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Viele Menschen freuen sich auf den Ruhestand, weil sie dann endlich mehr Zeit für ihre Hobbys haben. Die große Mehrheit der deutschen Seniorinnen und Senioren geht regelmäßig mindestens einer Freizeitaktivität nach. Am beliebtesten sind laut Umfragen Spazierengehen, Lesen, Sport und Gartenarbeit. Hinzu kommt ein breites Spektrum seltener Hobbys, von Bierbrauen über Modellbau bis Zaubern. Ob im Team oder allein, drinnen oder draußen, sportlich oder eher ruhig – es gibt zahlreiche Möglichkeiten.

Hobbys gelten meist nur als Zeitvertreib, tragen jedoch erheblich zu Gesundheit und Wohlbefinden bei: Wie eine Untersuchung aus Großbritannien zeigte, fühlen sich Ältere, die ein Hobby pflegen, gesünder und zufriedener. Und sie sind seltener depressiv gestimmt als Altersgenossen ohne Hobbys. Diese Zusammenhänge sind von anderen Faktoren wie Partnerschaft oder Einkommen unabhängig. Für die Analyse verglich das Forschungsteam Studien aus den USA, Japan, China und Europa, an denen insgesamt mehr als 93 000 Menschen über 65 Jahren teilgenommen hatten. In Deutschland gaben 91 Prozent der befragten Seniorinnen und Senioren an, ein Hobby zu haben – noch höher waren die Zahlen nur in Dänemark, Schweden und der Schweiz. „Hobbys fördern die körperliche, geistige und soziale Beweglichkeit, denn sie ermöglichen positive Erfahrungen – und die sind für Kopf und Körper gut“, sagt die Psychologin Prof. Susanne Wurm, Leiterin der Abteilung für Präventionsforschung und Sozialmedizin der Universitätsmedizin Greifswald.

Wer aktiv bleibt, fühlt sich jünger

Wir haben nicht nur ein tatsächliches, sondern auch ein gefühltes Alter. „Wer sich Ziele setzt, sein Leben mit interessanten Erlebnissen füllt und positive Erfahrungen macht, fühlt sich oftmals jünger“, so die Expertin. Und dieses Sich-jünger-Fühlen sei Studien zufolge mit besserer Gesundheit und längerem Leben verbunden. Gefördert werde eine solche Einstellung durch ein verlängertes Berufsleben, die Betreuung von Enkelkindern, freiwilliges Engagement – oder eben Hobbys.

Ein besonders wichtiger Aspekt dabei ist, dass man immer noch etwas dazulernt. „Kein Hobby wird je komplett zur Routine. Zum Beispiel probiert eine Golfspielerin auch nach 40 Jahren Golfpraxis noch neue Plätze aus, spielt mit anderen Partnern oder verbessert ihre Technik“, sagt Susanne Wurm und betont: „Auch in hohem Alter können wir Neues lernen. Dadurch werden kognitive Reserven gestärkt, die Abbauprozessen im Hirn entgegenwirken können.“

Anstupser für Leseratten

Auch wer voller Freude neue Strickmuster ausprobiert oder Schachprobleme löst, tut etwas für seine Gesundheit. Noch gesünder sind Aktivitäten, die mit Bewegung verbunden sind. Dass schon regelmäßiges Spazierengehen die Risiken für Krankheiten wie Typ-2-­Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz deutlich senkt, ist durch viele Studien bestätigt. Susanne Wurm empfiehlt Leseratten und Bastlern deshalb, sich zusätzlich regelmäßig zu bewegen – allein oder, noch besser, zusammen mit anderen.

Gemeinsame Aktivitäten, beispielsweise in einem Verein, sind eine Bereicherung, weil sie die Möglichkeiten bieten, sich mit anderen auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen. Sogar die Partnerschaft könne von Hobbys profitieren, meint Prof. Dr. Michael Vogt von der Hochschule Coburg. Der Ehe- und Familientherapeut ist auf Paarberatung für ältere Menschen spezialisiert. „Je länger Menschen zusammenleben, desto mehr verlernen sie, einander Fragen zu stellen, weil sie die Antwort schon zu kennen glauben“, sagt Vogt. Gerade bei älteren Paaren, die praktisch den ganzen Tag zusammen verbringen würden, verebbe oft die Kommunikation. Dabei seien eigene Interessen wichtig, um etwas Neues in die Beziehung geben zu können. Dadurch bleibe die Partnerschaft lebendig.

Wichtig: der Spaßfaktor!

Gemeinsame Hobbys könnten sich ebenfalls positiv auf die Beziehung auswirken: „Aber nur, wenn wirklich beide daran Spaß haben“, sagt Vogt. So ist ein Tanzkurs zwar aus Sicht der Präventionsforschung das perfekte Hobby, weil er Bewegung mit Lernen und sozialem Austausch verbindet. Doch wenn etwa der Mann ein Tanzmuffel ist und nur seiner Frau zuliebe mitmacht, leidet auf Dauer die Beziehung.

Laut Susanne Wurm müssen Hobbys vor allem Spaß machen – und zur Person passen. „Wir stellen immer wieder fest: Wer noch nie Lust auf Gymnastik hatte und nur hingeht, weil es der Arzt empfohlen hat, hört nach Kursende meist schnell wieder auf“, sagt die Gerontologin.

Sie wollen auf Hobbysuche gehen? Dann knüpfen Sie lieber an gute Erfahrungen oder Erinnerungen aus der Vergangenheit an – oder verwirklichen Sie lang gehegte Träume. Expertin Wurm: „Warum soll man nicht noch mit 90 Jahren Klavier lernen, wenn man sich das schon immer gewünscht hat?“ Viel zu oft würden sich ältere Menschen selbst begrenzen. Das Umfeld trage häufig ebenfalls einen Teil dazu bei. Doch auch, wenn unsere Gesellschaft das Alter vor allem mit Verlusten verbindet: Es bietet sehr viele Chancen. Man muss sie nur ergreifen.

Dietrich Müller, 83, Stuttgart

„Wir kannten uns ja alle, deshalb habe ich es einfach ausprobiert“

Schon als Kind war ich sehr musik­begeistert und habe drei Instrumente gelernt. Profimusiker wollte ich nie sein, aber während meines Lehramtsstudiums Latein und Sport habe ich aus Interesse auch ein paar Semester Musik studiert. Später habe ich an meinem Gymnasium Geigenunterricht gegeben. Nach einem Schülervorspiel hatten Eltern die Idee, ein Laienorchester zu gründen, das ich dirigieren sollte – das Johannes-­Kepler-Sinfonieorchester Stuttgart. Mit einem fertigen Orchester hätte ich mir das nicht zugetraut. Aber weil wir uns ja alle kannten, habe ich es einfach ausprobiert! Ich habe viel aus Büchern gelernt und Unterricht bei einem Profi-Dirigenten genommen, der mich zuerst ganz schön zur Schnecke gemacht hat. Aber es wurde immer besser. Mittlerweile leite ich das Laienorchester seit 35 Jahren. Ein Musikstück kann ganz unterschiedlich klingen, je nachdem, in welchem Tempo es gespielt wird und welche Instrumente hervortreten. Wenn ich die Partitur lese, höre ich die Musik in meinem Kopf. Zweimal im Jahr geben wir auch Konzerte. Es ist ein wunderbares Gefühl, wenn sich alle zusammen über das Ergebnis freuen!

Barbara Schulz, 66, Remseck am Neckar

„Wenn ich nach dem Training nach Hause komme, bin ich völlig ­entspannt“

Vor zehn Jahren hatte ich eine komplizierte Fußoperation. Ich war immer sportlich, aber alles, wofür man seine Füße braucht, von Tanzen über Nordic Walking bis Skifahren, ging damals nicht mehr. Aqua-Fitness hat mir die Bewegung wiedergegeben. Ich habe bis Ende letzten Jahres als Apothekerin gearbeitet und interessiere mich natürlich dafür, wie Sport auf den Körper wirkt. Mit den vielfältigen Übungen im Wasser trainiert Aqua-Fitness den Kreislauf und die Muskulatur des ganzen Körpers, ohne Knochen und Gelenke zu belasten. Der Kurs im Verein „Schwimmfreunde Hegnach“ hat mir von Anfang an so viel Spaß gemacht, dass ich dabeige­blieben bin, auch als mein Fuß geheilt war. Was ich richtig toll finde: Wenn ich danach nach Hause komme, bin ich völlig entspannt und schlafe sehr gut. Offene Aqua-Fitness-Angebote in Heilbädern habe ich auch ausprobiert, aber da geht es meist nicht so sportlich zu wie in unserem Kurs, bei dem auch viele Jüngere mitmachen. Wir kennen uns jetzt schon lange und es ist schön, bei den ruhigeren Übungen ein bisschen zu plaudern.

Peter Kempa, 62, Willich

„Es macht mir viel Spaß, kreativ mit den Händen zu arbeiten“

Wenn ich mit Helm, Gesichtsmaske und Gehörschutz die ersten Schnitte ins Holz setze, tauche ich in eine andere Welt ein. Die Zeit vergeht von selbst, das geht schon fast in Richtung Meditation! Bereits seit etwa 15 Jahren mache ich Holzskulpturen mit der Kettensäge. Manche verschenke oder verkaufe ich, andere behalte ich selbst. Auch viele unserer Möbel habe ich selbst gebaut, zum Beispiel Kleiderschränke. Das meiste habe ich mir allein beigebracht. Es macht mir ungeheuer viel Spaß, kreativ mit den Händen zu arbeiten, auch als Ausgleich zu meinem Schreibtischjob in der technischen Planung eines Kommunikationskonzerns. Skulpturen zu gestalten ist natürlich anders, als Möbel zu bauen. Ich lasse mich von den natürlichen Strukturen leiten – das ist wie ein Gespräch mit dem Holz. Inzwischen habe ich sieben verschiedene Kettensägen, mit denen ich Stämme zerteilen, aber auch ganz filigran das Holz bearbeiten kann. Das Material geht mir so schnell nicht aus: Wir wohnen auf dem Land, und wenn irgendwo ein Ast runterkommt, bringen die Nachbarn ihn mir vorbei.


Quellen:

  • Mak H, Noguchi T, Bone J et al. : Hobby engagement and mental wellbeing among people aged 65 years and older in 16 countries. nature medicine: https://www.nature.com/... (Abgerufen am 05.02.2024)
  • Statista: Welche Aktivitäten führen sie täglich aus? . Online: https://de.statista.com/... (Abgerufen am 05.02.2024)
  • Malteser : Leben und Einsamkeit im Alter. Online: https://www.malteser.de/... (Abgerufen am 05.02.2024)
  • Informationsdienst Wissenschaft : Schalter fürs Alter: Deutlich länger leben ohne Wunderpille und Anti-Aging. Online: https://idw-online.de/... (Abgerufen am 05.02.2024)
  • Wurm S, Schäfer S K: Gain- but not loss-related self-perceptions of aging predict mortality over a period of 23 years: A multidimensional approach.. Journal of Personality and Social Psychology: https://psycnet.apa.org/... (Abgerufen am 05.02.2024)
  • Statista : Generation 60plus in Deutschland zu beliebtesten Freizeitaktivitäten (mindestens einmal im Monat) in Deutschland im Jahr 2021 . Online: https://de.statista.com/... (Abgerufen am 20.02.2024)