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„Der Strohhut ist immer ein Thema“

Ein Grund, warum ich das Bild ,Mädchen unter Bäumen‘ von August Macke gerne zeige: Es ist groß – 1,20 mal 1,60 Meter. So können es auch Teilnehmer ­betrachten, die schlechter sehen. Was ­immer sofort auffällt, ist der Hut. ­Daher habe ich mir so einen besorgt. ­Darüber entstehen dann ­Gespräche, etwa dass man früher ohne Hut nicht aus dem Haus gegangen ist. Zu diesem sommerlichen Bild nehme ich oft auch weitere passende Gegenstände wie getrocknete Blumen mit. Oder ich spiele Musik. Es ist wichtig, dass die Besucher mit Demenz ­erleben, was sie noch alles können: riechen, hören oder über ihre Erlebnisse berichten zum Beispiel.“

Ruth Lobenhofer ist Kunsthistorikerin in München. Das Projekt KunstZeit gibt es dort an mehreren Museen. Infos zu den Führungen in der Pinakothek der Moderne:
a-u.de/+qr1056907

„Viele erinnern sich an eigene Spiele“

Mir ist es wichtig, dass das Bild an die Lebenswelt und -­geschichte der Menschen mit Demenz ­anknüpft. Ich versuche, keine ­Bilder auszuwählen, die ein ­ungutes Gefühl hervorrufen könnten. Zwar kann man auch mit unverfänglichen Motiven ­unangenehme Emotionen auslösen, doch dieses freundliche, helle Bild weckt bei den meisten positive Erinnerungen. Tatsächlich wirkt das von Blumen umgebene Kind im Bild ,Kinderland‘ von Martha Cunz auf viele der Teilnehmenden behütet. Die Gespräche drehen sich um Kindheit und Natur. Viele erinnern sich, dass sie früher selbst mit Pflanzen wie dem ­Löwenzahn gespielt haben.“

Kerstin Rilling ist Leiterin der Kunstvermittlung am Kunstmuseum Reutlingen. Dort gibt es ­wöchentlich Führungen für ­Betroffene von ­Demenz:
a-u.de/+qr1056913

„Die Farbe hat eine beruhigende Wirkung“

Das Bild ,Blumen und Keramik‘ von Henri Matisse zeige ich bei Führungen zum Thema ‚Blau‘. Die Farbe hat eine beruhigende Wirkung. Mir ist es wichtig, Werke auszuwählen, die nicht unruhig machen. Interessant finde ich, dass in dem Bild neben dem Blumentopf auch abstrakte Motive zu sehen sind. Hier entsteht eine gleichberechtigte Situation zwischen den demenzerkrankten Teilnehmern und ihren Begleitpersonen. Alle rätseln, worum es sich dabei handeln könnte, und es werden unterschiedliche Theorien geäußert: Ist die grüne Kugel der Mond? Handelt es sich um einen Blick durch ein Fenster? Das sorgt für Gesprächsstoff!“

Dr. Chantal Eschenfelder leitet die Kunstvermittlung im Städel Museum in Frankfurt am Main. Das Projekt Artemis richtet sich an Demenzerkrankte und Angehörige: a-u.de/+qr1056921


Quellen: