Babys: So entstehen Vorlieben beim Essen
Ein Spinat spuckendes Kind, Pastinaken auf dem Parkett, Blumenkohl auf der Bluse, ein Baby voller Gemüseflecken. Das sind Bilder, die Eltern oft durch den Kopf schießen, wenn sie daran denken, ihrem Kind nun bald den ersten Brei zu kredenzen. Was wird dem Kleinen schmecken, mit welchem Gemüse fängt man am besten an?
Ganz klar: Das beliebteste Starter-Gemüse bei deutschen Babys ist die Karotte. Fein püriert hat sie einen leicht süßlichen Geschmack und gehört wohl genau deswegen zu den Favoriten, wenn es mit etwa einem halben Jahr – frühestens mit dem fünften Monat – mit der Beikost losgeht. "Die Vorliebe für süß ist angeboren", sagt Maria Flothkötter, Leiterin des Netzwerks Gesund ins Leben im Bundeszentrum für Ernährung in Bonn. "Deshalb werden entsprechende Lebensmittel wie Karotten leichter angenommen." Andere Geschmacksvorlieben werden erst allmählich erlernt. Learning by eating quasi.
Essen: Vorlieben durch Gewöhnung
Auch die Professorin Mathilde Kersting, Leiterin des Forschungsdepartment Kinderernährung (FKE) der Universitätskinderklinik Bochum, ist überzeugt, dass Lebensmittelvorlieben bei Kindern in der Regel durch Gewöhnung entstehen. "Werden Kinder unter angenehmen Umständen und ruhig mit mehrmaligen Versuchen an Lebensmittel herangeführt, lernen sie diese auch zu mögen", sagt die Expertin.
Eltern brauchen nicht gleich frustriert aufzugeben, wenn das Baby einmal ein Gemüse spontan ablehnt – egal ob süße Karotte oder leicht bitteren Fenchel. "In Ländern wie Frankreich bekommen die Kleinen am Anfang ganz anderes Gemüse als in Deutschland, zum Beispiel Bohnen oder Erbsen", erzählt Kersting. "Man kann also zuversichtlich sein, dass Kinder sich irgendwann auch an Blumenkohl oder grüne Bohnen gewöhnen."
Beikost abwechslungsreich gestalten
Eine beruhigende Nachricht: Der Vielfalt bei der ersten Beikost sind kaum Grenzen gesetzt. Sie können mit Karotten beginnen, aber schon am nächsten Tag zu Zucchini oder Kürbis wechseln. Die Ansicht, nur ein neues Gemüse pro Woche einzuführen, um Allergien vorzubeugen, gilt als überholt. "Heute weiß man, dass eine monotone Ernährung die Allergievorbeugung nicht fördert", so Kersting.
Die Forschung hat auch herausgefunden, dass Babys, die jeden Tag ein anderes Gemüse bekommen, später aufgeschlossener gegenüber neuen Geschmäckern sind. Ein Grund dafür ist, dass unsere Nahrungsmittelvorlieben bereits in der frühesten Kindheit, ja sogar schon im Mutterleib, programmiert werden. Wer seinem Kind viele Beikost-Varianten auftischt, macht es ihm leichter, später noch neue Nahrungsmittel zu akzeptieren. "Eltern sollten ohne Zwang anbieten und zum Probieren motivieren", bringt es Maria Flothkötter auf den Punkt. Denn in der Regel gilt: Kinder essen das, was die Eltern essen. Deshalb haben diese auch eine Vorbildfunktion und sollten für sich auf eine abwechslungsreiche Kost achten.
Brei: Aus dem Gläschen oder selbstgekocht?
Also: keine Angst vor dem ersten Brei! Denn ob dieser nun aus Karotte, Zucchini, Bohnen oder Kürbis besteht, spielt keine Rolle. "Wenn das Kind etwas besonders gerne mag, darf man ihm das ruhig öfter geben. Das sollte Eltern aber nicht davon abhalten, immer wieder neues Gemüse einzuführen", rät Mathilde Kersting. Empfehlenswert ist es übrigens, Kinder jedes Geschmacksaroma einzeln erfahren zu lassen statt schon früh Gemüsesorten zu mischen.
Bleibt die Frage: Gläschenkost oder selbst kochen? "Zum Glück hat beides Vor- und Nachteile", sagt Kersting. "Wenn Eltern ganz sicher sein möchten, dass die Nahrung sehr gut kontrolliert und schadstofffrei ist, dann sollten sie Fertigprodukte nehmen. Denn die dafür verwendeten Lebensmittel werden noch strenger als herkömmliche Lebensmittel kontrolliert." Außerdem sind Gläschen eine praktische Sache – gerade für unterwegs. Eltern können aber auch ohne Bedenken Brei aus frischem Gemüse kochen. Vorteil: Pürierter Blumenkohl oder purer Karottenbrei schmecken natürlicher, wenn man ihn selbst zubereitet. Ob Sie sich nun für Gläschen oder den Stabmixer zu Hause entscheiden: Sie brauchen auf keinen Fall ein schlechtes Gewissen zu haben, weil Sie das eine dem anderen vorziehen.