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„Mit Probiotika lässt sich die Darmflora aufbauen.“

Was wir sicher wissen: Das Mikrobiom von Menschen mit Typ-2-Diabetes sieht anders aus als das von Gesunden. Manche Bakterienarten kommen bei Ersteren zum Beispiel seltener vor. Daher liegt die Vermutung nahe, dass es helfen könnte, diese Bakterien extra zuzuführen, zum Beispiel als Kapseln oder Probiotikapulver. Auch Milchprodukte enthalten manchmal eine Extraportion „gute“ Bakterien und werben sogar damit. Der Nutzen wurde in einigen Studien untersucht. Und es ließ sich auch nachweisen: Es kann einen kleinen ­Effekt haben, wenn Menschen mit Diabetes Probiotika einnehmen. Das gilt aber nur für Produkte in Kapsel- oder Tablettenform. Und der Langzeit-Blutzuckerwert (HbA1c) sank nur um durchschnittlich 0,55 Prozentpunkte. Allerdings haben die Studien, die dies zeigten, teilweise erhebliche methodische Mängel. Es lässt sich also zusammenfassen: Die Probiotika-Effekte auf den Blutzucker waren gering und die Studien nicht gut genug gemacht. Daher kann man den Ergebnissen nur bedingt glauben. Kann man damit nun eine wirkliche Empfehlung für den Probiotika-Einsatz bei Menschen mit Typ-2-Diabetes aussprechen? Aktuell eher nicht. Das könnte sich aber in naher Zukunft mit noch mehr Erkenntnissen aus der Forschung und besser gemachten Studien ändern.

„Den Darm sanieren tut gut.“

Es existieren viele verschiedene Anleitungen mit noch verschiedeneren Methoden zu Darmsanierungen, die man selbst zu Hause durchführen kann. Bei manchen werden natürliche Abführmittel wie Rizinusöle und Glaubersalz empfohlen. Andere propagieren Kombinationen aus den Stuhl lockernden Ballaststoffen wie Flohsamenschalen zusammen mit Mineralien und Probiotika. Da so viele verschiedene Methoden für eine „Sanierung“ beschrieben werden, lässt sich auch nur wenig über ihren tatsächlichen Nutzen sagen. Ein Forschungsteam untersuchte allerdings die Abführmethoden, wie sie vor Darmspiegelungen durchgeführt werden. Das Ergebnis: Diese bringen alle Bakterien im Darm für einige Wochen gehörig durcheinander. Allerdings steht bei diesen Abführmaßnahmen auch der saubere Blick auf die Darmschleimhaut im Mittelpunkt. Nur so lässt sich zum Beispiel eine Darmkrebsvorsorge durchführen. „Einfach so“ sollte man daher eine Darmsanierung zu Hause nicht durchführen: Dem Mikrobiom würde sie mehr schaden als nützen.

„Eine Mikrobiomanalyse ist sinnvoll.“

Bis zu 300 Euro kann so eine Analyse kosten. Dennoch macht sie kein bisschen schlauer, selbst wenn dabei teilweise die Bakterienarten genetisch bestimmt werden. Denn welche Bakterien welche Aufgaben übernehmen – und wie sich das auf die Gesundheit auswirkt –, kann von Mensch zu Mensch variieren. Daher macht auch eine Einteilung in „gute“ und „schlechte“ Bakterien des Mikrobioms, wie manche Analysen sie vornehmen, keinen Sinn. Wenn man feststellt, dass die Vielfalt der Bakterienarten eingeschränkt ist, kann eine ballaststoffreiche, ausgewogene Ernährung dem entgegenwirken – diese ist aber für alle Menschen empfehlenswert. Zurzeit sind Mikrobiomanalysen noch nicht sinnvoll, weil sich daraus keine praktischen Konsequenzen ziehen lassen.

„Mit Präbiotika lässt sich das Mikrobiom füttern.“

Für Menschen mit Diabetes macht es wenig bis keinen Sinn, Bakterien von außen zuzuführen. Man kann aber das eigene Darmmikrobiom unterstützen, indem man es mit sogenannten Präbiotika richtig „füttert“. Als Präbiotika werden für Menschen unverdauliche Kohlenhydrate bezeichnet, auch als Ballaststoffe bekannt. Sie finden sich vor allem in Gemüse, Vollkornprodukten oder Obst. Inulin ist einer dieser Ballaststoffe, der zum Beispiel in vielen Gemüsen enthalten ist und den etwa Bifidobakterien sehr gern mögen. Glücklicherweise unterstützt eine Ernährung, wie sie bei Diabetes empfohlen wird, gleichzeitig auch das Mikrobiom optimal. So sind viele Ballaststoffe, pflanzliche Eiweiße (zum Beispiel aus Hülsenfrüchten) sowie wenig Salz, Fett und Zucker für die Darmbakterien ideal. Ausgewogene Ernährung tut damit nicht nur den Zuckerwerten gut, sondern auch den Darmbakterien.

Fachliche Beratung: Prof. Dr. Maria Vehreschild, Leiterin der AG Klinische Mikro­biomforschung an der Universitätsklinik Köln und der Infektiologie der Universitätsklinik Frankfurt


Quellen:

  • Julia Harlfinger: Probiotika, Schneller gesund bei Durchfall?. Online: https://medizin-transparent.at/... (Abgerufen am 16.08.2023)
  • Gießelmann, Kathrin: Probiotika: Nicht immer von Vorteil. Dtsch Arztebl: https://www.aerzteblatt.de/... (Abgerufen am 16.08.2023)
  • Springer Medizin: Darmreinigung bringt die intestinale Flora nachhaltig aus der Balance. In: MMW - Fortschritte der Medizin 05.11.2015, 6: 6
  • Universitätsspital Zürich: Mythen und Fakten zum Darm. Online: https://www.usz.ch/... (Abgerufen am 16.08.2023)
  • Mair I: Diabetes Typ 2: Helfen Probiotika?. Online: https://medizin-transparent.at/... (Abgerufen am 15.11.2023)