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Wenn Jürgen Krause in den Wäldern südlich von Berlin Pilze sammelt, kommt er oft dort vorbei, wo er „einmal liegen wird“. Der 79-Jährige zeigt auf eine stattliche Rotbuche. Zehn Grabstellen sind um sie herum angelegt, für ihn und seine Familie. Denn auch wenn in diesem Wald keine Kerzen, Kränze oder Gedenksteine stehen – er ist eine letzte Ruhestätte. „Ich war mein Leben lang naturverbunden“, sagt Krause. „Wenn meine Asche ­einmal in der Erde bei den Wurzeln ist, stelle ich mir vor, dass etwas von mir in den Baum zurückkehrt.“

Nur wenige Menschen machen sich so konkrete Gedanken über die Zeit nach dem Tod. Für viele bleibt er ein Tabu, über das man lieber nicht nachdenkt. Doch sich bewusst darauf vorbereiten, sich mit Fragen rund um die Bestattung auseinandersetzen, das Gespräch mit Familie und Freunden suchen: Das kann den Umgang mit dem Tod erleichtern – für einen selbst und für Angehörige.

Ein Ort zum Trauern

Je früher man sich mit diesen ­Fragen beschäftige, desto leichter falle es, sagt Elke Herrnberger, Sprecherin des Bundesverbandes Deutscher ­Bestatter. „Es ist wichtig, mit Familie und Freunden darüber zu ­sprechen, welche Vorstellungen man für die ­eigene Bestattung hat“, sagt sie. „Wichtig ist aber auch, zuzuhören, was sich die Angehörigen wünschen.“

Oft wollten Menschen nach ihrem Tod nicht weiter zur Last fallen und denken, eine anonyme Bestattung sei das Beste. Doch Angehörigen fehlt dann häufig ein Ort, an dem sie trauern können. In Deutschland muss jeder Mensch nach ­seinem Tod bestattet ­werden – wie genau, das ­regeln die ­Bestattungsgesetze der ­Bundesländer. Zwei ­Formen sind grundsätzlich erlaubt: die ­Erdbestattung im Sarg und die ­Feuerbestattung, bei der die oder der ­Verstorbene eingeäschert wird.

Keine Bestattung ohne Sarg

Anders als noch in den Sechzigerjahren würden laut Herrnberger ­heute drei Viertel der Verstorbenen eingeäschert. Dieser Trend habe vor allem zwei Gründe: Zum ­einen gebe es nach einer Feuerbestattung mehr Möglichkeiten: Die Asche kann etwa in einem Gemeinschaftsgrabfeld, in einem Bestattungswald oder auf See beigesetzt werden. ­Außerdem bräuchten diese Formen ­weniger Pflege als ein Erdgrab. ­„Unsere ­Gesellschaft ist heute hochmobil, ­Kinder wohnen oft weit weg von ­ihren Eltern und können nicht jeden Sonntag zum Gießen kommen.“

Egal, für welche Bestattungsart man sich entscheidet, ein Sarg ist auch bei einer Feuerbestattung notwendig. Inge Dickmeis-Wulf hat sich um ihren Sarg schon gekümmert – er steht vorläufig bei ihr im Wohnzimmer, sie nutzt ihn als Truhe. Die 72-Jährige hat „die Kiste“, wie sie ihn nennt, in einem Kurs selbst gezimmert. Die eigene Endlichkeit habe sie lange verdrängt. Doch seit sie ihre Schwägerin betreut, deren Kräfte langsam nachlassen, ist für sie auch der eigene Tod präsenter: „Diesen Tag handwerklich zu gestalten und mich damit auf das Sterben vorzubereiten, hat mich gereizt.“ Das sei vor allem körperlich anstrengend ­gewesen – und gar nicht so „todernst“.

Demnächst wird Dickmeis-Wulf einen Bestatter aufsuchen, um weitere Vorsorge zu treffen. Auch Elke Herrnberger vom Bestatterverband rät, dort die eigenen ­Wünsche zu ­besprechen: Wo möchte ich ­einmal bestattet werden? Welches Lied soll bei meiner ­Trauerfeier ­spielen? Darf die Asche meines ­verstorbenen Haustiers mit in den Sarg?

Manche Bestatter kooperieren mit ­Dienstleistern im europäischen Ausland. Dort erlauben die Gesetze zum ­Beispiel Erinnerungsdiamanten aus der Asche Verstorbener oder Flussbestattungen.

Endlichkeit akzeptieren

Auch Fragen der Finanzierung kann man vorab klären. Wer vorsorgen will, sollte mindestens 5000 Euro durch eine Sterbegeldversicherung oder treuhänderische Einmalzahlung zurücklegen, so Herrnberger. Dieses Geld ist dann vor dem Zugriff Dritter geschützt.

Sich mit diesen Dingen zu beschäftigen, fällt vielleicht ­leichter, wenn der Tod weit weg scheint. Das gelte nicht nur für Organisato-
risches, sondern auch für das Akzeptieren der eigenen ­Endlichkeit, sagt Prof. Dr. Claudia ­Bausewein. Sie ist Präsidentin der ­Deutschen Gesellschaft für ­Palliativmedizin: „Dann ist es nicht so ein Schreck, wenn das Thema akut wird.“ Etwa für Menschen, ­denen nicht mehr viel Zeit bleibt, weil sie unheilbar krank sind.

Bilanz ziehen über das Leben

­Bausewein empfiehlt ­Betroffenen vor allem, sich zu ­informieren, welche ­Unterstützung es für sie gibt. Anja M. etwa besucht ­immer montags und freitags das Ricam ­Tageshospiz in Berlin-Rudow. Aussicht auf Heilung des ­mittlerweile dritten Tumors im Kopf der 55-Jährigen gibt es leider nicht mehr. Was sie darüber erzählt, klingt hart, aber man spürt, für sie ist es nicht neu, über ihren Tod zu ­sprechen. Auch mit Freundinnen, einer Psychologin und anderen Menschen im Hospiz redet sie über das Sterben. „Man zieht natürlich Bilanz über das Leben“, sagt sie. Demnächst will sie sich um eine Patientenverfügung kümmern.

Dazu rät auch Palliativmedizinerin Bausewein: „Wer so ein Dokument ausfüllt, sollte sich auch über die eigenen Werte Gedanken machen. Wie gerne lebe ich? Und was darf die Medizin tun, um mich am Leben zu halten?“ Bei fortgeschrittener Erkrankung denke man darüber unter Umständen anders denn als gesunder Mensch.

Für Anja M. hat die ­Vorbereitung auf den Tod aber auch ihr ­Posi-
tives. Etwa, wenn sie auf ihr Leben ­zurückblickt oder sich am ­Sonnenschein, ihrem Balkon und einem guten Buch erfreut. Und auch ihre Ideen darüber, wen sie nach dem Tod im Jenseits wohl treffen wird, amüsieren Anja M. Sie hofft auf Stabhochspringer Tim Lobinger oder Schlagerstar Udo Jürgens.


Quellen:

  • Bundesverband Deutscher Bestatter e.V.: Beerdigung planen: Schritt für Schritt zur Bestattungsplanung. Online: https://www.bestatter.de/... (Abgerufen am 11.12.2023)
  • Aeternitas Verbraucherinitiative Bestattungskultur: Immer weniger Menschen bevorzugen eine Sargbestattung, Ergebnisse der aktuellen Aeternitas-Umfrage. Online: https://www.aeternitas.de/... (Abgerufen am 11.12.2023)