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Noch eine Diät mehr? Auf keinen Fall! Die „Planetary Health Diet“ ist kein Programm, um ­abzunehmen. Vielmehr ist sie eine Strategie, die gut für unseren Körper ist und für Mutter Erde. Nun belegt eine Übersichtsarbeit britischer ­Forscherinnen und Forscher, die im April veröffentlicht wurde: Besonders Menschen mit Diabetes oder einer Vorstufe der Zuckerkrankheit können von der „Plane­tary Health Diet“ profi­tieren. Denn nachhaltiges Essen kann das Risiko für Diabetes und ­seine Folgeschäden wie ­Herz-Kreislauf-Erkrankungen sen­ken. Je konsequenter sich Men­schen an eine pflanzenbasierte Ernährungsweise halten, desto größer sind laut der Studie die ­positiven Effekte.

Fitter mit pflanzlichem Eiweiß

Der Diabetologe Dr. Matthias Riedl, Ernährungsmediziner und ärztlicher Leiter des Medicum Hamburg, geht sogar noch weiter: „Richtig durchgeführt, ist diese Variante der artgerechten Ernährung die Blaupause für eine Diabetesheilung.“ Die „Planetary Health Diet“ liefert viel pflanzliches Eiweiß und Ballaststoffe, aber nur wenige Kohlenhydrate. „Dadurch fördert sie Normalgewicht und verbessert den Blutzuckerspiegel. Zwei wichtige Faktoren, um Typ-2-Diabetes vorzubeugen oder einen bestehenden Diabetes zu bessern sowie etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu ver­meiden“, so Riedl. Übergewicht, vor allem Bauchfett, und ein ständig erhöhter Blutzuckerspiegel verursachen Insulinresistenz.

Das macht uns ganz krank

Wer seine Ernährung auf „nachhaltig“ umstellt, tut also etwas für sich und für das Klima. Wir ­essen zu viel Fleisch, Milchprodukte und Zucker. Zu kurz kommen Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Nüsse. „Unsere Ernährung ist verantwortlich für rund 30 Prozent aller menschengemachten Treibhausgasemissionen und ­maßgeblicher Treiber für Entwaldung und Artensterben“, sagt Dr. Lisa Pörtner. Die Internistin und Ernährungsmedizinerin forscht an
der Berliner Charité sowie am ­Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und engagiert sich in der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG).

Auch der Mensch bleibt nicht gesund, wenn er das Falsche isst. „Wir dürfen nicht vergessen, dass uns die Fehlernährung auch unmittelbar krank macht“, betont Matthias Riedl. Etwa 70 Prozent aller Fälle von Typ-2-Diabetes sind auf ­ungesundes Essen zurückzuführen. Die Ursachen sind komplex, aber schätzungsweise sterben weltweit elf Millionen Menschen vorzeitig an ernährungsbedingten Krankheiten, zu denen auch Herz-Kreislauf-
Erkrankungen und Krebs gehören.

Jetzt handeln, statt abzuwarten

Zumindest in der westlichen Welt kann jede und jeder die persönliche Ernährungsrevolution sofort starten. Wie sie aussehen sollte, hat die EAT-Lancet-Kommission, eine internationale Gruppe von Expertinnen und Experten aus den Fachbereichen Gesundheit, Landwirtschaft, Politik und Ökologie, in ihrem Report zur „Planetary Health Diet“ ausführlich beschrieben. Mit dieser Strategie scheint es möglich, bis 2050 eine wachsende Bevölkerung von bis zu zehn Milliarden Menschen so nachhaltig und gesund zu ernähren, dass die Belastungsgrenzen der Umwelt gewahrt werden und weniger Menschen vorzeitig an ernährungsbedingten Krankheiten sterben.

Damit das gelingen kann, bildet pflanzliche Kost die Basis. Die Empfehlung ist nicht neu, aber angesichts des Klimawandels besonders bedeutsam. Auf dem Speiseplan stehen vor allem Getreide, Gemüse und Obst, Nüsse und Hülsenfrüchte, in moderaten Mengen auch stärkehaltige Gemüse wie Kartoffeln. Zusammen mit hochwertigen Ölen sollte der Pflanzenanteil etwa 80 Prozent der täglichen Energiezufuhr ausmachen. „Für Menschen mit Diabetes darf es mehr sein, um die positiven Effekte zu steigern“, rät Diabetologe Riedl.

Zur „Planetary Health Diet“ können auch tierische Lebensmittel gehören: Fisch, Milchprodukte, Eier, Geflügel, sogar das besonders klimaschädliche Rindfleisch. „Wer nachhaltig essen möchte, muss weder vegan noch rein vegetarisch leben“, beruhigt Lisa ­Pörtner. 300 Gramm Fleisch pro Woche und Kopf, davon ein Drittel Rind, Schwein oder Lamm, wären für den Planeten und die Gesundheit tolerierbar. Jedoch liegt der Verbrauch in Deutschland derzeit bei einem Kilo wöchentlich. „Man muss nicht jeden Tag mit der Waage in der Küche hantieren“, so die Expertin. Vielmehr gehe es darum, vorwiegend pflanzenbasierte Gerichte zu essen, gelegentlich Fisch und sehr selten ein Stück Fleisch.

Milchprodukte nur in Maßen

250 Gramm Milchprodukte pro Tag sind akzeptabel. Tränken die Deutschen nur Milch, lägen sie innerhalb der Grenzen. Weitaus mehr ins Gewicht fallen allerdings Butter, Sahne, Käse und Joghurt.

Seine Gewohnheiten umzukrempeln und sich an die vorgeschlagene Menge zu halten, birgt laut Lisa Pörtner enormes Potenzial: „Würde unsere Gesellschaft die Umstellung ­schaffen, ließen sich die Treibhausgasemissionen im Ernährungs- und Agrarsektor deutlich vermindern und Umweltschäden reduzieren.“ Aber: Die Kost zu verändern, ­kostet viel Kraft. Das weiß auch Mediziner Riedl: „Viele schaffen den Weg nicht allein“, beobachtet er und rät zu einer Ernährungsberatung. Die meisten Krankenkassen zahlen diese zumindest teilweise.

Wer etwas ändern will, muss nicht den ganzen Weg auf einmal gehen, findet Expertin Pörtner: „Man kann sich herantasten, zunächst einen Veggie-Tag pro Woche wagen und sich davon überraschen lassen, wie lecker Hülsenfrüchte und Gemüse sind.“


Quellen:

  • The EAT-Lancet Commission: Summary Report of the EAT-Lancet Commission. Online: https://eatforum.org/... (Abgerufen am 02.05.2023)
  • Ojo, O.; Jiang, Y.; Ojo, O.O.; Wang, X: The Association of Planetary Health Diet with the Risk of Type 2 Diabetes and Related Complications: A Systematic Review. . Online: https://doi.org/... (Abgerufen am 02.05.2023)
  • Riedl, Matthias : Diabetes Mellitus. In: Food Special 01.01.2023, 1: 52-53
  • Jamie Hartmann-Boyce et al.: Long-Term Effect of Weight Regain Following Behavioral Weight Management Programs on Cardiometabolic Disease Incidence and Risk: Systematic Review and Meta-Analysis Cardiovascular Quality and Outcomes. Online: https://doi.org/... (Abgerufen am 02.05.2023)
  • Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit: Ernährung im Kontext von Planetary Health. Online: https://www.klimawandel-gesundheit.de/... (Abgerufen am 02.05.2023)
  • M.O’Hearn, L.Lara-Castor, F. Cudhea et al.: Incident type 2 diabetes attributable to suboptimal diet in 184 countries. Online: https://doi.org/... (Abgerufen am 02.05.2023)
  • Melanie Kirk-Mechtel, Bundeszentrum für Ernährung: Planetary Health Diet. Online: https://www.bzfe.de/... (Abgerufen am 02.05.2023)
  • Krankenkassen.Deutschland, Armin Czysz und Angela Joosten: Ernährungsberatung: Was Krankenkassen zahlen. Online: https://www.krankenkassen.de/... (Abgerufen am 02.05.2023)