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Vermutlich können Sie den Satz „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ auswendig mitsprechen. Kein Wunder: Der bekannte Warnhinweis begleitet seit über 30 Jahren die Werbung für apothekenpflichtige Arzneimittel, die sich nicht an Fachkreise richtet. Er muss laut Heilmittelwerbegesetz[1] von ­übrigen Werbeaussagen deutlich abgesetzt und abgegrenzt werden – zum Beispiel bei Werbespots im Fernsehen.

Doch nur weil der Satz seit Jahrzehnten genutzt wird, ist er nicht automatisch gut. Denn nicht nur Ärzte und Apotheker sind in der Lage, rund um die Einnahme von Medikamenten zu beraten. Auch Ärztinnen und Apothekerinnen können das. So lag der Frauenanteil unter berufstätigen Apothekerinnen und Apothekern 2021 bei gut 71 Prozent[2]. Und auch unter Ärztinnen und Ärzten sind Frauen mittlerweile in der Mehrzahl. 2022 betrug ihr Anteil knapp 51 Prozent[3].

Redakteurin Laura Patz

Redakteurin Laura Patz

Folgerichtig hat die Ampelkoalition im Rahmen des sogenannten Engpassgesetzes ­Ende Juni beschlossen, der Hinweis müsse zukünftig ­inklusiver formuliert sein. Heute, am 27.12.2023, tritt die Gesetzesänderung inkraft. Ab 2024 soll der Warnhinweis dann wie folgt lauten: „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder fragen Sie in Ihrer Apotheke.“

Damit kommt die Regierung auch den Forderungen von Berufsverbänden nach. So hatte sich etwa die Bundesärztekammer eine zeitgemäßere ­Formulierung gewünscht. Ein entsprechender Gesetzesentwurf wurde Anfang April auf den Weg gebracht[4].

Dagegen positionierte sich der Gesundheitsausschuss des Bundesrats. In seiner Empfehlung vom Mai sprach sich das Gremium tatsächlich gegen diesen Vorstoß aus[5]. Beim Vorschlag für die neue Formulierung bliebe durch die Ortsangabe „in Ihrer Apotheke“ unklar, wen genau man dort fragen sollte. Außerdem spreche die vorgeschlagene Neuformulierung nur Frauen und Männer, nicht aber Menschen anderer Geschlechter an.

Ich denke: Wer in einer Apotheke um Rat fragt, wird kaum auf die Idee kommen, andere Kundinnen und Kunden um deren pharmazeutische ­Expertise zu bitten. Und das Personal in der Offizin wird an eine sachkundige Apothekerin oder einen Apotheker verweisen können.

Der zweite Teil der Begründung des Ausschusses ist im Sinne der Gleichberechtigung grundsätzlich verständlich. Auch ich fände eine Formulierung am besten, die nicht nur Frauen und Männer einschließt. Von mir aus könnte man im Warntext von Apotheker:innen und Ärzt:innen sprechen. Der Gesundheitsausschuss wollte stattdessen die Formulierung im generischen Maskulinum stehen lassen – also gleichstellungspolitisch auf dem Stand vor der Jahrtausendwende.

Dass die Ampel die Änderung dennoch beschlossen hat, freut mich sehr. Denn es zeugt von Respekt gegenüber den vielen Ärztinnen und Apothekerinnen, die uns alle tagtäglich versorgen.


Quellen:

  • [1] Bundesministerium für Justiz: Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens, (Heilmittelwerbegesetz - HWG) §4. Online: https://www.gesetze-im-internet.de/... (Abgerufen am 04.05.2023)
  • [2] Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände (ABDA): Die Apotheke, Zahlen, Daten, Fakten. Online: https://www.abda.de/... (Abgerufen am 04.05.2023)
  • [3] Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV): Die Medizin wird weiblich. Online: https://gesundheitsdaten.kbv.de/... (Abgerufen am 04.05.2023)
  • [4] Bundesministerium für Gesundheit (BMG): Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei patentfreien Arzneimitteln und zur Verbesserung der Versorgung mit Kin-derarzneimitteln. Online: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/... (Abgerufen am 04.05.2023)
  • [5] Bundesrat: Empfehlungen der Ausschüsse, zu Punkt ... der 1033. Sitzung des Bundesrates am 12. Mai 2023. https://www.bundesrat.de/... (Abgerufen am 04.05.2023)
  • Vervecken D, Hannover B: Yes I Can!, Effects of Gender Fair Job Descriptions on Children's Perceptions of Job Status, Job Difficulty, and Vocational Self-Efficacy. In: Social Psychology 01.03.2015, 46-2: 76-92