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Spinat, Rosenkohl, Oliven, Fisch – eine Reihe an Lebensmitteln ist bekannt dafür, von den jüngsten Familienmitgliedern verschmäht zu werden. Stattdessen schmeckt einigen schon früh alles Zuckerhaltige. Doch nicht alle Kinder haben die gleichen geschmacklichen Vorlieben und Abneigungen. So fragen sich manche Eltern, wie es bei ihrem Nachwuchs zu den speziellen Vorstellungen darüber kommt, was lecker ist und was nicht. Und, wie sie ihr Kind dazu bewegen können, Gesundes zu essen.

Dr. Maik Behrens ist Leiter der Arbeitsgruppe Taste & Odor Systems Reception am Leibniz Institut für Lebensmittelsystembiologie an der Technischen Universität München. Einer seiner Forschungsschwerpunkte ist die menschliche Geschmackswahrnehmung. Er weiß: Gewisse Ge­schmacksvorlieben und -abneigungen sind uns angeboren. Etwa süßer Geschmack. Er gefällt Kindern – genau wie das herzhafte umami – weil er für kalorienreiche Nahrung steht, die überlebensnotwendig ist.

Bitteres hingegen wird oft mit Giftigkeit assoziiert. „Mit Blick auf den Selbsterhaltungstrieb ist es also verständlich, dass Babys Bitteres meist ablehnen“, sagt Behrens.

Ernährung in der Schwangerschaft prägt Geschmack

Ebenso hat das Verhalten der Mutter während der Schwangerschaft Einfluss auf das, was wir später mögen. So fand eine US-amerikanische Studie[1] heraus: Babys von Müttern, die während der Schwangerschaft Karottensaft getrunken hatten, zeigten eine höhere Toleranz gegenüber Brei, der mit Karottensaft versetzt war. Aber auch Gene spielen eine Rolle – besonders beim Bittergeschmack.

So kommt einer unserer Bitterrezeptoren in einer Schmecker-Variante und in einer Nicht-Schmecker-Variante vor. „Bitter­stoffe, die zum Beispiel einige Kohlsorten enthalten, werden von den Schmeckern sehr intensiv wahrgenommen und von den Nicht-­Schmeckern quasi nicht geschmeckt“, erklärt Behrens. Ungefähr ein Drittel der Bevölkerung gehöre zu den Nicht-Schmeckern.

„Aber pauschale Abneigungen können sich im Laufe des Lebens legen“, sagt der Experte. Etwa wenn wir keine negativen Erfahrungen mit dem Produkt machen. Ab dem Zeitpunkt der Geburt kommen psychologische und psychosoziale Aspekte hinzu. „Was wir im Laufe des Lebens lernen, hat deutlich mehr Einfluss auf un­sere Vorlieben und Abneigungen als genetische Veranlagung“, sagt Prof. Dr. Katja Kröller.

Sie forscht zum Thema Ernährungspsychologie an der Hochschule Anhalt. Konkret heißt das, dass Kinder und auch noch Erwachsene lernen können, einen Geschmack zu mögen oder die Abneigung ihm gegenüber zu verlernen. Etwa, weil sie sehen, dass ihre Eltern ein bestimmtes Lebensmittel ebenfalls – mit Genuss – essen. Nach der Kindheit gewöhnen sich viele etwa das Trinken von bitterem Kaffee an, obwohl die ersten Tassen nicht wirklich gut schmecken. Bis zum Beginn der Schulzeit gelinge so eine Gewöhnung etwas leichter als danach, so Kröller. Zehn bis sechzehn Mal müsste man ein Lebensmittel zu sich nehmen, bis man mit ihm vertraut ist. Denn was wir kennen, mögen wir.

Geschmack antrainieren?

Ist es also ratsam zu versuchen, den Kindern die Liebe zum Brokkoli beizubringen? Expertin Kröller sieht das kritisch. „Bestimmte Ablehnungen können als Zeichen von Individualität verstanden werden und sollten darum auch Beachtung finden“, sagt sie. Schließlich gibt es mehr als nur ein gesundes Gemüse.

Katja Kröller empfiehlt Eltern daher, öfter mal zwei Gemüse zum Essen anzubieten. Wenn das Kind eine Beilage liegen lässt, ist zumindest noch ein anderes Gemüse übrig. Davon, Kinder mit dem Stichwort „gesund“ überreden zu wollen, rät sie ab. „Das ist zu abstrakt. Selbst Erwachsene verbinden teils schlechten Geschmack mit dem Begriff ‚gesund‘“, sagt sie.

Auch wenn etwas unbedingt aufgegessen werden muss, wird das meist für Gegenwehr sorgen. Positiv auf die Akzeptanz verschiedener Nahrungsmittel wirke sich dagegen aus, wenn eine Stimmung des Ausprobierens in der Familie herrsche. „Freude am Essen und Zubereiten – darauf sollte größerer Fokus liegen als auf gesunder Ernährung“, so die Expertin.


Quellen: