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Frische Bergluft, saftig grüne Wiesen, neben dem Weg plätschert ein Bach. Der Blick öffnet sich auf ein atemberaubendes Bergpanorama. Oben auf der Hütte wartet eine deftige Brotzeit. Dank der stetigen Unterstützung des leise surrenden Elektromotors erklimmen auch weniger geübte Radler die Berge.

Genau das birgt Konfliktpotenzial: Wanderer fühlen sich gestört, Naturschützer sind besorgt. „Der Alpenraum ist mancherorts durch die vielen Nutzer bereits sehr unter Druck“, sagt Thomas Frey vom BUND Naturschutz in Bayern. „Jetzt kommen noch E-Mountainbiker hinzu.“ Und es werden immer mehr. „Das gefährdet die Ruheräume vieler bedrohter Arten wie Auerhahn oder Birkhuhn, die sich in die Ökosysteme der Alpen zurückgezogen haben.“

Im Konflikt mit Wanderern und der Natur

Auch Pflanzen seien bedroht. Bremsmanöver am Berg, aber auch der motorgestützte Antrieb leisten der Bodenerosion Vorschub. „Die Pedelec-Fahrer zerstören letztlich das, was sie suchen“, sagt Naturschützer Frey. Der BUND fordert, Pedelecs juristisch den motorisierten Fahrzeugen zuzuordnen – und ihnen so den Zugang zu Wanderwegen zu verwehren.

Nicolas Gareis hält wenig von solchen Verboten. „Mountainbiker mit und ohne Motor sind letztlich genau wie Wanderer auf der Suche nach dem Naturerlebnis“, sagt der Rad-Experte vom Deutschen Alpenverein (DAV).

Wie eine interne Umfrage unter Mountainbikern ergab, sind 71 Prozent von ihnen auch regelmäßig selbst zu Fuß in den Bergen unterwegs. Verständnis für die Bedürfnisse anderer aufzubringen sollte also nicht zu schwierig sein. Ein Drittel der Biker kennt jedoch Konflikte mit Wanderern, Hundehaltern oder unter Fahrern klassischer und motorisierter Räder aus eigener Erfahrung.

Mountainbike-Routen gesondert ausschildern

Mehrere Initiativen in den deutschen Alpen setzen auf ein friedliches Miteinander. Etwa das Projekt „Bergsport Mountainbike – nachhaltig in die Zukunft“ des DAV: In den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen und Oberallgäu bringt der Verein neben Radlern und Wanderern auch Hüttenwirte, Grundstücksbesitzer und Jäger an einen Tisch. Der Deutsche Alpenverein befürwortet grundsätzlich gemeinsame Wege. „Wo es notwendig ist oder sich anbietet, lassen sich die Besucher dann kanalisieren, etwa durch geeignete Tourenbeschreibungen und eine spezielle Ausschilderung für Mountainbike-Routen oder reine Wanderwege“, so Gareis vom DAV.

 Oberstdorf im Oberallgäu hat bereits ein entsprechendes Konzept umgesetzt. Es trägt das Motto „Zämed duss“, was auf Hochdeutsch „zusammen draußen“ bedeutet. Die Region weist Radrouten aus, die in weitläufige Täler führen. Wegen der großen Distanzen sind sie für die meisten Wanderer ohnehin wenig attraktiv. Umgekehrt kann an Strecken, die besonders eng oder steil sind, auch mal ein Schild mit der Aufschrift „Kein Radweg“ stehen.

Vorfahrt gewähren: Radler müssen für Wanderer bremsen

„Im Zentrum der Initiative steht gegenseitige Rücksichtnahme und ein respektvolles Mitei­nander“, sagt Frank Jost, Tourismusdirektor in Oberstdorf. Wie das gehen kann, darauf weisen Infotafeln an den Wanderparkplätzen hin sowie Aufsteller auf den Tischen in sämtlichen Hütten. „Man kann sich zum Beispiel freundlich bedanken, wenn ein Wanderer Platz macht oder eine Gruppe Radler abbremst, um Fußgänger nicht zu erschrecken“, so Jost. Wichtig sei immer: Der Schwächere hat Vorrang. Radfahrer müssen also für Wanderer bremsen.

Der Umwelt zuliebe sollte man auf den ausgewiesenen Wegen bleiben und Drifts beim Bremsen vermeiden, also seitlich zu rutschen. Das halte den Abtrag des Erdreichs möglichst gering, sagt Jost: „Wir bieten eigens geführte E-Mountainbike-Touren an, auf denen unsere Gäste ein Bewusstsein für die Natur in den Alpen und ein nachhaltiges Verhalten vermittelt bekommen.“

Eins ist klar: Die Tourismusregionen in den Alpen haben großes Interesse an E-Bikern, allein schon aus wirtschaftlichem Interesse. Doch nicht nur das. „Uns ist sehr daran gelegen, dass unsere Gäste Fahrräder dabeihaben, wenn sie bei uns Urlaub machen“, sagt Jost. „Dann besteht die Chance, dass sie abends von ihrer Unterkunft mit dem Fahrrad ins Restaurant fahren, statt den Ort und die Täler durch Fahrten mit dem Auto zu belasten.“