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Das sollten Sie wissen:

  • Für viele Videosprechstunden muss man bereits Patientin oder Patient in einer ärztlichen Praxis sein.
  • Nach der Videosprechstunde erhält man eine Privatrechnung und muss gegebenenfalls selbst für Erstattung sorgen.
  • Gesetzliche Krankenkassen erstatten die Kosten meist (noch) nicht.

Ich habe "Restless Legs", kurz RLS, auf deutsch: Unruhige Beine. Setze oder lege ich mich hin, dauert es nur Minuten, bis es in meinen Beinen zieht und zuckt. Laufe ich wieder ein paar Schritte, ist Ruhe – vorerst. Nur dank eines 24-Stunden-Medikamentenpflasters kann ich tagsüber stillsitzen und nachts schlafen.

Dieses Leiden betrifft laut Angaben der Deutschen Gesellschaft für Neurologie rund neun Millionen Menschen in Deutschland. Viele also, trotzdem ist es kaum bekannt und in einigen Fällen anspruchsvoll zu behandeln. Wie bei mir. Meine Beschwerden nehmen mit den Jahren zu. Ich suche Rat bei einer Online-Praxis. Denn seit Kurzem habe ich auch "Restless Arms", auf deutsch: Unruhige Arme. Außerdem wirkt mein 24-Stunden-Pflaster nur noch 18 Stunden lang. Was soll ich tun? Die Dosis meiner Medikamente einfach erhöhen? Ein zweites Medikament einnehmen?

Die erste Hürde: einen Termin erhalten

Diese Fragen will ich in der Videosprechstunde stellen. Doch das gestaltet sich schwieriger als gedacht: Das Unternehmen Zava etwa, hat am Testtag keinen Sprechstundentermin mehr für mich frei. Fernarzt vermittelt Ärztinnen und Ärzte, die online ein Rezept ausstellen, bietet aber keine Videosprechstunde an. Doccura und viele andere verbinden mich nur mit Ärztinnen und Ärzten, deren Patient ich bereits bin. Selbst einen Termin anfragen kann ich bei diesen Plattformen nicht. Medgate verlangt für einen Termin per Videosprechstunde, dass ich in der Schweiz wohne oder Kunde einer bestimmten privaten Krankenversicherung bin. Eine Ärztin beziehungsweise einen Arzt bekomme ich schließlich bei den Unternehmen KRY und Teleclinic zu sehen.

5 Tipps für erfolgreiche Videosprechstunden

KRY: professionelle Beratung für Selbstzahler und Privatversicherte

"Sprich mit einem Arzt – wann und wo du willst." Das Versprechen von KRY ist etwas übertrieben. Ärztinnen und Ärzte sind nur von Montag bis Freitag von 7 bis 22 Uhr und an Wochenenden und nationalen Feiertagen von 8 bis 20 Uhr erreichbar. Immerhin soll man innerhalb weniger Minuten einen Termin bekommen können.

Dafür muss ich aber erst die KRY-App auf mein Smartphone laden, meine persönlichen Daten und den Behandlungsgrund eintragen, einen Termin auswählen und fest buchen. Die App verspricht, dass ich zur vereinbarten Zeit angerufen werden würde, auf Wunsch per Telefon oder Video. Ein Rezept könne an eine Apotheke meiner Wahl geschickt werden, eine Krankschreibung und die Rechnung würde man in der App hinterlegen.

Tatsächlich klingelt zwölf Minuten später exakt zum vereinbarten Termin mein Handy. Auf dem Bildschirm erscheint ein freundlicher und empathischer Internist im KRY-Poloshirt, dessen Praxis in der Stadt ist, in der ich wohne. Der Arzt kennt sich mit RLS grundsätzlich aus. Er fragt nach meinen Beschwerden, ohne es mit den Details zu übertreiben. Schließlich erhalte ich von ihm Empfehlungen für jetzt und später. Außerdem bietet er seine Unterstützung bei der Beschaffung eines Termins in der RLS-Spezialsprechstunde einer Uniklinik an.

Für die rund 15-minütige Sprechstunde an einem Wochentag ohne Rezept und Krankschreibung zahle ich per Kreditkarte 33 Euro. Samstags, sonntags und an Feiertagen wäre es etwas teurer geworden. Meine Privat-Krankenversicherung erstattet mir den Betrag, gesetzlich Krankenversicherte müssten die Sprechstunde aus eigener Tasche bezahlen.

Ich bin positiv überrascht: Sehr einfacher Anmeldevorgang bei KRY, schneller Termin professionelle, empathisch geführte Sprechstunde ohne spürbaren Zeitdruck; gute Video- und Tonqualität.

Teleclinic: Videosprechstunde ohne Zeitdruck

"Arztgespräch, Rezept und Krankschreibung in Minuten per App." Das klingt vielversprechend, stimmt allerdings nicht ganz. Denn wer länger auf der Internetseite liest, erfährt, dass die Teleclinic versucht, innerhalb von 15 Minuten einen Termin bei einer Allgemeinärztin oder einem Allgemeinarzt und innerhalb einer Woche einen Termin bei einer Ärztin oder einem Arzt der gängigsten Fachrichtungen zu vermitteln. Die rund um die Uhr erreichbare "exklusive Servicehotline" und die "garantiert" noch schnellere Terminvergabe gibt es nur mit dem Premiumservice – für den man Kunde eines Premiumpartners der Teleclinic sein muss. Ich bin keiner dieser Kunden, und was das bedeuten könnte, erfahre ich sogleich. Auch für einen normalen Termin in der Teleclinic muss ich zunächst eine App herunterladen, meine Daten und den Behandlungsgrund angeben und einen medizinischen Fragebogen ausfüllen. Dann darf ich ein Terminfenster auswählen und fest buchen.

60 Minuten und rund zwei Dutzend E-Mail-, App- und SMS-Nachrichten später hat sich niemand bei mir gemeldet. Offenbar lief doch nicht alles glatt bei der Buchung.

Als ich schon aufgeben will, ruft schließlich eine freundliche Ärztin an. Der Ton ist gut, das Videobild scharf, leider ist die meine Gesprächspartnerin nur von schräg oben und relativ klein zu sehen. Für eine Videosprechstunde empfinde ich das als nicht professionell genug.

Die Allgemeinmedizinerin ist sehr bemüht, mir zu helfen. Mit RLS kennt sie sich ein wenig aus, muss nur bei den Nebenwirkungen meiner Medikamente im Internet nachschlagen. Dafür hat die Ärztin mehrere Ideen, was mir helfen und meine Beschwerden auch langfristig verringern könnte. Für Rückfragen gibt sie mir ihre Handynummer. Für die rund 25-minütige Sprechstunde an einem Wochentag und ein Rezept, dass ich direkt an eine Partner-Apotheke schicken kann, zahle ich 38 Euro. Kostenfrei ist die Sprechstunde für Versicherte von Unternehmen, mit denen die Teleclinic einen Kooperationsvertrag hat.

Ich bin insgesamt zufrieden: Nervige, zeitraubende Buchungspannen, keine Entschuldigung der Teleclinic dafür, und ein wenig professionelles Videobild steht die Sprechstunde einer ausgesprochen engagierten und hilfsbereiten Ärztin gegenüber, die sich ohne Zeitdruck um mein Problem kümmert.

Mein Fazit

Natürlich ersetzt ein Video-Telefonat nicht den Besuch in einer echten Sprechstunde. Deshalb habe ich vom medizinischen Personal auf meinem Handybildschirm keine Lösung meines RLS-Problems erwartet. Was ich wollte, war ein kompetenter ärztlicher Rat, der mir bis zu meinem nächsten Besuch beim Neurologen hilft – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und das genau habe ich bei KRY und in der TeleClinic bekommen.

Sicher, hier und da kann es noch haken, etwa bei der Terminbuchung oder der Bildqualität. Und manche Aussagen auf den Internetseiten der anbietenden Unternehmen sind sehr optimistisch. Beratung sofort – das funktioniert eben nicht immer, denn auch Online-Doktores haben in diesen Tagen sehr viel zu tun. Dass man für viele Videosprechstunden Patient oder Patientin in einer festen ärztlichen Praxis ein muss, werte ich positiv: Je länger sich die Beteiligten kennen, desto besser. Genau das werde ich auch meinem Neurologen erzählen, vielleicht richtet er ja auch eine Video-Sprechstunde ein.