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Zwei verschiedene Blutdruckmedikamente, dazu ein Cholesterin- und ein Blutzuckersenker sowie ein wassertreibendes Mittel – für herzkranke Menschen ist das keine Seltenheit. Auch wer an Diabetes, Arthrose oder Parkinson leidet, hat oft eine Reihe von Arzneien ­zu Hause. Jeder siebte Deutsche nimmt dauerhaft fünf oder mehr Medikamente ein. Fachleute sprechen von Polymedikation.

Das Problem: Mit jedem Arzneimittel steigt das Risiko, durch die Medikamente selbst Schaden zu erleiden. Nebenwirkungen und Arzneimittelunverträglichkeiten können auftreten, Wirkstoffe sich außerdem gegenseitig beeinflussen. Beispielsweise kann ein Medikament ein anderes verstärken und so Wirkung wie Nebenwirkungen erhöhen. Das Gegenteil ist ebenso möglich. Das eine Mittel schwächt die Wirkung ­eines anderen ab. Bei lebenswichtigen Arzneien kann das schlimmste Folgen haben.

Um diese Gefahren zu minimieren, gibt es die sogenannte Medikationsberatung. Dabei betrachten ­Apotheker oder Apothekerinnen alle Medikamente einer Person. Auch selbst gekaufte Präparate und Nahrungsergänzungsmittel sollten in der Analyse berücksichtigt werden. Die Fachleute schauen sich Packung für Packung an und erhalten so in der Regel einen besseren Überblick als Ärztinnen und Ärzte. Die Beratung kann dazu beitragen, Gefahren durch Medikamente aufzudecken.

Erkundigen Sie sich in Ihrer Apotheke nach der Medikationsberatung. Erklären Sie, welche Mittel Sie einnehmen, zeigen Sie ­Ihren Medikationsplan, falls vorhanden. So lässt sich schnell klären, ob Ihnen diese ­Beratung zusteht (siehe Kasten unten).

Medikamentenunverträglichkeit
Verdächtiges
Blutbild

Zu mir kam eine ältere Dame in die Apotheke. Ihr Hausarzt hatte sie geschickt, denn im Blutbild der Patientin stiegen seit einiger Zeit ­Leberenzyme an. Der Arzt hatte schon alles Mögliche geprüft, eine Ursache konnte er aber nicht finden. Der Frau ging es rundum nicht gut. Sie hatte Juckreiz, war ständig sehr ­müde und klagte über Kopf- und Muskelschmerzen. Der Hausarzt hatte den Verdacht, dass es mit einem oder mehreren Medikamenten zusammenhängen könnte. In der Apotheke können wir das kontrollieren.

Bei der Medikationsanalyse fiel mir ein ­Cholesterinsenker auf, den die Dame wegen ihrer Herzkrankheit zu sich nahm. Das Mittel kann die Leberenzyme ansteigen lassen. Testweise absetzen konnte man die Tablette bei ihr jedoch nicht. Sonst wären ihre Gefäße nach und nach ­verkalkt. Um der Sache dennoch auf den Grund zu gehen, empfahl ich der Frau einen Gentest bezüglich der Cholesterin­senker. Den muss man leider selbst zahlen. Das war es ihr aber wert. Es kam heraus, dass sie die meisten Cholesterinsenker nicht verträgt und manche nicht in jeder Dosierung. Darunter war auch der ihrige. Mit dem Wissen konnte ihr Hausarzt die Medikation ent­sprechend anpassen. Inzwischen geht die Patientin wieder beschwerdefrei durchs Leben.

Doppelverordnung
Hartnäckiger Pilz

Auf Wunsch einer Patientin führte ich bei ihr eine Medikationsberatung durch. Sie erzählte mir, dass sie seit drei Monaten ein Scheidenpilz plagte. Ihr Gynäkologe hatte ihr gegen diesen eine Creme verschrieben. Die half jedoch nicht. Als ich mir die von ihr mitgebrachten Medikamente anschaute, war mir der Grund schnell klar: Sie nahm gegen ihren Diabetes zwei sehr ähnliche Medikamente. Das eine hatte ihr Hausarzt, das andere ihr Diabetologe verordnet. Letztendlich war es so, als würde sie zweimal die gleiche Tablette schlucken. Die beiden Wirkstoffe führen dazu, dass mehr Zucker ausgeschieden wird. Dadurch können Pilze im Intimbereich besser wachsen. Ein Scheidenpilz ist bei diesen Medikamenten somit keine seltene ­Nebenwirkung. Nun nahm meine Kundin mehr oder weniger die doppelte Dosis ein. Kein ­Wunder, dass der Pilz so hartnäckig blieb. Nach Absprache mit der Frau berichtete ich ihren Ärzten von dem Ergebnis. Eins der Diabetes-Medikamente wurde daraufhin abgesetzt. Endlich zeigte auch die Creme des Gynäkologen ­Wirkung. Der Pilz verschwand.

Wechselwirkung
Gefährliche
Kombination

Eine ältere Kundin wollte die Medikationsberatung gerne ausprobieren. Als ich ihre Medikamente und Nahrungs­ergänzungsmittel prüfte, fand ich zwei kritische Fehler.

So nahm sie regelmäßig Metamizol, ein Schmerzmittel, das ihr Hausarzt ihr verordnet hatte. Gegen ihre rheumatoide Arthritis hatte ihr Facharzt ihr zudem Methotrexat verschrieben. Beide Mittel sollten allerdings in der Regel nicht zusammen eingenommen werden. Die Kombination kann Blutzellen schwer schädigen und sogar zum Tod führen. Das Schmerzmittel ließ sich bei ihr nach ärztlicher Rücksprache problemlos durch Paracetamol ersetzen. Außerdem litt sie an Nervenschädigungen in den Beinen. Sie behandelte diese selbst mit Vitaminen. Nicht nur ­waren die Präparate nicht geeignet, sie enthielten auch Folsäure. Folsäure kann die Wirkung von Methotrexat schwächen, wenn sie am gleichen Tag einge­nommen wird. Auch war es wichtig, dass sie die ­Nervenschädigungen abklären ließ.


Quellen:

  • van den Akker M, Harder S, Dieckelmann M et al.: Multimedikation. In: Arzneimittel-Kompass 2022: 17.11.2022, https://doi.org/...
  • ABDA: Erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation. https://www.abda.de/... (Abgerufen am 04.12.2023)