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Wo sitzt die Stimme?

Unsere Stimme ist ein natürliches Klanggebilde, eine Art Saiteninstrument, mit dem wir sprechen und schreien, singen und lachen. Doch erst wenn wir Töne bilden, können wir sie hören. Der Motor dafür ist unsere Atmung. Eingeatmete Luft wird aus den Lungen nach oben geleitet. Beim Ausatmen bringt sie im Kehlkopf die beiden Stimmlippen zum Schwingen: ein Wechselspiel aus Öffnen und Schließen. Dabei entsteht ein reiner Ton, noch ohne Volumen. Erst der Resonanzraum oberhalb der Stimmlippen verstärkt ihn und verleiht ihm seine individuelle Klangfarbe. Eine große oder kleine Mundhöhle, fehlende Zähne, eine schiefe Nasenwand, und schon klingt jede Stimme anders. Die Stimme wird also auch im Kopf und in den Lungen gebildet.

Kommen nur Jungen in den Stimmbruch?

Nein. Auch Mädchen machen ihn durch. Bei den Jungen wachsen Kehlkopf und Stimmbänder in kurzer Zeit schnell an, um bis zu zehn Millimeter und mehr. Ein Wachstum, das das Gehirn erst mal verarbeiten muss, deshalb kann die Stimme des Heranwachsenden öfter hin und her kippen. Bei Mädchen dagegen verlängern sich Kehlkopf und Stimmbänder langsamer und wesentlich weniger: Die drei oder vier Millimeter Unterschied hört man dann nicht so deutlich.

Wird die Stimme im Alter höher oder tiefer?

Manche Frauen stellen nach den Wechseljahren fest, dass ihre Stimme an Höhe verliert. Männerstimmen dagegen nehmen im Alter eher den um­­gekehrten Weg. Das Phänomen nennt man "Altersstimme". Was passiert? Mit den Jahren ver­ändert sich das Gewebe rund um den Kehlkopf: Die Elastizität von Muskeln und Bändern lässt nach. Die Schleimhäute der Stimmlippen werden dünner. Bei Männern schwingt weniger Masse, die Stimmlippen schließen nicht mehr perfekt. Zum Ausgleich vergrößert der Körper die Spannung, das erhöht bei ihnen den Ton. Bei Frauen ­bewirkt die Hormonumstellung, dass sich das Stimmlippen­gewebe eher verdichtet, es schwingt mehr Masse. Die Folge ist ein tieferer Ton.

Wie pflege ich meine Stimme?

Wie ein Muskel, der sich über mehr Bewegung freut, liebt auch die Stimme das Training. Menschen, die viel reden, den Enkeln oder dem Partner regelmäßig vorlesen oder gern singen (auch wenn das im Chor derzeit nur sehr eingeschränkt möglich ist), pflegen so ihre Stimme. Das sorgt dafür, dass sie kräftig und klar bleibt und nicht bricht. Um sie nicht zu überfordern, setzen Profis auf die Atemstütze: Eine gesunde, kräftige Stimme nutzt alle Atemräume, wie Bauch, Zwerchfell und Flanken. Beim Einatmen also Bauch raus, die Schultern bleiben unten. Damit die Stimme wie geschmiert klingt, brauchen die Schleimhäute Feuchtigkeit: Trinken Sie ausreichend über den Tag verteilt, und achten Sie auf genügend Luftfeuchtigkeit in beheizten Räumen. ­Übrigens: Wer schlecht hört, kann auch die Stimme schlecht kontrollieren. Vielleicht ­brauchen Sie ein Hörgerät?

Was lässt die Stimme heiser werden?

Hauptsächlich sind es Erkältungsviren, die uns krächzen lassen. Sie bewirken Entzündungen am Kehlkopf und an den Stimmbändern. Das hat asymmetrische Schwingungen bei der Tonproduktion zur Folge: Die Stimme hört sich nun rau und heiser an. Wer jetzt weiterspricht oder sogar schreit, wer seine Stimme ständig überanstrengt, riskiert Knötchen.

Was hilft gegen ­Heiserkeit?

Erstes Gebot: so wenig wie möglich sprechen. Ist die Heiserkeit erkältungsbedingt, kann auch Wärme guttun. Mit einem Schal um den Hals und warmen Tees ist das Abwehrsystem besser gewappnet.
Apropos trinken: Am meisten freuen sich die Schleimhäute über Feuchtigkeit. Trinken Sie regelmäßig, etwa reizlindernde Kräutertees mit Salbei. Auch Lutschpastillen mit Pflanzenextrakten wie Malve oder Isländisch Moos helfen, die aufgerauten Schleimhäute zu beruhigen, und sorgen nebenbei für Speichelfluss. Halstabletten mit Hyaluronsäure legen einen Feuchtigkeitsfilm auf die Rachenschleimhaut. Um an die Stimmbänder direkt heran­zukommen, muss man in­halieren, etwa mit Salbei oder Mineralsalzen. Für Letztere brauchen Sie allerdings einen Vernebler, den Sie in der ­­Apotheke ausleihen können.

Bloß nicht räuspern! Aber warum?

Wer bereits heiser ist, sollte seine Stimmbänder schonen. Also schweigen Sie, und räuspern Sie sich nicht, wenn mal wieder Schleim in der Kehle sitzt. Dabei stoßen die Stimmlippen mit einer Geschwindigkeit von 120 km/h aufeinander. Ein SOS-Signal für das Gehirn, noch mehr Schleim zu pro­­duzieren. Deshalb besser summen und dabei auf den Brustkorb klopfen.  

Wann zum HNO-Arzt oder Logopäden?

Spätestens nach drei Wochen Dauerheiserkeit sollten Sie einen HNO-Arzt aufsuchen, um die Ursache zu klären. Hinter der rauen Stimme können zum Beispiel harmlose Polypen oder Zysten an Kehlkopf oder Stimmbändern stecken. Bei länger andauernden Stimmstörungen oder wenn die Stimme über Tage wegbleibt, schickt der Arzt Sie zu einem Stimmtherapeuten. Der schafft mit Atmungs- und Koordinationsübungen Abhilfe.      

Schlagen Medikamente auf die Stimme?

Ja, manchmal. Bestimmte Blutdrucksenker oder Antidepressiva zum Beispiel können Heiserkeit oder auch einen trockenen Husten hervorrufen. Das kann schon mal die Stimme beeinträchtigen. Setzen Sie aber die Medikamente auf keinen Fall selbstständig ab. Sprechen Sie Ihren Arzt und Ihren Apotheker darauf an, und klären Sie, ob es für Sie Alternativen gibt.

Hat Stimme etwas mit Stimmung zu tun?

Nicht zufällig ist der Wortstamm derselbe: Die Stimme gilt als Spiegel unserer Seele. Nicht nur gute Stimmung ist sofort hörbar, auch Angst oder seelisches Leid schlagen sich auf die Stimme, können ­einem sogar die Stimme rauben. Bei solch gravierenden psychischen Stimmstörungen versuchen Logopäden, oft auch mit Psychotherapeuten gemeinsam, das Problem zu lösen.

Warum ist Singen so ansteckend?

Aerosole, diese mikrofeinen Flüssigkeitströpfchen, werden beim Singen mit hohem Druck aus dem Mund geschleudert, vor allem wenn man artikuliert, also nicht nur summt. Deshalb ist das Chorsingen derzeit ­wegen der Corona-Pandemie sehr stark eingeschränkt. Schmettern Sie also besser zuhause unter der Dusche oder im Auto. Sicher ist sicher.

Fachliche Beratung: Sabine Degenkolb-Weyers, Logopädin, Studiengang Logopädie B.Sc., Erlangen; Priv-Doz. Dr. Anne Schützenberger, Fachärztin für HNO und Phoniatrie, Universitätsklinikum Erlangen-Nürnberg

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