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Zwischen Ihnen und Ihrem Partner knistert es noch wie in den ersten Tagen ­Ihrer Liebe? Gemein­sam erleben Sie ­erotische Höhenflüge? Wunderbar. Vermutlich ge­hören Sie dann zu denjenigen, die über ihre Lust sprechen und Wünsche miteinander teilen. In ­vielen Schlafzimmern herrscht jedoch eher Schwei­gen, sagt Patricia Marnet, Psychologische Psychotherapeutin mit eigener Praxis für Psycho- und Sexualtherapie in Ludwigs­hafen. Missverständ­nisse sind dann vorprogrammiert. Ein sensibles Thema.Umso mehr, wenn wegen einer Diabeteserkrankung manche Dinge im Bett nicht reibungslos funktionieren.

Teufelskreis des Versagens

Etwa weil die Erregbarkeit und Sensibilität diabetesbedingt gestört sind. Leiden Männer zum Beispiel an Erektionsstörungen, kann dies zu Versagensängsten führen. Die machen die ohnehin schwierige Situation noch schwieriger, meint Marnet: „Männer fühlen sich dann häufig als schlechte Liebhaber und sind demzufolge mit ihrer Aufmerksamkeit bei der Erektion ihres Penis und nicht bei sinnlich-erotischen Eindrücken.“ Daraus folgen Gedanken wie „Es wird bestimmt wieder nicht klappen“. Die Expertin erklärt, was dann passiert: „Durch Angst und Anspannung wird der Teil des autonomen Nervensystems aktiviert, den man Sympathikus nennt. Der Körper bereitet sich auf Flucht oder Kampf vor. Folglich lässt die Erektion nach oder bleibt ganz aus.“ Wenn Mann sich dann zurückzieht, fühlt Frau sich nicht mehr attraktiv und geliebt. Entsprechend wichtig ist das gemeinsame Gespräch über Sexualität. „Wenn Paare darüber sprechen würden und vor allem genug Informationen haben, was da im Körper konkret passiert, dann wissen sie auch, sie müssen es nicht persönlich nehmen.“ Sinnvoll ist eventuell auch, mit dem Arzt oder der Ärztin zu reden, um krankheitsbedingte Ursachen gegebenenfalls zu beheben (siehe Seite 55).

Probleme im Bett benennen

Für Frauen wiederum kann Geschlechtsverkehr schmerzhaft oder unangenehm sein, etwa wenn die Scheide hormonell bedingt nicht ausreichend feucht wird. Oder auch als Folge eines schlecht eingestellten Blutzuckers. Hohe Spiegel führen zu Flüssigkeitsverlust, trocknen die Haut und somit die Schleimhäute aus. Die ­häufige Konsequenz: Die Frau versucht, den Sex zu vermeiden, statt dem Partner zu sagen, was eigentlich los ist. Egal, wer schweigt: Das Resultat ist eine angespannte Paarsituation, die sich im Streit über Erziehung, Haushalt oder Finanzen zeigen kann. „Die eigentliche Ursache bleibt aber unausgesprochen“, sagt die Expertin. Zudem scheinen sich mit Sex für viele Männer die Probleme zu lösen. Das unterscheidet sie häufig von Frauen. Marnet: „Sie wünschen sich eher einen liebevollen Partner, der sich ihnen zuwendet und vermittelt: Du bist mir wichtig.“ Das ist oft die Voraussetzung, um überhaupt Lust zu entwickeln.

Bedienungsanleitung für mich

Aber keinem Menschen steht auf der Stirn geschrieben, was er sexuell mag und was nicht, welche Körperstellen empfindsam sind, welche Berührungen Lust bereiten. Kommunizieren kann man seine eigenen Wünsche jedoch nur, wenn man sich über diese im Klaren ist. Da könne es helfen, wenn man sich selbst bereits erkundet hat, meint Patricia Marnet: „Bevor man im Duo Klavier spielt, ist es gut, wenn man schon mal alleine geübt hat.“ Das gelte für Männer wie für ­Frauen. Das Gespräch, in dem man seine Wünsche in Worte fasst, sollte auf jeden Fall so stattfinden, dass man „in Ruhe, ohne Zeitdruck und unter Ausschaltung aller Störfaktoren reden kann“, betont Marnet. Heißt: kinderfreie Zeit, Klingel aus, Handy aus.

Die Expertin rät, über folgende Fra­gen ins Gespräch zu kommen: Was ist mir in unserer sexuellen Bezieh­ung so wertvoll, dass ich es pflegen möchte? Was ist so überflüssig und unangenehm, dass ich es lieber loswerden möchte? Und: Was möchte ich Neues mit dir entdecken? Der Diabetes kann dabei mitgedacht werden, er sollte aber nicht als Einschränkung angesehen werden.

Aufeinander zugehen

Auch Kompromisse im Bett ­seien möglich, so Marnet. Nach dem Motto: Heute so, wie ich es mag, und nächstes Mal, wie du es magst. „Das hat viel mit Zuneigung zu tun. Man kann seinem Partner ja auch mal einen Gefallen tun und sagen: Ich schenke dir das heute.“ Wichtig
dabei: die eigenen Grenzen und die des Partners oder der Partnerin
respektieren. Um das Liebesleben zu beleben, kann es auch lohnen, das Repertoire zu erweitern. ­Trauen Sie sich auszusprechen, was Sie gern einmal ausprobieren würden. Denn Gespräche schaffen Nähe. Der Rest ergibt sich oft von ganz allein, weil, so sagt man, Sex zwischen den Ohren beginnt.


Quellen: