In eigener Sache: Kritik an der Kooperation von Google und Gesundheitsministerium
Spätestens die Corona-Krise hat uns gezeigt: Gesundheit ist unser höchstes Gut. Gesundheitsinformation in den Medien hat deshalb einen hohen Stellenwert und sollte stets wissenschaftlich fundiert und ausgewogen sein. Auch die Bundesregierung in Person von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will den Bürgern eine solche Informationsmöglichkeit bieten. Deshalb hat sie im Sommer 2020 das Portal "gesund.bund.de" ins Leben gerufen, dessen Redaktion selbst nicht Bestandteil des Bundesgesundheitsministeriums ist. Damit dieses Portal nun "einen Bekanntheitsschub" macht und mehr Leser findet, ist Spahn diese Woche offiziell eine Kooperation mit dem Suchmaschinenkonzern Google eingegangen – zum Nachteil von Verlagen und Medienhäusern.
Bislang werden bei jeder Suche auf Google diejenigen Ergebnisse als oberste angezeigt, die der Algorithmus der Suchmaschine als beste für den Leser ansieht. Bewertungsfaktoren sind etwa die Nützlichkeit der Information, aber auch die Vertrauenswürdigkeit der Seite. Wer neuerdings eine von 160 Krankheiten googelt, bekommt in einem prominent hervorgehobenen Infokasten rechts neben der Suchergebnisliste nun immer die Informationen von "gesund.bund.de" angezeigt.
Tatsache ist: Die Mehrheit der Deutschen googelt täglich
Laut Spahn sollen so "objektive, fundierte, evidenzbasierte Informationen" rübergebracht werden. "Wenn wir ein Interesse daran haben, (...) bringt es mir nichts, wenn wir bei Google an Stelle 783 000 auftauchen", so seine Argumentation für die Kooperation mit dem Suchmaschinenkonzern. Schließlich sei es nun einmal eine Tatsache, dass die große Mehrheit der Deutschen jeden Tag Google nutze.
Zeitungs- und Zeitschriftenverlage deutschlandweit, auch der Wort & Bild Verlag als Herausgeber der Apotheken Umschau, kritisieren dies Zusammenarbeit in Sachen Gesundheitsinformation jedoch – und sehen sich benachteiligt:
"Nur um die verlässliche Information der Bürger kann es wohl nicht gehen"
"Es ist unverständlich, wieso die Politik die Pressefreiheit bei Gesundheitsinformationen gefährdet. Niemand käme auf die Idee, in der Google-Suchergebnisliste bei Politikthemen das Angebot des Bundespresseamtes dem von Verlagen vorzuziehen", sagt Dr. Dennis Ballwieser, Chefredakteur der Apotheken Umschau. Bei Gesundheit hingegen scheine es kein Störgefühl zu geben. "Das ist bedenklich." Zudem gebe es bereits ein öffentliches Angebot für Gesundheitsinformationen, das fair mit den Verlagen um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit im Wettbewerb stehe: "Das Portal 'Gesundheitsinformation.de' des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)." Seine Mutmaßung: "Nur um die verlässliche Information der Bürger kann es deshalb wohl nicht gehen, wenn BMG und Google ein neues Angebot an anderen vorbei bevorzugen."
Kooperation "zu Lasten kleinerer Anbieter"
Bereits am Mittwoch hatte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV), Dietmar Wolff, öffentlich das Wort ergriffen: Das Ministerium stärke "damit die quasimonopolistische Stellung des Suchmaschinenkonzerns zu Lasten kleinerer Anbieter." Gerade in den vergangenen Monaten der Corona-Pandemie hätten Zeitungen gezeigt, dass sie mindestens genauso verlässlich wie das vom Ministerium finanzierte Gesundheitsportal umfassend und nah an den Bedürfnissen der Bürger informierten.
"Einmaliger und neuartiger Angriff auf die Pressefreiheit"
"Eine solche Verdrängung der privaten Presse durch ein staatliches Medienangebot auf einer digitalen Megaplattform ist ein einmaliger und neuartiger Angriff auf die Pressefreiheit", sagte der Präsident des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), Rudolf Thiemann.
Und VDZ-Vizepräsident und Vorstand von Hubert Burda Media, Philipp Welte, ergänzte: Die Kooperation versetze der freien journalistischen Gesundheitsinformation einen "schweren Schlag". "Das Ministerium deklassiert die freien marktwirtschaftlich organisierten Gesundheitsportale und setzt alle Mechanismen der freien Information und damit der freien Meinungsbildung in unserer Demokratie außer Kraft."
Die Aufsichtsratsvorsitzende der Funke Mediengruppe, Julia Becker, wiederum betonte: „Mit der Kooperation von Bundesgesundheitsministerium und Google werden privatwirtschaftliche Angebote pauschal diskriminiert.“ Das könne man so nicht hinnehmen.