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Wie kann Spielen das Gedächtnis trainieren?

Die Canastarunde mit Freundinnen, das Memoryspielen mit dem Enkel – was von außen nur wie unbeschwerter Zeitvertreib wirkt, ist für das Gehirn vor allem eines: intensives Training. „Beim Spielen werden die Nervenzellen im Gehirn stimuliert, und es entstehen neue Verbindungen zwischen den Zellen“, sagt Bettina Jasper, Sozialpädagogin und Gehirntrainerin aus Leer. Sich mit Spielen geistig fit zu halten, sei ähnlich zu bewerten wie gesunde Ernährung und Bewegung.

Was kann Spielen bewirken – und was nicht?

Spielen bringt eine Vielzahl positiver Effekte mit sich. „Im Spiel bekommen wir das Gefühl kompetent zu sein und eine Herausforderung bewältigen zu können“, erklärt Dr. Andrea Friese, Erziehungswissenschaftlerin und Therapeutin für Hirnleistungssstörungen aus Bedburg. Wir erleben Glücksgefühle, bauen Stress ab und können uns kreativ ausleben. All diese Dinge wiederum halten das Gehirn auf Trab. Spiele motivieren Menschen dazu, sich aktiv einzubringen und mit anderen Menschen zu interagieren. „Alleine dieses Miteinander-aktiv-Sein ist ein gutes Gehirntraining“, sagt Friese, die zusammen mit Bettina Jasper zahlreiche Bücher und Programme zum Gehirntraining veröffentlicht hat. Doch hat die positive Wirkung auch Grenzen: „Störungen der geistigen Leistungsfähigkeit wie eine Demenz können dadurch weder verhindert noch geheilt werden“, sagt Jasper.

Welche Spiele eignen sich, um den Kopf fit zu halten?

„Je nach Art des Spiels werden verschiedene Fähigkeiten trainiert“, erklärt Andrea Friese. Wer zum Beispiel Schach oder Dame spielt, stärkt vorausschauendes Planen. Scrabble trainiert die Wortfindung und Wortflüssigkeit, Monopoly das logische und strategische Denken. Dobble und Geistesblitz fördern die Aufmerksamkeit und Konzentration. Allerdings braucht es nicht ein riesiges Spiele-Sortiment, um das Gehirn zu trainieren. Schon eine herkömmliche Spielesammlung oder Spielkarten genügen. „Wichtig ist es, dem Gehirn, neue Impulse zu geben“, sagt Jasper. Etwa, indem man einen Satz Spielkarten offen durcheinander auf dem Tisch verteilt und auf Tempo aus dem zweiten Satz die passende Karte zuordnet. Im Grunde genügen auch Stift und Papier: Schreibspiele machen vielen Erwachsenen Spaß und sind ein gutes Training. Jaspers rät dazu, eigenständig Kleinigkeiten zu verändern. Wie wäre es Stadt-Land-Fluss mal mit der Kategorie „Tier“ oder „Film“. Übrigens: Auch Bewegungsspiele sind ein effektives Training für das Gehirn. Denn den Körper zu trainiert, hält auch die Nervenzellen fit.

Sind Kreuzworträtsel und Sudokus das beste Training fürs Gehirn?

Kreuzworträtsel und Sudokus gelten oft als perfektes Gedächtnistraining. Die Expertinnen äußern sich indes zurückhaltend. Wer rätselt, kann dadurch zwar prima sein Wissen erweitern. Allerdings werden dabei nur einzelne Bereich im Gehirn angeregt. Das Problem ist vor allem die Übertragbarkeit in den Alltag. „Man wird mit zunehmender Routine besser im Sudoku, aber diesen Erfolg kann man sonst kaum nutzen“, erklärt Bettina Jasper. Allerdings spricht auch nichts gegen das Rätseln. Wer daran Freude habe, soll das gerne weiter tun.

Was ist effektiver: alleine spielen oder mit anderen?

„Am effektivsten ist das Spielen in der Gruppe“, stellt Andrea Friese klar. Denn dabei würden Gehirnregionen, die für das Formulieren, Zusammenhänge erkennen, Fantasie und Kreativität zuständig sind, am besten stimuliert. „Andere Mitspielende helfen dabei, breiter zu denken und weitere Assoziationen zu erzeugen – und geben so neue, wichtige Impulse“, so Friese. Bettina Jasper ergänzt: „Im sozialen Miteinander vergleichen wir uns. Das ist ein Grundbedürfnis und hilft dabei, Situationen, Dinge und Menschen neu zu betrachten.“

Was bringen digitale Spiele?

Digitale Spiele werden bei Erwachsenen immer beliebter – und haben durchaus einen Nutzen für das Gehirn. Studien haben gezeigt, dass sich durch Videospiele Hirnbereiche vergrößern, die für räumliche Orientierung, Gedächtnisbildung und strategisches Denken bedeutsam sind. „Inzwischen gibt es viele hervorragende Apps, die auf spielerische Weise die geistige und körperliche Fitness trainieren“, sagt Friese. Bestimmte werden bereits von einzelnen Krankenkassen bezahlt. Die Expertinnen sehen digitale Spiele vor allem als Ergänzung: „Auch hierbei werden nur einzelne Bereich im Gehirn angeregt“, sagt Friese. Der persönliche Gewinn sei dabei in einer Spielegruppe am größten.


Quellen:

  • Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen: Kognitives Training / kognitive Stimulation, Evidenzbericht zur S3-Leitlinie Demenzen. Online: https://www.iqwig.de/... (Abgerufen am 28.10.2022)