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Die ständigen Fahrten zu ihrem Vater, das schwierige Verhältnis. Sigrid Fontana tat sich lange Zeit schwer damit. Eine spezielle Form der Meditation half ihr.

Ich pflege ...

... meinen Vater. Einmal im Monat steige ich in den Zug nach Bochum und bleibe eine gute Woche bei ihm. Ich kaufe ein, koche, backe, putze, lese ihm aus der Zeitung vor. Mein Vater ist 95 und inzwischen blind. Er sitzt im Rollstuhl, seitdem Ärzte vor einigen Jahren in seinen Knien eine Arthrose diagnostiziert haben. Anstatt aber aktiv zu werden und sich therapieren zu lassen, hat er von einem auf den anderen Tag beschlossen, im Rollstuhl zu sitzen.

Das fällt mir schwer:

Unser Verhältnis war immer kühl und distanziert. Die Pflege macht alles schlimmer. Es kommt nie ein liebes Wort, kein Danke. Seine Sturheit ist schon extrem. Weil er die Badewanne nicht mehr nutzen kann, lässt er sich vom Pflegedienst nur noch den Rücken und die Füße waschen. Dabei wäre es ein leichtes, eine barrierefreie Dusche einbauen zu lassen. Fertig macht mich auch diese Zerrissenheit: Von meinen Berliner Freunden höre ich: „Du bist ja immer weg.“ Von meinem Vater: „Du bist ja nie da.“

Das gibt mir Kraft:

Ich meditiere seit Kurzem. Dabei sehe ich ein inneres Bild vor mir. Mein Vater ist ein Seestern, ich war anfangs die Miesmuschel. Seesterne fressen Muscheln. Das beschreibt gut unser Verhältnis. Durch Fragen an mein Innerstes habe ich es geschafft, mich mehr von meinem Vater abzugrenzen, gelassener zu bleiben. Seitdem bin ich nicht mehr die Miesmuschel, sondern das Wasser um ihn herum.

Mein Tipp für andere:

Tauschen Sie sich aus. Aber nicht mit Freunden, denen kann man nicht immer dieselbe Leier erzählen, die denken doch: immer derselbe Mist. Ich habe mir in Berlin eine Resilienz-Selbsthilfegruppe gesucht. Dort fühle ich mich verstanden.