Veszprém
Keine Frage: Mitteleuropas größter Binnensee gehört seit Generationen zu den beliebtesten Urlaubsregionen Ungarns. Wer jedoch nur an billigen Partytourismus und Ost-Charme denkt, der verkennt, dass in den vergangenen Jahren viele Balaton-Orte in hochwertige Angebote investiert haben. Das gilt erst recht für das Hinterland. So haben insbesondere um den Nationalpark Balaton-Felvidék kleine, feine Restaurants und idyllische Weingärten eröffnet. Auch in Veszprém, der 15 Kilometer nordwestlich des Sees gelegenen „Hauptstadt“ der Bakony-Balaton-Region, tut sich einiges. Zahlreiche leer stehende Geschäfte und Gebäude im Zentrum bekamen ein Facelift. Im Design- & Galerie-Café „Kunszt“, in der Konditorei „Füge“ und im Kult-Bistro „Papirkutya“ laufen neuerdings attraktive Kulturprogramme. Auch neue Events wurden ins Leben gerufen, etwa das „Filmpicknick“ und die gastronomische „Bakony Expo“.
Ein gelungenes Warm-up für das Europäische Kulturhauptstadtjahr 2023. Neben Timișoara (Rumänien) und Elefsína (Griechenland) geht mit dem Bakony-Balaton-Gebiet die ganze Re- gion ins Rennen: 116 Siedlungen und Gemeinden sind beteiligt. Mittendrin: das 60 000 Einwohner zählende Veszprém. Dort hat Rita Wahab als Kabinettsleiterin der Kulturhauptstadtjahr-Geschäftsführung alle Hände voll zu tun. Den Stress tue sie sich gern an, meint die 33-Jährige, liebt sie doch „unsere einzigartige Lage mit den Weinbergen rund um den Plattensee und den Wäldern in den Bakony-Hügeln, die Veszprém umgeben. Es ist eine Region, in der man eine ungewöhnliche Dichte an spannenden Veranstaltungen und verborgenen Schätzen findet.“
Zum Beispiel die weiten Buchenwälder (das bedeutet „Bakony“) oder den 437 Meter hohen Vulkan-Tafelberg Badacsony am Nordwestufer des Sees. Unter dem Motto „Kultur schafft Re- gion“ sollen all diese Sehenswürdigkeiten nun noch besser herausgestellt werden.
Los geht es am 21. Januar mit „Shine Veszprém“. Die kostenlose Show, bei der Zehntausende erwartet werden, verbindet Musik, Tanz, Lichtspektakel und eine großflächige Gebäudeprojektion und endet mit einem nächtelangen Straßenball. Tags darauf geht es mit Theaterpremieren weiter. Es folgen das Holtszezon-Festival für zeitgenössische Literatur Ende Februar und im Herbst das Film-, ferner das Jazz- sowie Wein- & Gourmet-Festival. Im Mai werben die Gizella-Tage mit Kunstproduktionen der Partnerstädte.
Veszprém, eine der ältesten und bedeutendsten Städte des Landes und touristisch bislang unterschätzt, begeistert aber auch ohne Events: Ein Muss sind das Erzbischofspalais und die 1000 Jahre alte Basilika im Burgviertel, „wo jeder Stein eine Geschichte über die Stadt erzählt“, so Wahab. Wem man, rein geschichtlich, ständig begegnet, ist die bayerische Prinzessin und spätere Königin Gisela, die wie viele Nachfolgerinnen in Vesz-prém gekrönt wurde – daher der Beiname „Stadt der Königinnen“.
„Mehr Natur verspricht ein reizvoller Wanderweg entlang des Séd-Baches“, empfiehlt Wahab. „Eine friedliche grüne Insel im Herzen der Stadt.“ Außerhalb lohnt sich ein Abstecher ins Káli-Becken, noch so ein Tipp von Wahab: „Dort finden sich schöne Weinberge, gemütliche Restaurants und tolle Aussichtspunkte mit Blick auf den Plattensee.“ Und speziell im Winter? Davon abgesehen, dass dann die beste Zeit für Wellness ist – etwa im berühmten Kurort Hévíz mit seinem Thermalsee –, hat auch das Bakony-Gebirge seinen Reiz. Stichwort Schneeschuhwandern, Langlaufen und Skifahren. Viel los ist auch auf dem Plattensee, der wegen seiner geringen Tiefe von durchschnittlich
3,25 Metern regelmäßig wochenlang zufriert. Gut für Eiskarneval, Schlittschuhlaufen – und Eissegeln. So gut wie hier geht das, einmal abgesehen vom nicht weit entfernten Neusiedler See, in Mitteleuropa eigentlich nirgends.
Christian Haas
Quellen:
- VEB 2023: Veszprem – Balaton 2023 Kulturhauptstadt Europas. https://veszprembalaton2023.hu/... (Abgerufen am 11.11.2022)
- Veszprem Info: Veszprem – Die Stadt der Königinnen. https://www.veszpreminfo.hu/... (Abgerufen am 11.11.2022)