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Es sieht so idyllisch aus in der Werbung: Mutter und Vater beugen sich über das schlummernde Baby, lächeln sich zu und schleichen aus dem Zimmer Richtung Ehebett. Happiness pur! Und die Reali­tät? Ein paar Stunden Schlaf sind Luxus und man wünscht sich ­eine Übersetzungs-App fürs nächt­liche Geschrei: Heißt das jetzt Hunger, Bauchweh, zu heiß, zu kalt?

Wie entwickelt sich der Schlaf?

Die erste Zeit mit einem Säugling ist eine Herausforderung – gerade wenn es um den Schlaf geht. Das liegt zum Teil an den deutlichen Unterschieden zwischen Baby- und Erwachsenenschlaf (siehe Grafik). Neugeborene haben zunächst keinerlei Tag-Nacht-Rhythmus, sie schlafen und wachen immer wieder auf. Zudem sind ihre Schlafzyklen anders aufgebaut.

So verändert sich der Schlaf mit dem Alter des Kindes

So verändert sich der Schlaf mit dem Alter des Kindes

„Ein Zyklus bei Erwachsenen dauert rund 90 Minuten. In dieser Zeit gelangen wir vom Leicht- über den Tiefschlaf hin zum Traumschlaf“, erklärt Dr. Mirja Quante, Oberärztin im Bereich Kinderschlafmedizin am Universitätsklinikum Tübingen. Bei Neugeborenen währt ein Schlafzyklus nur etwa eine Stunde. Man unterscheidet lediglich ruhigen und aktiven Schlaf. Bei Letzterem träumt das Kleine auch. „Der Anteil des Traumschlafs liegt in den ersten drei Monaten bei nahezu 50 Prozent, im Erwachsenenalter sind es gerade mal 20 Prozent“, so die Expertin.

Die Traumphasen sind wichtig, damit das Gehirn neue Verknüpfungen bilden und Sinneseindrücke abspeichern kann. Allein diese Prozesse können für unruhige Nächte sorgen. Hinzu kommt: Wie Erwachsene wachen auch Babys in ­einer Leichtschlafphase häufig kurz auf. Aber: „Während wir uns meist einfach auf die andere Seite drehen und weiterschlummern, finden Säuglinge oft nicht mehr in den Schlaf und melden sich dann lautstark“, sagt Kinderarzt Dr. Alfred Wiater aus Köln. Anfangs spielt Hunger eine große Rolle. „In den ersten Monaten haben Kinder noch keine dauerhaften Energie­reserven und müssen mehrmals pro Nacht trinken“, erklärt Quante. Wachen sie im stillen, dunklen Zimmer auf, können sie sich zudem schlecht orientieren.

Was heißt Durchschlafen?

„Erst ab einem Alter von etwa sechs Monaten können Kinder eine längere Schlafenszeit in der Nacht entwickeln und behalten noch zwei, drei kürzere Tagschlafzeiten bei“, sagt Wiater, der sich auf kindliche Schlafstörungen spezialisiert hat. „Länger“ bedeutet fünf bis sechs Stunden und wird häufig mit dem viel zitierten und erwünschten Durchschlafen gleichgesetzt. Unter einer erholsamen Nacht verstehen die meisten vermutlich ­etwas anderes.

Der erste Schritt auf dem Weg zum Tag-Nacht-Rhythmus ist aber getan. Allerdings gelingt es etwa jedem dritten Baby mit sechs Monaten erst mal nicht, lehrbuch­mäßig ein- und durchzuschlafen. Zudem besteht von Geburt an ein recht individuelles Schlafbedürfnis. Als Faustregel gilt: Ein sechs Monate alter Säugling schläft über 24 Stunden verteilt etwa 14 Stunden. Manche Kinder fühlen sich aber durchaus schon mit zehn oder zwölf Stunden ausgeruht.

Wie können Eltern Kraft tanken?

Der Blick auf Statistiken hilft allerdings wenig, wenn die ganze Familie auf dem Zahnfleisch geht. „Nutzen Sie alle Möglichkeiten, sich Ruhepausen zu holen“, rät Quante deshalb. Vielleicht können Oma, Onkel oder Freunde ein paar Stunden aufs Baby aufpassen oder mit ihm spazieren gehen? Ein weiterer Rat der Expertin: „Legen Sie sich mit dem Kind tagsüber mal hin, statt den Haushalt zu machen.“ Schlaf sei in dem Fall wichtiger als Ordnung. Und: sich anfangs auch besser kein riesiges Programm vornehmen, das sich übermüdet gar nicht bewältigen lässt.

Geht es weniger ums Stillen als ums Beruhigen des weinenden Babys, können Sie sich vielleicht auch abwechseln: Eine Nacht ist Mama, die nächste Papa zuständig. Völlig normal ist übrigens, dass sich nach der dritten, vierten oder fünften nächt­lichen Störung auch mal Wut oder Verzweiflung melden. „Gehen Sie aus dem Zimmer, wenn das Kind sicher im Bett liegt, und atmen Sie ein paarmal tief durch“, sagt Quante. Wichtig: Ihr Kind will Sie nicht tyrannisieren. Denken Sie daran, dass auch diese Phasen vorübergehen.

Was hilft dem Baby beim Einschlafen?

Wir haben sieben Ideen, mit denen Ihre Nächte bald erholsamer ausfallen könnten.

Rituale pflegen

Das Baby trinken lassen, eincremen, Bäuchlein massieren, Gutenachtlied singen: Ein immer gleicher Ablauf am Abend signalisiert dem Kleinen, wann es Zeit zum Schlafen ist.

Zur Ruhe ­kommen lassen

Sie haben lange gearbeitet und freuen sich, abends Ihren kleinen Schatz wiederzusehen? Die Spiel-Session trotzdem besser auf den nächsten Tag verschieben, sonst wird Ihr Baby wieder munter.

Nah und sicher schlafen

Für das erste Lebensjahr ist ein ans Elternbett angedocktes Kinderbett ideal. So ist sich die Familie nah, das nächtliche Stillen fällt leichter. Anders als in ­einem Familienbett besteht nicht das Risiko, sich versehentlich auf das Kind zu legen oder seine Atemwege mit Decken oder Kissen zu ­verschließen.

Licht als Taktgeber nutzen

Egal, wie das Wetter ist: raus! Versuchen Sie, tagsüber mit dem Kind möglichst viel Zeit draußen zu verbringen. So nutzen Sie das Tageslicht als Taktgeber für den sich entwickelnden Schlaf-wach-Rhythmus.

Medien meiden

Auch wenn die Geschwister gerade Fernsehen schauen oder schon ein Handy haben – versuchen Sie, das Baby, so gut es geht, von digitalen Medien fernzuhalten. Sonst ist es womöglich am Abend überreizt und findet nicht gut in den Schlaf. Zudem könnte die blaue Strahlung die ­Ausschüttung von Schlafhormonen hemmen.

Favoriten wählen

Das Wippen auf dem Gymnastikball hat nix gebracht, im Tragetuch hat das Baby weitergeschrien und jetzt probieren Sie es mit Rückenstreicheln? Besser ist es, bei einer ­Methode zu bleiben. Und: Wacht Ihr Baby nachts auf, springen Sie nicht immer gleich sofort los. Warten Sie einen kurzen Moment ab, ob es sich von allein beruhigt.

Auf Anzeichen achten

Das Baby dreht den Kopf weg, reibt sich die Augen oder versucht, an den Fingern zu saugen? Jedes Kind zeigt Müdigkeit etwas anders. Achten Sie auf Signale. Kommt es nun ins Bett, fällt das Einschlafen leichter.

Schlafendes Kind

Wie viel Schlaf brauchen Kinder?

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Quellen:

  • Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V., Arbeitsgruppe Pädiatrische Somnologie der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM): "Mein Kind schläft nicht", Elterninfo. Online: https://www.dgkj.de/... (Abgerufen am 11.05.2023)
  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Das Wichtigste zum Schlaf im ersten Lebensjahr. Online: www.kindergesundheit-info.de/... (Abgerufen am 11.05.2023)
  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Wenn der Babyschlaf große Probleme bereitet . Online: https://www.kindergesundheit-info.de/... (Abgerufen am 11.05.2023)
  • Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. / dpa: Endlich Ruhe, Wie Kleinkinder schlafen lernen können. Online: https://www.kinderaerzte-im-netz.de/... (Abgerufen am 11.05.2023)