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Ich pflege…

meinen Mann, der an MS erkrankt ist. Mittlerweile sind es 25 Jahre. Mein jüngster Sohn war ein halbes Jahr alt, als es losging. Es war eine stressige Zeit: Mein Mann hat unglaublich viel gearbeitet, wir haben gerade das Haus angebaut, da fing er an zu torkeln. Zwei Jahre lang wussten wir nicht, was er hat. Die Diagnose war wie eine Befreiung. Der Zusammenhalt in unserer Familie war immer gut: Wenn ich mit den Kindern nicht mehr konnte, hab ich sie ein paar Tage zu meinen Eltern gebracht.

Trotzdem: Ich war zu lange in einem Zustand, in dem ich Hilfe gebraucht hätte. Was ist mir mein Mann aus den Armen gerutscht, was habe ich gekämpft, bis ich ihn wieder hochkriege – bis ich endlich erfahren habe, dass es Patientenlifter gibt. Ich war in meinem Leben viel zu viel alleine, mit all meinen Sorgen und all meinen Nöten. Vielleicht treibt mich das an. Keiner soll so alleine sein. Deshalb engagiere ich mich so viel und habe eine Facebook-Gruppe für pflegende Angehörige gegründet.

Das fällt mir schwer

Ich war immer ein freiheitsliebender Mensch. Ich muss ab und zu mit mir selbst allein sein. Wenn ich das nicht kann, ist das schlimm. Manchmal würde ich gerne davonlaufen und kann es nicht. Dann fühle ich mich eingesperrt wie im Hamsterrad und bin richtig sauer aufs Schicksal. Ich wünsche mir einen gesunden Mann, aber den habe ich halt einfach nicht.

So eine Krankheit verändert auch die Partnerschaft. Wenn man eng zusammenlebt, tut man sich manchmal weh. Mein Mann hat keine Probleme zu delegieren, zu sagen: Bring mir dies, bring mir das. Das ist eigentlich gut. Aber manchmal bin ich so kaputt und bräuchte eigentlich jemanden, der mich verwöhnt. Es gab Zeiten, da hab ich zu ihm gesagt: Ich bin nicht mehr die Konny, ich bin du. Ich bin deine Beine, ich bin deine Arme, ich bin dein Körper, aber deine Seele bin ich nicht und will ich nicht sein, mit manchen Dingen musst du alleine klarkommen.

Das gibt mir Kraft

Wenn man überlegt, was wir schon geschafft haben! 25 Jahre MS, drei tolle Kinder erzogen, unter widrigsten Umständen. Viele junge Ehepaare lassen sich wegen Dingen scheiden, wo wir sagen: Ist doch Pipifax. Das macht schon stolz. Und ich habe viel gelernt vom Schicksal. Man muss den kranken Partner in seinem aufgewühlten emotionalen Zustand aushalten. Wenn ein Mensch sich Stück für Stück verliert, macht das grantig, unzufrieden. Dann werden Kranke oft ungerecht und verletzen. Da muss man vergeben können.

Mein Tipp für andere

Redet mit einem Psychologen! Mir hat eine systemische Therapie sehr geholfen. Das hat unheimlich gut getan, da konnte ich mich auskotzen. Schon nach zwei Sitzungen hatte ich wieder Kraft bis ins Unendliche. Leider wird das von den Kassen nicht bezahlt. Dieser psychische Bereich wird bei Angehörigen aus meiner Sicht vollkommen vernachlässigt, dabei bringt das so viel.

Die Facebook-Gruppe von Kornelia Schmid ist hier erreichbar.