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Die EU-Kommission plant, das bisher geltende Gentechnik-Recht aus dem Jahr 2001 zu überarbeiten. Nutzpflanzen, die mit neuen gentechnischen Verfahren so verändert werden, wie das auch durch klassische Züchtung möglich wäre, sollen künftig ohne vorherige Sicherheitsprüfung und Kennzeichnung verkauft werden dürfen. Deutsche Umweltverbände reagieren empört. Auch die Grünen, die derzeit im Bund das Landwirtschafts- und Umweltministerium besetzen, sind gegen die Pläne der EU-Kommission.

Keine größeren Risiken durch grüne Gentechnik

Tatsächlich ist es ein weitreichender Schritt, der aktuell in Brüssel diskutiert wird. Tritt die Regelung in Kraft, würde der Anbau von gentechnisch verändertem Saatgut extrem erleichtert. Bislang ist der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in Europa so streng reguliert, dass es quasi einem Anbauverbot gleichkommt.

Vor 25 Jahren demonstrierte ich im Tomatenkostüm gegen die Einführung gentechnisch veränderter Lebensmittel. Heute befürworte ich eine Lockerung der strengen Regeln. Der Grund sind neue wissenschaftliche Erkenntnisse. In den 90ern herrschte nicht nur bei Verbrauchern und Verbraucherinnen Skepsis in Sachen Gentechnik. Auch in der Wissenschaft gab es die Sorge vor unkalkulierbaren Risiken. Das ist heute, nach Jahrzehnten der Forschung und unzähligen Feldversuchen, anders. Forschende sind sich weitgehend einig, dass von gentechnisch veränderten Pflanzen keine größeren Risiken ausgehen als von konventionell gezüchteten.

Verstecktes Potential

Das liegt auch an neuen Techniken, die zum Einsatz kommen und um die es in der geplanten Gesetzesnovelle geht – etwa CRISPR/Cas9. Mit dieser sogenannten Genschere können gezielt Gene einer Pflanze verändert werden, um bestimmte Eigenschaften zu erreichen, etwa eine höhere Toleranz gegen Hitze. Diese Modifikationen können auch mit herkömmlichen Züchtungsmethoden erreicht werden, doch das ist sehr zeitaufwendig. Bei den Gentechnik-Verfahren, die in den 90ern angewendet wurden, war das anders. Hier wurde Erbgut über Artgrenzen hinweg transferiert. So entwickelte damals die Firma Monsanto eine Maissorte, in die das Gen eines Bakteriums eingebaut wurde, um den Mais resistent gegen einen bestimmten Schädling zu machen.

Die Risiken der Gentechnik erscheinen heute beherrschbar. Außerdem bescheinigen Agrarwissenschaftler und -wissenschaftlerinnen gentechnischen Methoden großes Potenzial. Mit ihrer Hilfe, so die Hoffnung, ließen sich in kurzer Zeit Pflanzen züchten, die Dürren besser standhalten und mit weniger Dünger, Pestiziden und Wasser gute Erträge bringen.

Wichtiges Zukunftsprojekt

Die Zeit ist reif, gentechnische Züchtungsmethoden zu entdämonisieren. Es wäre falsch, eine vielversprechende, gut erforschte Technik aufgrund ideologischer Grabenkämpfe weiterhin zu verdammen. In Zeiten einer wachsenden Weltbevölkerung und sich rasch verändernder klimatischer Bedingungen sind wir auf robuste Nutzpflanzen angewiesen, die auch unter widrigen Bedingungen gute Ernten liefern.