Kräftig zupacken
Vielleicht fängt es damit an, dass es immer schwieriger wird, Schraubverschlüsse zu öffnen. Oder die Finger sind nach dem Aufwachen unglaublich steif und schmerzen. Hinter Problemen mit den Händen können verschiedene Ursachen stecken. Und obwohl jede Krankheit anders behandelt wird, gibt es eine Gemeinsamkeit: Patientinnen und Patienten können selbst aktiv werden und mit gezielten Stärkungs-, Mobilisations- oder Entspannungsübungen ihre Therapie unterstützen.
Deshalb haben wir für Sie einige solcher Übungen zusammengestellt. Sie alle stammen von der zertifizierten Handtherapeutin Natascha Weihs, Leiterin der Handtherapie am Rhön-Klinikum in Bad Neustadt. „Es sind einfache, aber effektive Übungen. Wer sie regelmäßig ausführt, merkt eine Verbesserung“, sagt Weihs. Dabei gilt: „Immer auch auf den Körper hören: Wer beispielsweise gerade einen akuten rheumatischen Schub und starke Schmerzen hat, sollte pausieren.“
Bereitet eine Hand Probleme, sollten Sie grundsätzlich erst mit Hausärztin oder -arzt sprechen. Rechtzeitig behandelt, lassen sich schwere Verläufe ausbremsen und Lebensqualität erhalten. Im Folgenden stellen wir die häufigsten Krankheiten vor, ein Chirurg und eine Handtherapeutin ordnen sie ein. Dazu erfahren Sie, welche der Übungen auf Seite 18 und 19 sich jeweils eignen.
Karpaltunnelsyndrom
Was ist das? Der Mittelhandnerv im Handgelenkstunnel ist eingeklemmt. Das typische Anzeichen für das Syndrom: Die Hände schlafen ein, vor allem nachts und in den Morgenstunden. Bei stärkerer Ausprägung kann es auch zu ständigen Kribbel-Missempfindungen der Finger und Daumen kommen.
Natascha Weihs (Handtherapeutin):„Die Muskulatur des ganzen Arms sollte sich durch Dehnübungen entspannen. Dazu können Handübungen im warmen Wasser lindernd wirken.“
Dr. Sami Khoudeir (Handchirurg, Orthopäde und Unfallchirurg aus Erlangen): „Im Anfangsstadium wird mittels nächtlicher Lagerungsschiene behandelt. Beim Voranschreiten kann man das ringförmige Karpalband mit einem minimalinvasiven Eingriff unter örtlicher Betäubung durchtrennen. So wird die Engstelle beseitigt.“
Rheuma
Was ist das? Hinter dem Begriff „Rheuma“ versteckt sich meist die rheumatoide Arthritis. Diese Autoimmunerkrankung greift körpereigene Strukturen in den Gelenken an und zeichnet sich durch entzündete, geschwollene und schmerzende Gelenke aus, die sich
vor allem morgens schwer bewegen lassen. Ohne Behandlung breitet sich die Entzündung immer weiter aus und es kommt unter anderem zu Verformungen der Gelenke. Eine frühzeitige Diagnose mit anschließender Behandlung ist daher äußerst wichtig.
Natascha Weihs: „Vor allem anfangs sind leichte Lockerungsübungen wohltuend. Je nach Stadium sollten die Übungen aber individuell angepasst werden. Denn gerade Kraftübungen sollten von Experten begleitet werden, um Fehlstellungen zu vermeiden.“
Dr. Sami Khoudeir: „Die frühzeitige medikamentöse Behandlung durch den Rheumatologen ist der wichtigste Therapieansatz. Reichen Medikamente nicht aus, kann die Gelenkinnenhaut operativ oder chemisch mittels Spritzen entfernt werden. Bestehen schwere Fehlstellungen, können komplexe Operationen mit oder ohne Gelenkersatz nötig werden, damit die Hand wieder benutzt werden kann.“
Finger- und Handgelenksarthrose
Was ist das? Als Arthrose bezeichnet man den Abbau von Knorpelschichten, die an den Kontaktflächen zwischen den Gelenken dafür sorgen, dass diese sich gut bewegen lassen. Gelenke in Händen und Fingern sind besonders anfällig dafür. In den Fingern gibt es verschiedene Formen
der Arthrose, zum Beispiel die Bouchard-Arthrose und die Rhizarthrose (am Daumensattelgelenk). Erste Symptome sind steife Finger am Morgen. Später kommen Schmerzen, auch in Form von Stechen
und Pochen, hinzu. Die Handgelenksarthrose geht häufig mit Schmerzen beim Beugen, Strecken und Umdrehen der Hand einher.
Natascha Weihs: „Tägliche Übungen helfen. Die ersten Bewegungen tun vielleicht weh, aber wenn man in Gang kommt, wird es besser. Ähnlich wie bei Rheuma tut Patienten mal Wärme, mal Kälte gut. Ein warmes Paraffinbad aus der Apotheke kann sehr angenehm sein.“
Dr. Sami Khoudeir: „Die Therapien sind vielfältig und beinhalten insbesondere anti-entzündliche Schmerzmittel, Physiotherapie und Schienen. Operativ kommt die Versteifung vor allem der Fingerendgelenke infrage. Sogenannte Silikonplatzhalter können Mittel- und Grundgelenke ersetzen. Am Daumensattelgelenk wird zumeist das große Vieleckbein entfernt. Am Handgelenk erfolgt häufig eine (Teil-)Versteifung. Hierfür ist immer ein Spezialist gefragt.“
Dupuytren-Kontraktur
Was ist das? Eine gutartige Erkrankung des Bindegewebes, die mit Knotenbildung in den Handflächen beginnt und sich durch Stränge auch in die Finger fortsetzen kann. Mit zunehmendem Krankheitsverlauf ziehen sich die Finger immer mehr zusammen und lassen sich dann nicht mehr vollständig strecken. Eine sogenannte Klauenstellung der Hand kann die Folge sein.
Natascha Weihs: „Hier hilft nur eine Operation. Direkt danach geht es aber
mit spezieller Physiotherapie los, damit sich die Finger nicht wieder krümmen. Auch eine individuell angefertigte Handschiene für nachts hilft gegen einen Rückfall.“
Dr. Sami Khoudeir: „Die Dupuytren-Kontraktur ist nicht heilbar, also wird im Anfangsstadium erst einmal abgewartet.
Bei schweren Ausprägungen erfolgt die operative Entfernung des narbig veränderten Gewebes.“
Sehnenscheidenentzündung
Was ist das? Sehnenscheiden sind Schutzhüllen, die das Gleiten der Sehnen über die Knochen erleichtern. Bei ungewohnten oder häufigen Bewegungen werden sie durch die mechanischen Belastungen und Fehlhaltungen stark beansprucht, können anschwellen und sich entzünden. Sehnenscheidenentzündungen treten vor allem an den Handgelenken auf. Die Finger schmerzen stark, sind nur eingeschränkt beweglich. Auch der sogenannte Schnappfinger ist typisch.
Natascha Weihs: „Ganz wichtig ist, dass die Hand trotzdem sanft bewegt wird. Langsam herantesten, welche Bewegungen möglich sind. Sind die Schmerzen ganz akut, sollte die Hand aber mit einer Schiene ruhig gestellt werden.“
Dr. Sami Khoudeir: „Sind mehrere Sehnen betroffen, kommen Schienen zur Ruhigstellung, Physiotherapie und entzündungshemmende Schmerzmittel in Betracht. Der Schnappfinger kann einmalig angespritzt werden, ansonsten ist die Spaltung des (einengenden) Bands der Goldstandard.“
Quellen:
- Weihs, Natascha: Gesunde und starke Hände, Beschwerden lindern, Beweglichkeit erhalten - Mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen. Herbig Franckh-Kosmos: https://www.kosmos.de/... (Abgerufen am 02.01.2024)