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Männer betrachten sich gerne als das starke Geschlecht. Dabei sind ihnen Frauen in einigen Bereichen weit überlegen. Zum Beispiel in Sachen Lebenserwartung: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes überleben Frauen in Deutschland ihre Männer durchschnittlich um etwa fünf Jahre. Im Rest der Welt sieht es auch nicht viel besser aus: In fast allen Ländern sterben die Männer früher. In Schweden leben sie nach Angaben der OECD nur vier Jahre kürzer, in Ungarn treten sie ganze acht Jahre früher ab – wie gesagt: im Durchschnitt.

Biologische und soziale Faktoren als Ursache

"Bei diesem Unterschied spielen biologische und nicht-biologische Faktoren eine Rolle", sagt Demografieforscher Marc Luy vom Vienna Institute of Demography. Wie stark sich die einzelnen Gründe auf die Lebenserwartung auswirken, ist allerdings unklar.

Vor allem bei den biologischen Körpervorgängen – die möglicherweise den Frauen ein längeres Leben bescheren – sind Forscher bislang auf Vermutungen angewiesen. Wahrscheinlich spielt das X-Chromosom dabei eine Rolle. Davon enthält das männliche Erbgut nur eines, Frauen besitzen dagegen zwei. Zwar ist in den Zellen jeweils nur eines aktiv, doch falls dieses beschädigt wird, haben Frauen noch einen Ersatz parat, über den Männer nicht verfügen. Das könnte vor bestimmten Krankheiten schützen.

"Es spricht einiges dafür, dass das zweite X-Chromosom Frauen zu einer höheren Lebenserwartung verhilft. Allerdings gibt es noch keine wissenschaftliche Beweise dafür", sagt Professor Christoph Englert vom Leibniz-Institut für Altersforschung in Jena. Das Gleiche gilt für die Theorie, der zufolge der unterschiedliche Hormonhaushalt die Lebenserwartung zugunsten der Frauen beeinflusst.

Risikofaktoren: Alkohol, fettiges Essen, Stress

Eindeutiger ist, wie sich der Lebenswandel auf das Sterberisiko auswirkt. Der durchschnittliche Mann trinkt im Vergleich zur Frau mehr Alkohol, raucht mehr Zigaretten, ernährt sich ungesünder und ist häufiger in Verkehrsunfälle verwickelt. Kurz: Er lebt insgesamt riskanter. Zudem achten Männer weniger auf ihre Gesundheit, gehen seltener zu Vorsorgeuntersuchungen. Matthias Stiehler von der Deutschen Gesellschaft für Mann und Gesundheit empfiehlt den männlichen Vorsorgemuffeln deshalb, mehr auf den eigenen Körper zu achten.

Das Geschlechtshormon Testosteron könnte dafür verantwortlich sein, dass Männer sich oft aggressiver und risikofreudiger verhalten. Gesellschaftliche Erwartungshaltungen und nach wie vor bestehende Rollenbilder dürften aber ebenfalls einen Anteil haben. "Männer lernen früh, dass sie bestimmte Erwartungen zu erfüllen haben", sagt Gesundheitsforscher Stiehler. Das führt unter anderem dazu, dass sie den Körper als Instrument betrachten, das zu funktionieren hat – und oft wenig pfleglich damit umgehen.

Klosterstudie: Mönche leben ähnlich lang wie Nonnen

Doch welchen Anteil an den verschiedenen Lebenserwartungen haben biologische Faktoren, welchen die sozialen? Um dieser Frage nachzugehen, begibt man sich am besten an einen Ort, an dem Männer und Frauen unter weitestgehend denselben Umständen leben – ins Kloster. Luy verglich deshalb in einer Studie die Lebensdaten 11.980 Mönchen und Nonnen. Die Geistlichen kamen überwiegend aus bayerischen Klöstern und hatten zum großen Teil im 20. Jahrhundert gelebt. Im Kloster, so die These, sollten soziale Faktoren kaum eine Rolle spielen. Unterschiedliche Lebenserwartungen zwischen den Geschlechtern wären also überwiegend auf biologische Ursachen zurückzuführen.

Tatsächlich lebten die Mönche in der Studie im Durchschnitt länger als ihre Geschlechtsgenossen außerhalb der Klostermauern und erreichten ein ähnlich hohes Alter wie ihre frommen Ordensschwestern. Im Kloster schrumpfte der Unterschied auf gerade einmal ein Jahr, das die Männer kürzer lebten. "Biologische Unterschiede scheinen also nur eine geringe Rolle zu spielen", folgert Demografieforscher Luy.

Lebenserwartungen: Männer holen auf

Diese These scheint zu untermauern, dass mit der zunehmenden Gleichberechtigung von Mann und Frau auch die Lebenserwartungen sich angleichen. Seit dem Höhepunkt in den 1980er Jahren, als deutsche Frauen im Schnitt über sechs Jahre länger lebten, holen Männer allmählich auf. Mittlerweile sind es nur noch fünf Jahre – Tendenz sinkend.

Was in Klostern gang und gäbe ist, findet seit einigen Jahrzehnten also auch im Rest der Gesellschaft statt. Trotzdem bleibt es fraglich, ob die Männer jemals vollständig aufholen werden. Nichtsdestotrotz können sie mit Hilfe ihrer Frauen ihre persönliche Lebenserwartung ein wenig aufbessern. Verheiratete Männer leben im Durchschnitt länger als ihre bindungsunwilligen Geschlechtsgenossen. Vermutlich gewöhnen Sie sich durch ihre Partnerinnen einen gesünderen Lebensstil an.