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Was Gartenkünstler Evor schon vor mehr als 15 Jahren erkannt hatte, wissen sie inzwischen auch im Rathaus von Nantes: „Grün macht glücklich und entspannt.“ Die Stadt hat Evors „Dschungel“ – zehn begrünte Dächer und viele Landschafts-Kunstwerke – ins Programm des poetischen Kunstsommers „Die Reise nach Nantes“ aufgenommen.

Mit seinen wachsenden und blühenden Werken will Evor „Räume für Kontemplation und Ruhe schaffen“. Seine Naturkunst sieht der nachdenkliche Kreative auch als sozialen und politischen Beitrag zu einer besseren Welt. „Die Menschen spüren doch gar nichts mehr, mit ihrer rasenden Beschleunigung und dem unablässigen Konsum. Sie machen sich damit unglücklich.“ Selbst er schaffe es „viel zu selten, einfach mal abzuschalten“. Wenn er sich freinimmt, fährt er zum Durchatmen mit dem Rad durch die vielen Parks, entlang der Loire aufs Land oder in den „Jardin des Plantes“, den sieben Hektar großen botanischen Garten mit mehr als 100 Jahre alten Gewächshäusern. Hier denke er oft über neue Werke nach.

Inspiration findet Evor oft auch im Kulturzentrum „Lieu Unique“ („Einmaliger Ort“). In eine ehemalige Keksfabrik direkt am Wasser ist ein Kulturzentrum mit Café, Restaurant, Bibliothek, Ausstellungsraum, Hamam, Biergarten und Bootsanlege- stelle eingezogen. Im Flüsschen Erdre dümpeln farbenfroh angestrichene, holländische Frachtkähne im Schatten mächtiger Bäume. Ihre Bewohnerinnen und Bewohner haben sie zu Hausbooten umgebaut. Evor ist unterdessen schon wieder unterwegs zu seinem neuesten Projekt: ein 25 Meter hoher Baum als Ort der Begegnung für die Anwohnerinnen und Anwohner mehrerer Sozialwohnungsbauten auf der einstigen Arbeiter- und Industrie-Insel Île de Nantes. Um den Baum herum baut er „als Juwel“ für die Menschen eine Sitzbank, dekoriert mit Figuren aus Emaille.

Gleich um die Ecke geschieht Wundersames. „Mama, warum bewegt er sich nicht mehr?“, fragt ein kleines Mädchen auf dem Gelände des Kunstprojekts „Les Machines de l’Île“. „Keine Sorge“, tröstet die Mutter, „er schläft nur.“ Das Mädchen stutzt einen Moment. Dann nickt es zufrieden. Ihren großen, grauen Freund wird die Kleine morgen wiedersehen. Mit geschlossenen Augen ruht der rund zehn Meter hohe, mechanische Elefant unter dem Glasdach der „Maschinen der Insel“ in Nantes.

Am nächsten Morgen stehen die Menschen an der Kasse nebenan wieder Schlange. Hier gibt es die Fahrkarten für den Ritt auf dem Elefanten, den ein Team um den künstlerischen Leiter François Delarozière aus Holz, Leder, Pumpen, Stahlträgern und Motoren gebaut hat. „Unsere Inspiration bekommen wir von der Natur“, erklärt der 59-Jährige in der ehemaligen Schiffbauhalle, die sein Team zur Werkstatt für die Maschinen-Tiere umgebaut hat.

1987 schlossen die Werften für immer. „Wir haben der Stadt vorgeschlagen, den öffentlichen Raum mit unseren Figuren zu beleben“, erzählt Delarozière. Für viele Bürgerinnen und Bürger gehören der Elefant, das „Karussell der Meereswelten“ mit seinen fantastischen Schlangen, Fischen und anderem Getier oder die seltsamen Rieseninsekten inzwischen zur Familie. Kinder gehen sie mit Papa, Mama, Oma und Opa immer wieder besuchen. „Der Zuschauer“, sagt Delarozière, „entdeckt bei uns immer neue Arten.“

Wie er seinen Werken die enorme Ausstrahlung, einen fast lebendigen Gesichtsausdruck einhaucht, kann sich Delarozière selbst nicht erklären. „Es ist die Freude, die wir an unserer Arbeit haben“, überlegt er, „aber dafür brauchen wir sehr viel Freiheit.“ Ein Satz, der so auch von seinem Künstlerkollegen Evor stammen könnte.


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