Grippeimpfung für Kinder: Was Eltern jetzt wissen sollten
„In jeder Grippesaison gibt es neue Virusvarianten. Deshalb ist ein Blick in die Zukunft schwierig“, sagt Jacob Maske vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. Aber auf der Südhalbkugel, in Australien, zirkulierte gerade eine heftige Grippe-Epidemie, die besonders Kinder und Jugendliche trifft. In der Regel schwappt die Welle zu uns rüber.
Leider nicht, weil es viele unterschiedliche Grippe-Unterarten gibt. Maske: „Die Erreger wandeln sich unentwegt. Darauf muss sich das kindliche Immunsystem immer wieder neu einstellen.“
In Kindergärten und Kitas kursieren hunderte Viren, die Husten, Schnupfen, Hals- und Ohrenschmerzen verursachen können. Grippale Infekte, also Erkältungen, sind meist harmlos und schulen sogar das Immunsystem. Eine „Echte Grippe“, auch Influenza genannt, wird dagegen häufig von hohem Fieber, Schüttelfrost, trockenem Husten und einem starken Krankheitsgefühl begleitet.
Dazu kommt: „Hochansteckende Influenzaviren schwächen nicht nur das Atemsystem, sondern auch die Abwehr“, erklärt Maske. Deshalb gebe es mitunter auch bei Mädchen und Jungen, die immer gesund waren, schwere Verläufe. Mögliche Begleiterscheinungen gerade bei Kleinkindern sind Pseudokrupp-Anfälle und Mittelohrenzündungen. Zu den besonders gefürchteten Komplikationen gehören Lungen-, Herzmuskel- oder Hirnhautentzündungen.
Die Erreger werden durch Tröpcheninfektion übertragen, also wenn man etwa angehustet oder -geniest wird. Infizieren kann sich aber auch, wer mit Viren verunreinigte Gegenstände wie Haltegriffe anfasst und sich anschließend an Mund oder Nase greift. Auf diese Weise können die Viren auf die Schleimhäute und in den Körper gelangen. Etwa zwei Tage nach der Infektion tauchen die ersten Krankheitssymptome auf. Kranke sind etwa sieben Tage lang ansteckend. Kinder mit geschwächtem Abwehrsystem sogar länger.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Grippeimpfung bislang nur bei Kindern, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf haben. Dazu gehören unter anderem Kinder, die unter Asthma, Mukoviszidose, Diabetes, Herz-, Leber- und Nierenerkrankungen leiden. Diese Empfehlung gilt auch in nahezu allen anderen EU-Ländern. Lediglich Finnland, Lettland, Malta, Slowenien und die Slowakei empfehlen eine Grippeimpfung auch für gesunde Kinder. Damit wollen sie die Ansteckungsgefahr reduzieren, die von Kindern für Risikogruppen ausgeht. Eine Grippeimpfung ist jedoch in keinem EU-Land ein Muss.
Jüngst hat sich allerdings das Land Schleswig-Holstein für eine Grippeimpfung für alle Mädchen und Jungen ausgesprochen – vom sechsmonatigen Baby bis zum 17-jährigen Jugendlichen. Auf dem Online-Portal des Landes heißt es, die Impfung könne auch für gesunde Kinder und Jugendliche sinnvoll sein, da sie in Kita und Schule viel Kontakt mit anderen haben.
Auch der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) plädiert für eine Ausweitung der Empfehlung der Grippeschutzimpfung auf alle Kinder und Jugendlichen. „Unser Ziel muss es sein, die Ausbreitung des Virus durch Impfung zu verhindern und damit die Krankheitslast für alle zu mindern. Dafür wäre eine breite Impfung ab dem Kleinkindalter medizinisch sinnvoll“, sagte Verbandspräsident Michael Hubmann den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Bevor die Grippewelle beginnt: zwischen Oktober und Mitte Dezember. Die Impfung muss jedes Jahr aufgefrischt werden, da der Impfstoff jeweils nur auf die Grippevirus-Varianten abgestimmt ist, die sich mutmaßlich in der kommenden kalten Jahreszeit am stärksten verbreiten. Für Kinder mit Vorerkrankungen übernehmen alle Krankenkassen die Kosten. Für Kinder, die nicht unter die STIKO-Empfehlungen fallen, übernehmen manche Krankenkassen sie im Rahmen von sogenannten Satzungsleistungen. Eine rechtzeitige Rückfrage vor der Impfung ist sinnvoll.
Das Paul-Ehrlich Institut hat für die Influenza-Saison 2023/24 insgesamt sechs Grippe-Impfstoffe für Kinder und Jugendliche zugelassen: vier für Babys ab sechs Monaten, zwei für Mädchen und Jungen, die mindestens zwei Jahre alt sind. Für alle Schutzimpfungen gilt: Bei der ersten Impfung sind zwei Impfdosen im Abstand von mindestens vier Wochen notwendig. Kinder, die in einer vergangenen Saison bereits einmal gegen Influenza geimpft wurden, brauchen nur eine Dosis als Auffrischung.
Für Kinder und Jugendliche, die übergroße Angst vor der Spritze haben, wird auch eine Impfung mit Nasenspray angeboten. Ein Sprühstoß in jedes Nasenloch aktiviert die Abwehr der Schleimhäute. Da das Impfspray aus abgeschwächten Lebendviren besteht, eignet es sich jedoch beispielsweise nicht für Säuglinge und Kinder, die jünger als zwei Jahre alt sind, Kinder, die unter schwerem Asthma leiden, eine Immunschwäche oder eine Hühnereiweißallergie haben.
„In den vergangenen Jahren ist mehr produziert worden, als bis zum Ende der Impfsaison verimpft werden konnte“, sagt Dr. Susanne Stöcker vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Aktuell laufe die Freigabe von Influenza-Impfstoffdosen. Informationen zu möglichen Lieferengpässen lägen nicht vor.
Quellen:
- Deutsches Ärzteblatt: Impfspray für Kinder und Jugendliche: Der Influenza eine Nasenlänge voraus. https://www.aerzteblatt.de/... (Abgerufen am 05.10.2023)
- Paul-Ehrlich-Institut: Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel: Influenzasaison 2023/2024 – bereits 20,2 Millionen Grippe-Impfstoffdosen freigegeben. https://www.pei.de/... (Abgerufen am 05.10.2023)
- Euro-Informationen (GbR): Grippeimpfung für alle Versicherten. https://www.krankenkassen.de/... (Abgerufen am 05.10.2023)
- Logo Robert Koch-Institut : Häufig gestellte Fragen und Antworten zur Grippe. https://www.rki.de/... (Abgerufen am 05.10.2023)
- Paul-Ehrlich-Institut: Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel: Saisonale Influenza-Impfstoffe. https://www.pei.de/... (Abgerufen am 05.10.2023)
- European Centre for Disease Prevention and Control: TECHNICAL REPORT Seasonal influenza vaccination and antiviral use in EU/EEA Member States. https://www.ecdc.europa.eu/... (Abgerufen am 05.10.2023)
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Grippeimpfung bei Kindern . https://www.impfen-info.de/... (Abgerufen am 05.10.2023)
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Grippe (Influenza) . https://www.kindergesundheit-info.de/... (Abgerufen am 05.10.2023)