zudem darauf, dass auch die Wirtschaft von einer gesünderen Bevölkerung – und somit gesünderen Arbeitnehmern – profitieren kann.
Foodwatch: Freiwilligkeit hat versagt
Mit dem regelmäßigen Monitoring des Max Rubner-Instituts sollen Zusagen der Hersteller zu Zutaten-Änderungen für gesündere Lebensmittel überprüft werden. Hintergrund ist eine noch von der vorigen Bundesregierung gestartete Strategie, nach der sich Branchen zu Reduktionszielen bei Zucker, Fett und Salz bis 2025 verpflichten. Um die Zusagen zu Änderungen bei den Zutaten zu überprüfen, macht das Rubner-Institut ein regelmäßiges Monitoring.
Auch die Debatte über mehr Bremsen für Zucker, Fett und Salz fachten die Daten wieder an. Der Lebensmittelverband Deutschland warb für die freiwilligen Selbstverpflichtungen und hob „teilweise beachtliche Erfolge“ bei Zutatenänderungen hervor. So würden Verbraucher ohne Geschmackseinbußen schrittweise mitgenommen, und Hersteller hätten weiter die Hoheit über ihre Produkte.
Die Vorstandsvorsitzende der AOK, Dr. Carola Reimann, sieht das Thema dagegen kritisch: „Über vier Jahre nach dem Start der Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie belegen die aktuellen Auswertungen des Max Rubner-Instituts erneut, dass die Lebensmittelindustrie kein wirkliches Interesse an der Veränderung ihrer Rezepturen zum Wohle der Kindergesundheit hat“, so Reimann. „Bestes Beispiel hierfür sind die bei Jungen und Mädchen beliebten Erfrischungsgetränke, bei denen die Zuckerwerte im Durchschnitt sogar wieder gestiegen sind.“
Und die Verbraucherorganisation Foodwatch monierte indes: „Das Prinzip Freiwilligkeit hat auf ganzer Linie versagt.“ Es brauche nun dringend gesetzliche Maßnahmen – neben „Junkfood-Werbeschranken“ auch eine Limo-Steuer für stark gezuckerte Getränke. Özdemir sieht in der Koalition aber keine Mehrheit dafür.
Quellen:
- Max Rubner-Institut : Produktmonitoring 2022. https://www.mri.bund.de/... (Abgerufen am 04.07.2023)
- BMEL: Das Produktmonitoring zur Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie. https://www.bmel.de/... (Abgerufen am 04.07.2023)