Senioren Ratgeber

Burnout, Depressionen, Rückenschmerzen, Schlafstörungen: Angehörige sind oft körperlich und seelisch sehr belastet. Wenn ein Arzt es für medizinisch notwendig hält, haben Sie ein Recht auf eine Vorsorge oder Reha. Drei Wochen lang können Sie dann Kraft tanken, den Körper regenerieren und auf ihre eigene Gesundheit achten.

Was ist der Unterschied zwischen Reha und Vorsorge?

Eine Reha soll dafür sorgen, dass Sie wieder gesund werden oder vermeiden, dass eine Erkrankung schlimmer wird. Eine Vorsorge setzt früher an: Sie soll sicherstellen, dass es gar nicht erst zu einer Krankheit kommt oder sich leichtere gesundheitliche Probleme nicht verschlimmern. Der Übergang zwischen Reha und Vorsorge ist oft fließend.

Carina Botkowska-Flögel pflegt ihren Mann und arbeitet als PTA in einer Apotheke.

Carina Botkowska-Flögel pflegt ihren Mann und arbeitet als PTA in einer Apotheke.

"Ich habe ganz lange gedacht, ich muss alles alleine schaffen – aber das ist Blödsinn. Auszeiten sind erlaubt, nur so funktioniert das auf lange Zeit. Vor zwei Jahren hatte ich einen Zusammenbruch. Die Notärztin hat mir damals gesagt: Ab jetzt wird alles besser. Sie hat mich bewusst aus der Situation rausgenommen und auf Kur geschickt. Mein Mann war in dieser Zeit in der Kurzzeitpflege, und das hat auch funktioniert. Es war ein Trugschluss zu glauben, dass sich die Erde ohne mich nicht weiterdreht. Ich möchte das gern erzählen, damit andere so einen Fehler vermeiden."

Carina Botkowska-Flögel, pflegt ihren Mann und arbeitet als PTA in einer Apotheke

Checkliste

1. Gehen Sie zum Arzt

Am besten frühzeitig - nicht, wenn Sie schon zusammenbrechen. Tut Ihnen ständig der Rücken weh, können Sie nicht einschlafen? Schildern Sie dem Haus- oder Facharzt Ihre Situation, besonders die gesundheitlichen Probleme, die mit der Pflege zu tun haben. Er kann Ihnen ein Attest für eine stationäre Vorsorge oder Reha ausstellen.

Wichtig

Bei der Vorsorge gilt immer noch "ambulant vor stationär". Das heißt: Ihre Krankenkasse wird Ihnen erstmal zu ambulanten Maßnahmen wie Physiotherapie, Entspannungsangeboten oder Gesprächstherapie vor Ort raten – oder eher eine Kur in einer Einrichtung bewilligen, die Sie nur tagsüber stundenweise besuchen.

Gerade pflegende Angehörige können das oft aber nur schwer in den Alltag einbauen. Lassen Sie sich vom Arzt bestätigen, dass ambulante Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, nicht zielführend und in Ihrem Alltag nicht umsetzbar sind. Wichtig ist auch, das der Arzt begründet, dass Ihre gesundheitlichen Probleme von der Pflege stammen.

2. Lassen Sie sich zur richtigen Klinik beraten

Überlegen Sie in Ruhe, welche Vorsorge- oder Reha-Einrichtung für Sie in Frage kommt. Manche Kliniken haben sich auf pflegende Angehörige und ihre Situation spezialisiert. Möchten Sie gerne in einer kleinen Klinik untergebracht sein, nur unter Frauen wohnen oder einer speziellen Therapie nachgehen? Berechtigte Wünsche werden von der Krankenkasse berücksichtigt.

Lassen Sie sich kostenlos beraten – zum Beispiel bei den Wohlfahrtsverbänden: Caritas, Diakonie, AWO, DRK, Paritätischer Wohlfahrtsverband. Das Müttergenesungswerk engagiert sich nicht nur für Mütter, sondern für alle pflegenden Angehörigen. Hier finden Sie eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe.

Einige Kliniken im Müttergenesungswerk haben für pflegende Frauen ein spezielles Kurangebot. Auch die Deutsche Alzheimer Gesellschaft verschickt auf Anfrage eine Liste von Reha-Angeboten für Angehörige von Menschen mit Demenz.

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Nehmen Sie sich selbst und Ihre Wünsche ernst. Eine Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme ist etwas, das Sie nur für sich tun. Wagen Sie es! Und es ist völlig in Ordnung, wenn Sie Ihren pflegebedürftigen Angehörigen nicht mit zur Kur nehmen. Wenn er dabei ist, fällt das Abschalten oft schwer.

Anne Schilling, Müttergenesungswerk

3. Antrag einreichen

Das Attestformular für den Reha-Antrag bekommen Sie beim Arzt, das Formular für die Vorsorge von der Krankenkasse. Reichen Sie das Formular bei der zuständigen Stelle ein. Bei pflegenden Angehörigen ist das in der Regel die eigene Krankenkasse. Schreiben Sie grundsätzlich immer dazu, dass Sie eine Kurmaßnahme als pflegender Angehöriger beantragen! Und am besten auch gleich die von Ihnen gewünschte Klinik. Wer privat krankenversichert ist, spricht unbedingt vorher mit seiner Versicherung. Je nach Vertrag werden Vorsorgekuren nicht immer bezahlt.

4. Bescheid bekommen

Nach einiger Zeit bekommen Sie Post. Wenn Ihr Antrag bewilligt wurde, schickt Ihnen die Kasse meist gleich eine Liste mit Kurkliniken oder die Zuweisung in die für Sie vorgesehene Klinik. Wurde Ihr Antrag abgelehnt? Dann lohnt es sich in jedem Fall Widerspruch einzulegen. Der Arzt kann dabei helfen, indem er ausführlich begründet, warum Sie dringend eine Vorsorge oder Reha brauchen. Auch die Beratungsstelle hilft beim Widerspruch.

5. Die Kosten

Die Vorsorge oder Reha ist bis auf eine Zuzahlung (10 Euro am Tag) kostenlos. Wenn Sie die Zuzahlung finanziell nicht stemmen können, sprechen Sie mit dem Sozialhilfeträger. Die Kosten für die Anfahrt übernehmen bis auf eine Zuzahlung meist die gesetzlichen Krankenkassen. In den Kliniken des Müttergenesungswerks können bedürftige Menschen unter Umständen einen Zuschuss aus Spendenmitteln bekommen.

Meine Erfahrung

6. Unterkunft und Betreuung für den Angehörigen organisieren

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Ihren Angehörigen in der Zeit Ihrer Abwesenheit zu versorgen. Bei der Verhinderungspflege bleibt er zuhause und wird von z.B. Nachbarn oder Familienmitgliedern versorgt: Von der Kasse stehen dafür jährlich insgesamt 1.612 Euro zur Verfügung.

Bei der Kurzzeitpflege wird er in einem Pflegeheim betreut. Leider gibt es dafür viel zu wenig Plätze. Telefonieren Sie also rasch die Einrichtungen in Ihrer Nähe durch, ob es Kapazitäten gibt. Auch dafür gibt es von der Kasse im Jahr 1.612 Euro.

Mitunter können Sie Ihren Angehörigen auch mit auf Kur nehmen. Manche Anbieter bieten eine Tagespflege an oder eine Versorgung im Seniorenheim in unmittelbarer Nähe. Gerade im Bereich der Demenz gibt es einige Angebote. Wenn es anders geht, rät das Müttergenesungswerk davon aber ab: Das Abschalten fällt so oft schwerer.

7. Platz in der Klinik reservieren

8. Auf Kur gehen

Zu Beginn der Kur spricht ein Arzt mit Ihnen über Ihren Therapieplan. Meist erwarten Sie medizinische Behandlungen, Gespräche, Ernährungsberatung und Bewegungsangebote. Eine Kur soll pflegenden Angehörigen Tipps für den Alltag in der Pflege geben und ihnen dabei helfen, auf sich selbst zu hören. Wie überfordere ich mich nicht selbst? Wo sind meine körperlichen Belastungsgrenzen? Oft gibt es kreative Angebote und Entspannungszeiten, auch der Austausch mit Gleichgesinnten spielt eine wichtige Rolle.

9. Die Kasse über Verhinderungspflege benachrichtigen

Wenn Sie Ihren Angehörigen in der Zeit der Vorsorge oder Reha über die Verhinderungspflege versorgt haben, schicken Sie der Kasse eine Auflistung. Darin geben Sie an, wer ihn ersatzweise für wie viele Stunden gepflegt hat. Das Geld bekommen Sie dann von der Kasse überwiesen und geben es an die Person weiter, die Ihren Angehörigen gepflegt hat.

10. Regelmäßig auf Kur gehen

Eine Vorsorgekur muss keine einmalige Sache sein. In der Regel wird eine stationäre Kur alle vier Jahre bewilligt. Ausnahmen gibt es nur dann, wenn die Belastung besonders hoch ist.

Fachliche Beratung:
Anne Schilling, Elly Heuss-Knapp-Stiftung Müttergenesungswerk