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Die herabhängende Tischdecke am Esstisch? Klar, eine Einladung daran zu ziehen. Lustig bunte Wasch­mittelkapseln? Sehen fast aus wie Bonbons. Unser Haushalt steckt für Babys und Kleinkinder voller Gefahren.

"­Viele Eltern unterschätzen das Risiko eines Unfalls in den eigenen vier Wänden", sagt Andreas Kalbitz, Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Mehr Sicher­heit für Kinder e. V. in Bonn. Dabei verletzen sich gerade Kleinkinder bis fünf Jahre am häufigsten daheim. Zwei Drittel aller Unfälle in dieser Alters­gruppe geschehen im häus­lichen Umfeld. "Natür­lich brauchen Kinder viele Freiheiten zum Erkunden und Ent­decken", meint Kalbitz. Dies können Eltern ­ihrem Nachwuchs auch pro­blemlos bieten, wenn sie ein bisschen vorausschauen und manches in der Wohnung absichern. "Wir raten ­Eltern dazu, die Perspek­tive des Kindes einzunehmen." ­­Also sich auf den Boden begeben und die Welt aus dessen Höhe betrachten: Wo sind scharfe Kanten in Kopfhöhe des Kleinen? Welche Möbel laden zum Klettern ein? Erst ab etwa vier Jahren entwickeln Kinder überhaupt ein Bewusstsein für gefähr­liche Situationen, Verhaltens­­weisen oder Gegenstände. Bis dahin heißt es für Mama und Papa, die Risiken so weit es geht zu minimieren:

Andreas Kalbitz ist Geschäftsführer der Bundesarbeits- gemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder e.V.

Andreas Kalbitz ist Geschäftsführer der Bundesarbeits- gemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder e.V.

Strom

Was kann passieren? Ein beschädigtes Kabel, das das Kind anfasst oder in den Mund steckt, das Erforschen einer ungesicherten Steckdose: Die Folge kann ein lebensbedrohlicher Stromschlag sein.

Wie vorbeugen? Kontrollieren Sie regelmäßig, ob elektrische Geräte, Kabel und Stecker defekt sind, und tauschen Sie sie im Zweifelsfall sofort aus. "Kinder ziehen auch gerne an Kabeln und reißen dann womöglich ein schweres oder heißes Gerät wie Wasserkocher und Bügeleisen herunter, das sie schwer verletzen kann", ergänzt Andreas Kalbitz. Daher Kabel wenn möglich fest verlegen, hinter Möbeln oder Leisten verstecken, nie baumeln lassen. Ein Steckdosenschutz bietet sich für sämtliche Dosen an, auch an Mehrfachsteckdosen.

Hitze/Feuer

Was kann passieren? Durch Kerzenflammen, Kaminfeuer, heiße Herdplatten oder auch kochendes Wasser sind schwere Verbrennungen und Verbrühungen möglich. "Denn Kleinkinder haben eine viel kleinere Körperoberfläche als Erwachsene. Es genügt beispielsweise schon ­eine ­Tasse heißer Tee, um etwa 30 Prozent ihrer Haut zu verbrühen", warnt Kalbitz.

Wie vorbeugen? Offenes Feuer ist mit kleinen Kindern generell keine gute Idee, am besten anfangs ganz darauf verzichten. In jedem Fall Schutzgitter vor einem Kamin anbringen. Neuere Kamin- und Back­ofentüren sind oft mit einem speziellen Glas ausgestattet, das nicht so heiß wird. Beim Kochen möglichst die hinteren Herdplatten nutzen und keine Pfannen­stiele vorne überstehen lassen. "Kinder greifen da schneller hin, als man denkt", so Kalbitz. Genau wie zur Tischdecke, auf der vielleicht eine brennende Kerze oder eine Tasse heißer Tee steht. Deshalb besser auf Tischdecken verzichten. Und: wenn man das Kind am Körper trägt, keine heißen Getränke balancieren!

Spitze Gegenstände

Was kann passieren? Da Kinder keinerlei Bewusstsein für mögliche Schnitt- oder Stichverletzungen haben und alle Gegenstände neugierig mit Händen und Mund untersuchen, sind Messer, Scheren, Werkzeuge und Co. ­tabu. An scharfen Kanten können die Kleinen sich beim Toben oder Vorbeiflitzen auch stark verletzen. 

Wie vorbeugen? Sämtliche spitzen und scharfen Objekte unbedingt in abschließbaren Schubladen und Schränken aufbewahren. Scharfkantige Möbel wie Glastische oder auch Fensterbänke sollten Sie mit einem Schutz versehen.

Höhe

Was kann passieren? "Stürze stellen mit großem Abstand das verbrei­tetste Unfallrisiko für Kinder dar", sagt Andreas Kalbitz. Das kann der Sturz vom Wickeltisch oder aus dem Hochbett sein – mit Folgen wie Knochenbrüchen, Gehirnerschütterung und Schädelverletzungen. Noch dramatischer sind  Stürze vom Balkon oder aus dem Fenster. 

Wie vorbeugen? "Immer darauf achten, dass keine Steighilfen bestehen, etwa ein leicht zu erklimmendes Balkongeländer oder ein Regal oder Stuhl unter dem Fenster", sagt der Experte. An Balkontüren und Fenstern kann man  abschließbare Griffe anbringen, vor Treppen gehört ein Schutzgitter. Am Wickeltisch gilt: immer eine Hand am Kind, keine Sekunde loslassen! Und: "Hochbetten eignen sich erst für Kinder ab fünf oder sechs Jahren,  vorher sind sie zu gefährlich", warnt Kalbitz.

Giftige Substanzen

Was kann passieren? Ein Ablecken, Kauen oder Verschlucken von Putzmitteln, giftigen Pflanzen oder Medikamenten ist für Kinder hochgradig riskant bis hin zur Lebensgefahr.

Wie vorbeugen? "Auf die bekanntesten  potenziell gefährlichen Substanzen wie Putz- und Waschmittel, Alkoholika oder Arzneimittel haben die allermeisten Eltern ein Auge", sagt der Experte. "Bitte denken Sie aber auch an Giftquellen wie Ziga­retten­stummel im nicht geleerten Aschenbecher oder herumliegende Batte­rien, vor allem Knopfzellen. Letztere können, wenn sie verschluckt werden, schlimme Verätzungen hervorrufen." Überprüfen Sie auch, ob Ihre Zimmerpflanzen unbedenklich sind.

Folien, Tüten, kleine Gegenstände

Was kann passieren? Möglicher­weise versucht das Kind, die knisternde Folie oder Plastiktüte über den Kopf zu ziehen oder in den Mund zu nehmen. Und das bedeutet Erstickungsgefahr. Sie besteht genauso, wenn kleine Spielsachen der älteren Geschwister oder andere kleinteilige Gegenstände in die Atemwege gelangen. "Alles, was kleiner als ein Tischtennisball ist, kann potenziell gefährlich sein", sagt Kalbitz.

Wie vorbeugen? Alle Familienmitglieder dafür sensibilisieren, keine Dinge, die Erstickungsgefahr bergen, herumliegen zu lassen. Und: Dem Kind keine Spielzeuge geben, die erst für ­eine höhere Altersgruppe empfohlen sind.

Schwere Gegenstände

Was kann passieren? Hohe Bücherregale oder nicht gesicherte Fern­seher und Hi-Fi-Geräte können auf das Kind stürzen, wenn es sich daran hochzieht oder gar hochklettert.

Wie vorbeugen? Befestigen Sie alle Möbel und Geräte, die keinen festen Stand haben, an der Wand. Wichtig: "Die Halterungen müssen dem Gewicht entsprechen. Daher im Fachhandel nach geeigneten Halterungen fragen oder beim Kauf mitgelieferte Befestigungen verwenden", so Kalbitz.

Türen und Klappen

Was kann passieren? Beim Zufallen schwerer Türen oder Klappen quetschen sich Kinder oft die Finger ein.

Wie vorbeugen? Bringen Sie überall einen Klemmschutz an, wo Türen schwer ins Schloss  fallen oder die Kinder an Holztruhen oder Ähnliches herankommen.

Gefährliche Sicherungssysteme

Auch einige Vorrichtungen, die eigentlich der Sicherheit dienen sollen, bergen Gefahren: Zum Beispiel Manschetten, um Schlafsäcke oder Decken an den Gitterstäben des Kinderbettchens zu fixieren, damit das Kind sich nicht frei strampelt. Das Kleine kann unter die Decke geraten und ersticken.

Außerdem mit Bedacht einzusetzen sind Gurte, um Kinder zum Beispiel im Hochstuhl zu sichern, wenn sie darin ständig aufstehen. Solche Gurte können gefährlich werden, wenn sie locker sitzen und das Kind in einem unbeaufsichtigten Moment aus dem Hochstuhl stürzt. Es kann sich im Gurt verfangen und eventuell strangulieren. Deshalb sollten Eltern immer in unmittelbarer Nähe des Kinderstuhls bleiben. Entfernen sie sich, sollten sie das Kind aus dem Hochstuhl nehmen.

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