Sterbehilfe: Wenn ein Mensch nicht mehr leben will
Wie soll man mit dem Suizidwunsch eines Menschen umgehen? Wie können Selbstbestimmung und Suizidprävention vereint werden? Der Bundestag muss die Sterbehilfe neu ordnen. Keine leichte Aufgabe und die Zeit drängt. Schon vor zwei Jahren hatte das Bundesverfassungsgericht das seit 2015 bestehende Verbot der geschäftsmäßigen – auf Wiederholung angelegten – Sterbehilfe aufgehoben. Seine Begründung: Es verletze das Recht des Einzelnen auf selbstbestimmtes Sterben. Bei der Reform geht es nun darum, das Recht auf selbstbestimmtes Sterben und den Schutz des Lebens in ein sinnvolles Verhältnis zu bringen.
Drei unterschiedliche franktionsübergreifende Gesetzesentwürfe liegen vor. Ende Juni 2022 fand die erste Lesung im Bundestag statt. Eine Entscheidung wird für den Herbst erwartet.
1. Entwurf: Gesetz zur Regelung der Suizidhilfe
Katrin Helling-Plahr von der FDP warb für den Entwurf, der das Recht auf einen selbstbestimmten Tod gesetzlich sicherstellt. Laut Text solle klargestellt werden, „dass die Hilfe zur Selbsttötung straffrei möglich ist“. Helling-Plahr sagte: „Ich möchte, dass wir Betroffenen in den Beratungsstellen jede helfende Hand reichen. Wenn sie sich aber entscheiden, gehen zu wollen, dürfen wir sie aber auch dann nicht alleine lassen.“
Dann dürfe es keinen erhobenen Zeigefinger geben. Den Betroffenen müsse man vielmehr sogar behilflich sein. Die FDP-Politikerin warnte vor der Schaffung eines neuen Straftatbestands in diesem Bereich. Ein suizidwilliger Mensch muss beraten und dabei auch über Handlungsalternativen aufgeklärt werden. Die Länder müssen ein ausreichend plurales Angebot an wohnortnahen Beratungsstellen sicherstellen.
Den ausführlichen Entwurf finden Sie hier.
2. Entwurf: Suizidprävention stärken und selbstbestimmtes Leben ermöglichen
Mehrere Abgeordnete setzten sich für einen Gruppenantrag ein, der eine Stärkung der Suizidprävention vorsieht. Es solle nicht als normales Mittel empfunden werden, das Leben zu beenden, sagte der CDU-Abgeordnete Patrick Schnieder, der für diese Gruppe sprach. „Das wollen wir verhindern“, so Schnieder. Die Gruppe will die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung grundsätzlich unter Strafe stellen - aber mit einer Ausnahme für Volljährige. Eine Suizidhilfe für Minderjährige soll ausgeschlossen sein.
Den ausführlichen Entwurf finden Sie hier.
3. Entwurf: Gesetz zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben
Eine weitere Gruppe unter anderem um die frühere Grünen-Bundesministerin Renate Künast hat den Entwurf eines "Gesetzes zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben" vorgelegt. Er sieht vor, den Betroffenen einen klaren Zugang zu Betäubungsmitteln zu eröffnen. Mittel, die zur Verwirklichung ihres Suizidwunsches nötig sind.
Unter anderem Lukas Benner (Grüne) sprach für diesen Antrag. Heute finde Sterbehilfe oft in einer Grauzone statt, unter Zuhilfenahme einer „Rechtslücke“ und oft ohne ausreichende Beratung, sagte Benner. Der Zustand könne so nicht bleiben. Ein Unterschied zum Entwurf von Helling-Plahr sei es, dass nicht nur Ärztinnen und Ärzte bei einem Sterbewunsch eingeschaltet werden sollten, sondern auch eine Behörde.
Sterbewillige sollen ihren Sterbewunsch in einer schriftlichen Erklärung bekunden. Der Suizid muss vom Sterbewilligen selbst vollzogen werden. Er kann sich dabei von Ärzten oder Ärztinnen sowie von Dritten begleiten und unterstützen lassen. Sterbewillige müssen sich von einer zugelassenen privaten unabhängigen Stelle mindestens zwei Mal beraten lassen. Das Beratungsgespräch soll das Ziel verfolgen, dass den Sterbewilligen alle Umstände und Hilfsangebote bekannt werden, die ihre Entscheidung ändern könnten.
Den ausführlichen Entwurf finden Sie hier.