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„Es ist ein Schuss ins Dunkle, aber es ist meine letzte Chance. Ich will leben.“ So zitiert eine Presse­mitteilung der Universitätsmedizin Maryland in Baltimore (USA) den 57-jährigen David Benett. Ärztinnen und Ärzte haben sein Herz entfernt und durch ein genetisch verändertes Schweineherz ersetzt. Benett ist damit der erste Mensch, mit dem ein schon lang gehegter Traum Realität wurde: dass sich der Mangel an menschlichen Spenderorganen durch Ersatz aus Schweinen beheben lässt. Benetts Traum währte allerdings nur zwei Monate. Am 8. März starb der im Endstadium herzkranke Patient.

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Die Transplantation eines menschlichen Herzens war für Benett nicht mehr infrage gekommen. Er erfüllte die Voraussetzungen nicht, um auf die Warteliste gesetzt zu werden. Das hatten die Medizinerinnen und Mediziner aus Maryland und jene weiterer Transplantationszentren festgestellt. Auch ein Herzunterstützungssystem war wegen schwerer Rhythmusstörungen keine Option.

Bereits 1984 hatten Ärztinnen und Ärzte einem Mädchen mit schwerem angeborenen Herzfehler das Herz eines Pavians implantiert. Die als „Baby Fae“ bekannt gewordene Patientin starb nach drei Wochen. Seither hatten Forschende weitere Versuche unterlassen und die Grundlagen erarbeitet, die nun einen neuen Anlauf ermöglichten.

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Warum hat eine Xenotransplantation nicht schon früher geklappt?

Zwei Hindernisse galten als entscheidend: Zum einen eine mögliche Infektion mit bestimmten Viren, deren Erbgut ins menschliche Genom eingebaut ist. Dies gilt heute nicht mehr als Problem, zumal eine solche Infektion nie nachgewiesen wurde.

Ein weiteres Risiko bilden jedoch eine andere Art von Viren. Sie werden nicht in den Genen mitgebracht, sondern gelangen durch ein gewöhnliche Ansteckung in den Körper. Forscher vermuten, dass ein solcher Erreger, der im Schweineherz gefunden wurde, den Tod von Benett mitverursacht haben könnte. Das so genannte Cytomegalievirus ist normalerweise harmlos, für immungeschwächte Menschen kann es jedoch zur tödlichen Gefahr werden. Über das Schweineherz hatte sich Benett damit infiziert.

Experten glauben jedoch, dass sich ein solches Desaster vermeiden lässt. Das „MIT Technology Review“, das wohl zuerst über die Todesursache Benetts berichtete, zitiert den Virologen Joachim Denner von der Freien Universität Berlin: „Das Tier muss genau untersucht werden“, sagt Denner, „dann kann das Virus einfach entdeckt und aus der Schweinepopulation entfernt werden.“ Allerdings sei der Patient auch sehr krank gewesen, so dass das Virus womöglich nicht die einzige Todesursache sei.

Eine weitere Hürde ist der Versuch des Körpers, das artfremde Organ abzustoßen. Große Fortschritte der Gentechnologie ermöglichen es, die dafür maßgeblichen Gene stillzulegen. Allerdings ist noch unklar, wie viele Gene so mani­puliert werden müssen. Professor Axel Haverich, Transplantations-Experte an der Medizinischen Hochschule Hannover, ist zuversichtlich: „Da wird sich langfristig eine Balance zwischen Ausmaß und Qualität genetischer Veränderungen und darauf abgestimmten Medikamenten einstellen lassen.“

Was haben Patientinnen und Patienten davon?

Manche Sachverständige sprachen nach der ersten solchen Transplantation von einem Durchbruch. ­Haverich wählt lieber das Wort Aufbruch. „Es ist ein Erfolg“, sagt der Herzchirurg. „Es zeigt, dass man das Ziel unter bestimmten Voraussetzungen in Zukunft erreichen kann.“ Sowohl was die genetischen Veränderungen als auch die immununterdrückenden Medikamente angeht, sei aber noch „Luft nach oben“. Es werden also nicht bald Schweineherzen in Serie transplantiert. Aber es wird erneute Versuche geben. Erst bei weiteren Erfolgen wäre eine klinische Studie vertretbar, in der das Verfahren optimiert werden könnte.

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