So bleiben Radfahrer im Winter fit
Im Winter werden Weltmeister gemacht. Das wusste schon Rennradprofi André Greipel, genannt „Gorilla“. Einer der schnellsten Sprinter seiner Generation trainierte selbst im Winter eisern. Doch auch für Hobbyrennradler gilt: Wer rastet, der rostet.
„Um fit zu bleiben, müssen Rennradfahrer auch im Winter kontinuierlich Sport treiben, zwei bis drei Mal pro Woche“, sagt Tim Böhme, Ausbilder für Trainerausbildung beim Bund Deutscher Radfahrer (BDR). Lange Trainingspausen verschlechterten die Kondition, und der Start in die nächste Saison fällt dann schwerer.
Böhme sieht beim Wintertraining generell keinen großen Unterschied zwischen dem von Amateuren und dem von Profis. Es gehe primär um Athletik und Ausdauer, weniger um Schnelligkeit. Dazu zählen Crossfit- oder Corefit-Übungen im Kraftraum ebenso wie lockere Radeinheiten am Wochenende. „Wer dabei die Rumpfmuskulatur stärkt, stärkt den ganzen Körper.“ Alle 10 bis 14 Tage folgt eine Übung mit intensivem Reiz.
Auf Trainingsrollen virtuelle Rennen fahren
Hobby-Rennradler, die gerne abends oder am Wochenende eine Runde im Sattel drehen, haben es allerdings im Winter schwer, was ausgedehnte Fahrten angeht: Zumindest in der Woche ist es dann schon dunkel. „Eine gute Alternative sind Rollentrainer, die mit Tablets und speziellen Trainings-Apps Spaß machen“, sagt Tim Böhme.
Beim sogenannten Indoor-Cycling fährt man mit seinem Rad auf einer Tainingsrolle, in die das Fahrrad ganz oder zum Teil eingespannt wird. Mit dem Gerät kann man außerdem digitale Hilfsprogramme verbinden. Darüber lassen sich definierte Routen, Trainingsstrecken, Trainingsprogramme oder Rennen fahren – je nach Programm auch als Avatar virtuell gegen Freunde.
Smart-Trainer mit integrierten Leistungsmesssystemen regeln dabei den Widerstand in der Rolle, so dass der Fahrer nicht mehr schalten muss. „Je nach Programm ist das abwechslungsreich und macht Spaß. Nur sollten Radfahrer nicht zu schnell fahren und eine hohe Intensität wählen.“ Auch auf der Rolle gilt laut Böhme: Ausdauertraining zuerst.
Raus im Winter – ja wirklich
Zusätzlich zu den kürzeren Indoor-Trainingseinheiten von bis zu einer Stunde empfiehlt der Trainer jedoch, weiter regelmäßig auch draußen zu fahren, wenn auch locker und auf möglichst flachen Strecken.
Dabei sollte man aber Maß halten. Von hartem Training mit Gravel- und Mountainbikes im Gelände hält Frederic Störmann wenig. Der Rennradfahrer und Sportwissenschaftler aus Köln trainiert Profis, Nachwuchsfahrer und Hobby-Athleten. „Fahrten im Gelände sind meist intensiv, fördern aber nicht die Grundlagen-Fitness“, sagt er.
Wer kein Gravelbike oder Mountainbike besitzt, kann auch auf einem älteren Rennrad mit weniger wertvollen Komponenten weiter draußen fahren. Es müsse kein spezielles Rad für den Winter angeschafft werden, sagt Eric Gutglück von der Zeitschrift „Roadbike“. Mit Anbauteilen wie Schutzblechen, breiteren Ganzjahresreifen und Licht wird das Rad winterfest und pannensicher. Wichtig seien auch ein bei Nässe besser haftendes spezielles Kettenöl und regelmäßige Radpflege.
Es lebe der Sport – auch mal ein anderer
„Alternative Sportarten wie Laufen, Schwimmen, Langlauf oder Krafttraining eignen sich gut, um körperlichen Defiziten entgegenzuwirken“, sagt Gutglück. Zwar empfiehlt er grundsätzlich weiter auf dem Rennrad zu trainieren, aber andere Sportarten sorgten für mentale Abwechslung und förderten die allgemeine Athletik sowie das Herz-Kreislauf-System. Beim Grundlagentraining mit 120 bis 140 Pulsschlägen pro Minute halten die meisten im Winter ihre Fitness.
Frederic Störmann setzt in der kalten Jahreszeit ebenfalls auf angepasstes Training: „Nach der Ruhephase im Oktober geht es seit November mit dem Training weiter.“ Die Frage sei dabei nicht, ob trainiert wird, sondern wie. Bei drei bis vier Einheiten pro Woche empfiehlt er lieber vier kleinere Einheiten von je einer Stunde als eine lange von vier Stunden. „Der Anfang des Wintertrainings fällt manchen Hobbysportlern schwer. Aber wenn die Motivation einmal da ist, stellt sich schnell ein gutes Gefühl ein“, sagt Störmann.
Den größten Fehler sehen alle Experten darin, dass Hobbysportler zu hart und zu intensiv trainieren – oder aber einfach gar nichts tun. Fit wie ein Weltmeister werden Radrennfahrer so jedenfalls nicht.