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Ein extra Fleißbild für die Nieren, am besten jeden Tag! Sie arbeiten auf Hochtouren, entgiften, regulieren den Flüssigkeitshaushalt und den Blutdruck. Sie sorgen für ein Gleichgewicht zwischen Säuren und Basen, sind für die Bildung der roten Blutkörperchen wichtig und am Knochenstoffwechsel beteiligt. Wenn die Nieren nicht gut arbeiten, geraten viele Prozesse durcheinander.

Der Spruch „Das geht mir an die Nieren“ trifft im übertragenen Sinne auch auf Diabetes zu. Denn zu hohe Blutzuckerwerte schaden den Organen auf Dauer.

Nieren leiden leise

Dass die Nieren krank sind, lässt sich lange nicht spüren. Wenn es zu Problemen wie etwa Wassereinlagerungen kommt, ist der Nierenschaden oft schon fortgeschritten. „Bei etwa vier von zehn Menschen mit Diabetes tritt eine Nephropathie bei Diabetes auf“, sagt Diabetologe Ludwig Merker, der die Arbeitsgemeinschaft „Diabetes und Niere“ in der Deutschen Gesellschaft für Diabetes leitet. Neben zu hohen Blutzuckerwerten und langer Diabetesdauer steigern weitere Faktoren die Gefahr, dass die Nieren erkranken. Dazu gehören vor allem erhöhter Blutdruck, Übergewicht und Rauchen. „Man kann nicht sagen, es gibt nur einen Risikofaktor, da passiert nichts“, erklärt Merker. Prof. Dr. Werner Riegel, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Nierenstiftung, sagt, dass alle Faktoren im Blick bleiben müssten. Beide Experten raten daher, sich checken zu lassen, auch wenn nichts wehtut. „Sie fahren ja auch alle zwei Jahre mit dem Auto zum TÜV“, so Merker. Ein Nieren-Check, bestehend aus Urinprobe und Blutentnahme, dauert meist nicht lang. Menschen mit Diabetes besprechen mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin, wie oft für sie eine Kontrolle sinnvoll ist. Dies hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Nierenwerte auf einen Blick

Glomeruläre Filtrationsrate GFR:

Sie beschreibt die Filterleistung der Niere. Ihr Wert hängt vom Alter ab. Fällt dieser über Monate unter einen alterstypischen Wert, kann das ein Alarmzeichen sein.

Albumin:

Bei einer gesunden Niere ist das Bluteiweiß im Urin nur in sehr geringen Mengen nachweisbar. Als normal gelten 30 mg, die im Tagesverlauf ausgeschieden werden. Liegt die Albumin-Konzentration im Urin über längere Zeit darüber, ist das ein Warnsignal.

Kreatinin und Cystatin C:

Beide Stoffe werden im Blut gemessen und ermöglichen jeweils eine Berechnung der Filterleistung. Kreatinin wird in der Praxis aber häufiger als Marker genutzt.

Die Sache mit dem Blutzucker

Bis zu 300 Mal täglich wird das Blut durch die Nieren gespült. Dabei werden Giftstoffe herausgesiebt. Zu hoher Blutzucker schädigt diesen Filter. Denn dann reichern sich schädliche Stoffe im Blut an und gleichzeitig wird mit dem Urin Eiweiß ausgeschieden. Um die Nieren zu schützen, sollten die Zuckerwerte möglichst gut sein. Die DDG-Leitlinien empfehlen, den Langzeit-Blutzuckerwert (HbA1c) zwischen 6,5 % (48 mmol/mol) und 7,5 % (58 mmol/mol) zu halten. Mit dem Diabetologen oder der Diabetologin können individuelle Ziele besprochen werden, etwa um häufige Unterzuckerungen zu vermeiden.

Mehr Lebenskraft

Bewegung hat viele gute Effekte, etwa auf den Blutzucker, den Blutdruck oder die Immunabwehr. Aktiv zu sein kann zudem helfen, das Körpergewicht zu stabilisieren. „Das sollten vor allem­ Menschen mit starkem Übergewicht angehen, denn dadurch leidet die Nierenfunktion“, erklärt Merker. Bewegung steigert die persönliche Leistungsfähigkeit, vor allem aber das Wohlbefinden. Das ist besonders wichtig für diejenigen, deren Nieren nur noch eingeschränkt arbeiten. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, sich 150 bis 300 Minuten pro Woche gesundheitsfördernd zu bewegen. Gemeint ist: Der Puls darf in Wallung kommen und Sie dürfen auch schwitzen.

Den Druck rausnehmen

Nierenschäden können Bluthochdruck begünstigen, hoher Druck kann wiederum die Nieren in Mitleidenschaft ziehen. In der Regel sollten die Blutdruckwerte deshalb unter 140/80 Quecksilbersäule (mmHg) liegen. Bei chronischer Nierenerkrankung oder nach individuellen Gegebenheiten gelten jedoch andere Zielwerte. Diese legt der Arzt oder die Ärztin fest. „Eine regelmäßige Kontrolle ist enorm wichtig“, sagt Werner Riegel von der Deutschen Nierenstiftung. Außerdem kann es helfen, weniger Salz zu sich zu nehmen. „Menschen mit Diabetes reagieren nämlich sehr empfindlich auf die Salzzufuhr und erleben dadurch eine Steigerung des Blutdrucks“, erklärt Merker.

Kleine Pille, große Wirkung

Blutdruck und Blutzucker lassen sich mit Medikamenten bzw. Insulin gut einstellen. „Je früher man einschreitet, desto besser“, sagt Experte Riegel. Manche Wirkstoffe haben zudem Wirkungen auf die Nieren: So können etwa SGLT-2-Hemmer das Fortschreiten der Nierenschwäche aufhalten. GLP1-Analoga haben den positiven Effekt, dass weniger Eiweiß über den Urin ausgeschieden wird. Sie gelten als nierenschonend. Metformin, mit dem häufig ein Typ-2-Diabetes behandelt wird, darf nur bis zu einer mittelgradig eingeschränkten Nierenfunktion verordnet werden. „Es reichert sich sonst im Körper an. Wird es zu hoch dosiert, kann es zu einer Übersäuerung des Körpers kommen“, erläutert Nephrologe Merker. In diesen Fällen werden Arzt oder Ärztin den Wirkstoff wechseln.

Mit Ernährung lässt sich viel erreichen

Wie können Menschen mit Diabetes sicherstellen, dass Sie sich nierenfreundlich ernähren?

Bei Diabetes geht es ja nicht nur um die Nieren. Gerade Diabetes Typ 2 geht mit Übergewicht einher. Deshalb ist eine gesunde und ausgewogene Ernährung wichtig, um das Gewicht zu reduzieren und den Blutzucker zu optimieren.

Müssen Menschen, die schon Probleme mit den Nieren haben, eine spezielle Diät einhalten?

Ernährung ist sehr individuell und muss bei jedem Patienten auf die Art und Schwere seiner Erkrankung, aber auch auf etwaige Begleiterkrankungen abgestimmt werden. Manche Patienten sollten tatsächlich weniger Phosphat zu sich zu nehmen, etwa auf Lebensmittel wie Schmelzkäse, Streichkäse oder Wurst mit Phosphatzusatz verzichten. Das ist vor allem in fortgeschrittenen Stadien einer Nierenschwäche der Fall. Die Betroffenen werden darüber vom Arzt aufgeklärt.

Warum können Phosphate problematisch sein?

Eine schwache Niere scheidet Phosphat — aber auch andere Mineralstoffe wie Kalium — meist zunehmend schlechter mit dem Urin aus. Die Folge kann ein zu hoher Phosphatspiegel im Blut sein, der zu Knochenerkrankungen und Verkalkungen in den Gefäßen oder im Gewebe führen kann. Kalium wiederum kann in erhöhter Konzentration die Funktion des Herzens beeinträchtigen.

Oft hört man, dass Menschen mit Diabetes weniger Eiweiß zu sich nehmen sollen. Stimmt das?

Das ist falsch. Entscheidend ist, sich ausgewogen zu ernähren mit Eiweiß, gesunden Fetten und Kohlenhydraten. Das Eiweiß sollte zu zwei Dritteln aus pflanzlichen Quellen stammen, etwa aus Hülsenfrüchten wie Bohnen, Erbsen oder Linsen. Der Rest kommt aus tierischen Eiweißquellen wie etwa Milchprodukten, Geflügelfleisch oder Eiern.

Haben Sie konkrete Tipps für den Alltag?

Am besten auf Fertigprodukte verzichten und selbst aus frischen Zutaten kochen. Dann kann man bestimmen, wie viel Salz, welche Mineralstoffe und wie viel Eiweiß im Essen stecken.


Quellen:

  • A. Neu und M. Kellerer im Auftrag der DDG: Diabetologie und Stoffwechsel, Praxisempfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft Herausgegeben von A. Neu und M. Kellerer im Auftrag der DDG. Leitlinie: 2020. Online: https://www.ddg.info/... (Abgerufen am 25.08.2022)

  • Dr. med. Stephan R. Orth, Prof. Dr. Dr. h. c. Eberhard Ritz, Medizinische Universitätsklinik, Sektion Nephrologie, Universität Heidelberg: Rauchen – ein verkannter Risikofaktor für chronisches Nierenversagen. https://www.uni-heidelberg.de/... (Abgerufen am 25.08.2022)
  • Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Salzkonsum in Deutschland: Ergebnisse der DEGS-Studie. Online: https://www.bmel.de/... (Abgerufen am 24.08.2022)
  • Angela Monecke: Schwerpunkt „Diabetes und Niere“, Faszinierendes Klärwerk unseres Körpers. In: Diabetes Journal 01.03.2019, 2: 14-15
  • Wolfgang Geissel: National Library of Medicine, Antidiabetika sollten auch Herz und Nieren schützen!. Online: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/... (Abgerufen am 25.08.2022)
  • Deutsche Nierenstiftung: Bewegung und Sport zur Prävention, Körperliche Aktivität & sportliches Training. https://www.nierenstiftung.de/... (Abgerufen am 26.08.2022)
  • Universitätsklinikum Leipzig: Universitätsklinikum Leipzig; Klinik und Poliklinik für Endokrinologie, Nephrologie, Rheumatologie, Diagnostik. Online: https://www.uniklinikum-leipzig.de/... (Abgerufen am 01.09.2022)
  • Dr. rer. nat. Susanne Heinzl: Deutsches Ärzteblatt, Nierenfunktion und kardiovaskuläre Risiken: Cystatin C besser als Kreatinin für die Risikobewertung. Online: https://www.aerzteblatt.de/... (Abgerufen am 29.08.2022)
  • Deutsche Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes (DDH-M) e. V.: Video-Erklärfilm zu Diabetes mellitus, Diabetes und Nierenerkrankung mit Dr. med. Bertil Oser. Online: https://menschen-mit-diabetes.de/... (Abgerufen am 01.09.2022)
  • Deutsche Gesellschaft für Nephrologie e.V. (DGfN): Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten, Fast die Hälfte aller Dialysefälle wird durch Diabetes verursacht. Online: https://www.internisten-im-netz.de/... (Abgerufen am 01.09.2022)
  • Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF): Patientenleitlinie: Diabetes und Nieren. Online: https://www.patienten-information.de/... (Abgerufen am 29.08.2022)