Kindergarten: So finden Sie den Richtigen für Ihr Kind
Am 28. Juni 1840 eröffnete im thüringischen Blankenburg der erste "Kindergarten" der Welt – der Name ist eine Wortschöpfung seines Erfinders Friedrich Fröbel. Der Pädagoge wollte für Kinder tatsächlich einen Garten schaffen, in dem sie sich gut entfalten konnten. Inklusive Blumen- und Gemüsebeeten, die sie pflegten.
Viele Pädagogen haben sich seitdem damit auseinandergesetzt, wie Kinder sich am besten entwickeln. Konzepte gibt es unzählige: Montessori- oder Waldorf-Kindergärten, Reggio- oder Freinet-Pädagogik, Wald- oder Kneipp-Kindergärten, situative Ansätze, offene Konzepte … Nicht leicht für Eltern zu entscheiden, welches das beste fürs Kind ist. Brigitte Holz-Schöttler, Erzieherin mit 46 Jahren Berufserfahrung und Vorsitzende des Kindergarten-Museums in Bergisch Gladbach, rät: "Melden Sie Ihr Kind dort an, wo Sie sich selbst am wohlsten fühlen."
Der Träger bestimmt die Ausrichtung
Jeder Kindergarten hat einen sogenannten Träger, der ihn verwaltet. Der Träger hat die Gesamtverantwortung für die Einrichtung inne und entscheidet über das pädagogische Konzept.
- Träger kann die Kommune, also Stadt oder Gemeinde sein.
- Konfessionelle Träger integrieren die Kinder traditionsgemäß in die Kirchengemeinde und die damit zusammenhängenden Aktivitäten.
- Freigemeinnützige Träger orientieren sich meist an ähnlichen Werten wie die kirchlichen Einrichtungen und sind stark am Gemeinwohl interessiert. Die einzelnen Träger sind meist in freien Wohlfahrtsverbänden organisiert. Zu diesen zählen zum Beispiel die Caritas, das Diakonische Werk, das Rote Kreuz oder die Arbeiterwohlfahrt.
- Elterninitiativen sind meist eingetragene Vereine, die sich häufig unter den paritätischen Verbänden vereinigen. Sie agieren selbständig und formulieren ihr eigenes Konzept.
- Immer häufiger sind Einrichtungen privater Träger zu finden, die Kindergärten frei gewerblich, das heißt kommerziell, betreiben. Soweit diese die Vorschriften der jeweiligen Landeskindergartengesetze beachten, werden sie ebenfalls als Kindertagesstätten anerkannt und gefördert.
Alle Kindergärten – je nach Bundesland mehr oder weniger verbindlich – müssen sich an dem jeweiligen Bildungs- und Erziehungsplan orientieren. Diese gesetzlichen Grundlagen enthalten beispielsweise Räumlichkeitsvorschriften, Betreuerschlüssel und vor allem Vorgaben, wie die Entwicklung und verschiedene Kompetenzen des Kindes gefördert werden sollen.
Wie das in der Praxis genau geschieht, legt der Träger im pädagogischen Konzept fest. Dieses kann auch eine Mischform aus verbreiteten Konzepten wie der Waldorf- oder der Montessori-Pädagogik sein. Das macht es für Eltern nicht einfach, sich einen Überblick zu verschaffen. Das heißt: Da gibt es Kindergärten kirchlicher Träger, die künstlerische Schwerpunkte haben. Oder Elterninitiativen, die verstärkt auf Bewegung setzen. Oder private Träger, die sich ganz dem Umgang mit der Natur verschrieben haben. Alles ist möglich.
Damit ein Kindergarten Fördergelder bekommt, muss er staatlich anerkannt sein. Trotzdem verlangen einige Kindergärten teilweise hohe Beiträge. Das liegt zum einen an den unterschiedlichen Förderbeträgen in den einzelnen Ländern, was zu unterschiedlich hohen Elternbeiträgen führt. Zum anderen liegt es an speziellen Angeboten, die zusätzliche Kosten verursachen. Das kann der besonders gute Betreuungsschlüssel sein, das spezielle Bio-Essen oder individuelle Angebote wie zum Beispiel Sprachprogramme.
Was bringt der Kindergartenbesuch?
Weshalb sollte der Nachwuchs überhaupt einen Kindergarten besuchen? Durch das Spielen und Lernen in der Gruppe erweitern und entwickeln die Kinder viele Fähigkeiten. In der behüteten Umgebung werden sie spielend selbstständiger. Sie lernen beispielsweise, Schwierigkeiten zu bewältigen, wie einen harmlosen Streit um ein Spielzeug. So bauen sie zunehmend Sozialkompetenz auf.
Außerdem üben sie zu teilen und Freundschaften zu knüpfen. Und die Kinder gewöhnen sich an die ersten Brüche im Leben. Dazu zählt beispielsweise die Umgewöhnung von zu Hause auf die Gruppe. Bei Kindern, deren Eltern kein Deutsch sprechen, wird im Kindergarten zusätzlich der Erwerb der deutschen Sprache gefördert.
Abgesehen davon entdecken die Erzieherinnen gemeinsam mit den Kleinen die ersten Naturphänomene. Beispielsweise die wechselnden Jahreszeiten oder das Aufwachsen von Tieren. Und sogar der Gesundheit der Kleinen kann der Kindergartenbesuch zuträglich sein. Beispielsweise erleben die Kinder während des gemeinsamen Frühstücks, was gesunde Ernährung bedeutet. Durch Toben und Spielen entwickeln sie ihre motorischen und koordinativen Fähigkeiten weiter.
Wir stellen Ihnen hier fünf bedeutende Persönlichkeiten vor, deren Ideen und Konzepte bis heute fortwirken.
Friedrich Fröbel: Neue Wege gehen
Friedrich Wilhelm August Fröbel (1782 bis 1852) gilt als Wegbereiter der Kleinkinder-Pädagogik und Erfinder des Kindergartens. Einrichtungen, in denen Kinder betreut wurden, gab es zu seiner Zeit schon. "Aber sie dienten eher dazu, Kinder aus ärmeren Schichten davor zu bewahren, zu verwahrlosen, sie zu disziplinieren", sagt Diana Franke-Meyer, Professorin für Erziehungswissenschaft an der Evangelischen Hochschule in Bochum.
Fröbel dachte stattdessen tatsächlich an einen "Garten", in dem die Kinder liebevoll gehegt und gepflegt wurden, um sich gut entwickeln zu können. Zentrum dieser Pädagogik war das Spielen. "Fröbel hat dafür eigene Materialien entworfen, mit denen sich das Kind ausdrücken und etwas darstellen kann", so Franke-Meyer. Zu diesen "Spielgaben" gehören weiche Bälle, Walzen, Würfel, Legetäfelchen und Stäbchen, mit denen sich alles darstellen lässt, was dem Kind in den Sinn kommt. "Prickeln", das Ausstechen von Formen mit einer stumpfen Nadel, geht auf den Thüringer Pädagogen zurück. Ebenso die Idee, Mütter darin zu unterrichten, wie sie mit ihren Kindern Zeit verbringen und die Kleinen fördern können. Für den Vordenker spielte die Mutter-Kind-Bindung schon im 19. Jahrhundert eine wichtige Rolle.
Nur passten seine modernen Gedanken nicht in die damalige Zeit: Mit dem Kindergarten-Verbot von 1851 bis 1860 ging Fröbels Pädagogik erst einmal verloren – und kehrte leise, fast unbemerkt zurück. Bis heute sind seine Spielgaben in nahezu allen Einrichtungen zu finden: "Sein Geist ist in fast jeder Kita zu spüren", sagt Brigitte Holz-Schöttler. "Ohne Fröbels Pädagogik ist ein Kindergarten gar nicht denkbar!"
Maria Montessori: Selbstständig werden
Sie ist die "Grande Dame" der Pädagogik: die Italienerin Maria Montessori (1870 bis 1952). Selbst wer noch nie einen Fuß in ein Montessori-Kinderhaus gesetzt hat, kennt Grundzüge ihrer Ideen oder ist ihnen schon begegnet.
Angeregt durch die Arbeit mit geistig behinderten Kindern entwarf die gelernte Ärztin ihre Pädagogik der frühen Kindheit. Danach entfaltet sich jedes Kind nach einem "inneren Bauplan", ist in bestimmten sensiblen Phasen offen und lernt Neues. Ähnlich wie Fröbel entwickelte Montessori zu diesem Zweck Materialien. "Diese sind allerdings bestimmten Zwecken zugeordnet, es bleibt wenig Raum für Freiheit und Kreativität", erklärt Franke-Meyer. Fröbel und Montessori vereint die Erkenntnis, "wie wichtig die frühe Kindheit für die spätere Entwicklung ist, das fängt nicht erst in der Schule an", so Expertin Franke-Meyer.
Montessori betont immer wieder die Ernsthaftigkeit des kindlichen Tuns: Das Spielen nennt sie "die Arbeit des Kindes". "Hilf mir, es selbst zu tun", einer der wichtigsten Sätze aus Montessoris Lehre, ist dabei der Kern: Eigenständigkeit und Individualität des Kindes sollen gefördert werden, ohne dass das Kita-Team oder Lehrerinnen und Lehrer anleiten oder eingreifen. Stattdessen helfen sie dem Kind durch einen "vorbereiteten Raum", sich neue Fähigkeiten und Erkenntnisse selbst anzueignen.
Mehr als 1000 Montessori-Kinderhäuser gibt es in Deutschland. Aber auch in anderen Einrichtungen haben ihre Methoden Eingang gefunden, zum Beispiel die "Übungen des täglichen Lebens": Tabletts mit Krügen und Gläsern, um Wasser hin- und herzuschütten, Verschlussrahmen, um Reißverschlüsse zu schließen oder Schleifen zu binden. So hat fast jedes Kind nach Montessori gelernt, etwas selbst zu tun.
Rudolf Steiner: Kreativität fördern
Auch die alternative Pädagogik von Rudolf Steiner (1861 bis 1925) ist hierzulande sehr bekannt: die Waldorf-Pädagogik.
"Steiner war der Meinung, dass Kinder in den ersten sieben Lebensjahren noch nicht in der Lage sind, Dinge kognitiv zu erfassen", sagt Diana Franke-Meyer. In dieser "Phase des Fühlens" steht das Nachahmen Erwachsener in ihren täglichen Aufgaben (kochen, backen, reinigen …) im Mittelpunkt. Der Ablauf orientiert sich an Tages-, Monats- und Jahresrhythmen. Naturmaterialien, Raumgestaltung und Farbkonzepte haben Bedeutung in den Kitas. Kritisch gesehen werden Steiners Weltbild, die fragwürdige Einstellung zum Impfen und sein konservatives Rollenverständnis.
Loris Malaguzzi: Alles erforschen
Die Reggio-Pädagogik entstand nach dem Zweiten Weltkrieg in der italienischen Stadt Reggio Emilia, einer der Gründer war Loris Malaguzzi (1920 bis 1994). Im Sinne der Reformpädagogik wurden hier alte, autoritäre Erziehungsansätze durch neue, liberale Konzepte ersetzt. Im Mittelpunkt steht die individuelle Entfaltung des Kindes. Es soll die Möglichkeit erhalten, sich "in 100 Sprachen" auszudrücken – ob künstlerisch, forschend oder musikalisch.
Daher ist das kreative Angebot groß: Künstler unterstützen die Erzieherinnen und Erzieher, die Erwachsenen sind "Wegbegleiter" auf Augenhöhe. Auch in Deutschland orientieren sich Kitas am Reggio-Modell oder integrieren Ideen wie die "Sprechenden Wände" (Ausstellung der Werke der Kinder) in ihr Konzept.
Célestin Freinet: Frei entfalten
Auch Célestin Freinet (1896 bis 1966) gehört zu den Reformpädagogen. Der Franzose, der seine eigene Schulzeit als Qual empfand, entwickelte in den 1920er-Jahren eine Pädagogik, bei der die freie Entfaltung des Kindes und die Förderung seiner Selbstständigkeit im Mittelpunkt stehen.
Die Kinder lernen über ihr Tun. Erzieherinnen und Erzieher begleiten sie ohne einzugreifen. Es gibt keinen festen Tagesablauf, sondern die Kinder bestimmen diesen selbst. Freinet sieht Kinder von Geburt an als eigenständige, selbstbestimmte Persönlichkeiten, nicht als "unfertige" Erwachsene. Säule heutiger Freinet-Kindergärten ist das tägliche Leben und Erleben der Kinder. Das Konzept ist vergleichbar mit dem situativen Ansatz, den viele Einrichtungen verfolgen. In Deutschland ist die Zahl reiner Freinet-Einrichtungen überschaubar und am ehesten in Elterninitiativen zu finden.