Was hört der Fötus im Mutterleib?
Zarte Töne, Rauschen oder dumpfes Brummen – was hört das Ungeborene wohl im Bauch? Und vor allem: Hört es mich? Diese Frage stellen sich nicht nur werdende Väter, wenn sie ihr Ohr an den Bauch der Partnerin schmiegen und versuchen, Kontakt mit dem Kleinen aufzunehmen, oder Mütter, die ihrem Nachwuchs extra vorsingen. Auch Forscher gehen seit vielen Jahren dieser Frage nach. Mittlerweile weiß man, dass Babys etwa ab der 24. Schwangerschaftswoche in der Lage sind zu hören.
Dr. Kenneth Gerhardt, der lange Professor für Sprache an der Universität von Florida war, hat zur Hörentwicklung bei Ungeborenen zahlreiche Studien veröffentlicht. Dazu hat er mit einem Unterwassermikrofon Aufnahmen direkt aus dem Mutterleib heraus gemacht – einige bei Menschen, andere bei Schafen. "Die Filtereigenschaften bei schwangeren Schafen sind denen beim Menschen sehr ähnlich", sagt Gerhardt. "Zwei wichtige Strukturen bewirken eine Dämpfung: das Gewebe und das Fruchtwasser im Bauch der Schwangeren und der Kopf des Kindes." Deshalb sei Gesprochenes im Innenohr noch viel schwerer verständlich als Geräusche, die an der Ohrmuschel aufgenommen wurden.
Babys erkennen Stimmen später wieder
Trotzdem sollen Eltern laut dem Forscher mit dem Ungeborenen sprechen und ihm Musik vorspielen. "Neugeborene erinnern sich an Erfahrungen, die sie im Mutterleib gemacht haben, zum Beispiel die Stimme der Mutter", sagt Gerhardt. "Vom dritten Trimester an können sie auch die Stimme des Vaters hören, wenn er mit normaler Lautstärke in der Nähe des Bauches der Mutter spricht." Ungeborene hören jedoch nicht in allen Frequenzen und Tonlagen gleich gut. "Sie hören nur niedrigfrequente Töne wie Vokale, aber keine höherfrequenten Geräusche, zum Beispiel stimmlose Konsonanten wie das 's'", sagt Gerhardt. Dasselbe gelte für Musik: Babys im Mutterleib hören zum Beispiel den von Trommeln produzierten Rhythmus der Musik, aber nicht die hohen Töne, zum Beispiel die einer Geige.
Schwangere sollten extrem laute Geräusche meiden
An Schafen untersuchte Gerhardt zusammen mit seinen Kollegen, welche Geräusche für das Ungeborene schädlich sein können. Dabei benutzen sie sehr laute Geräusche wie Kanonenschläge oder anhaltenden Lärm – lauter, als sie normalerweise vorkommen, sogar in der Industrie. Diese Geräusche zerstörten Haarzellen im Innenohr dauerhaft. "Ich rate daher Schwangeren, nicht ständig auf Rock-Konzerte zu gehen, wobei ein oder zwei kein Problem sein dürften", sagt Gerhardt. "Außerdem sollten sie nicht lauten Maschinenantrieben oder Geräuschen von Feuerwaffen ausgesetzt sein."