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Welch eine Schande für die reichen Länder! Während wir hier in Europa Corona-­Impfstoffe im Überfluss horten und viele Erwachsene schon die vierte Dosis bekamen, haben die meisten Menschen in armen Ländern noch nicht einmal ihre erste Spritze erhalten. Das Ziel der Weltgesundheitsorga­nisation (WHO), dass bis Ende Juni 70 Prozent der globalen Bevölkerung zweimal geimpft sind, wurde verfehlt. Die Europäische Union erreichte diese Quote bereits Ende des letzten Sommers. In Afrika sind gerade einmal 20 Prozent der Menschen zweifach geimpft.

Zuerst mangelte es dem afrikanischen Kontinen über lange Zeit hinweg an Corona-Impfstoffen. Das internationale Programm Covax sollte sie gerecht unter den ärmeren Ländern verteilen. Doch die reichen Länder spendeten viel zu wenig. Nun gibt es genug Impfstoffe auch für Afrika. Doch ein Teil bleibt ungenutzt und verfällt. Die Impfkampagnen verlaufen zäh. Anfang Juni war das Impftempo in Afrika viermal niedriger als im globalen Durchschnitt. Denn Corona wird in vielen Regionen nicht mehr als Bedrohung empfunden: weder von den po­litisch Verantwortlichen noch von ­einem Großteil der Bevölkerung.

Eine fatale Fehleinschätzung. Zwar stimmt es, dass die vergleichsweise junge Bevölkerung in Afrika insgesamt weit weniger von schweren Covid-19-Erkrankungen bedroht ist als wir in Europa. Doch auch die Menschen in Afrika sind keineswegs glimpflich durch die bisherige Pandemie gekommen. Das zeigt eindrücklich die globale Analyse vom April in der Fachzeitschrift The Lancet. Danach sind in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara insgesamt gut zwei Millionen Menschen mit oder an Corona gestorben. Sambia ­etwa zählt laut der Analyse circa 80 000 Todesopfer. Das sind 20-mal mehr, als offi­ziell erfasst wurden.

Auch die Anzahl der Infizierten wird extrem unterschätzt: Nur 8,2 Millionen Erkrankungen zählte Afrika bis zum Jahresende 2021. Doch laut der Weltgesundheitsorganisation hatten bereits zwei von drei Afrikanern eine Corona-Infektion durchgemacht. Wenn dies sie wenigstens gegen eine weitere, schwere Erkrankung wappnete. Doch erst nach drei Impfungen, so die Daten der US-Gesundheitsbehörde CDC, sterben Menschen 97-fach seltener an Covid-19 als Ungeimpfte. Einfach Genesene brauchen also zusätzlich zwei Impfungen.

Es ist höchste Zeit, arme Länder in ­ihrem Kampf gegen die Pandemie tatkräftiger zu unterstützen. Und dazu gehört mehr, als sie mit genug Impfstoff zu versorgen. Die Staaten brauchen zusätzliche Hilfen für die Verbesserung ihres Gesundheitswesens und für ihre Impfkampagnen.

Also bitte mehr Engagement als bisher! Das wäre gerecht und liegt auch in unserem Interesse. Denn jederzeit könnte eine neue Corona-Variante, vor der bisherige Impfstoffe nicht schützen, auch für uns gefährlich werden. Eine hohe Impfquote überall auf der Welt senkt das Risiko, dass eine solche Mutante entsteht und sich global verbreitet.


Quellen: