Keine Lust auf Brille: Für wen Augen lasern in Frage kommt
Ob Sie diese Zeilen scharf sehen oder verschwommen, ob Sie auf der Straße eine Freundin schon von Weitem erkennen oder erst aus der Nähe – darüber entscheiden manchmal nur Bruchteile eines Millimeters. Eine Winzigkeit im System aus Hornhaut, Linse und Kammerwasser im Auge, das jeden einfallenden Lichtstrahl bricht. Im Idealfall werden die Lichtstrahlen so abgelenkt, dass auf der Netzhaut und damit im Gehirn ein scharfes Bild entsteht. Doch wenn das Licht zu stark oder schwach gebrochen wird, ist es mit der scharfen Sicht dahin.
Eine Brille oder Kontaktlinsen können Kurz- und Weitsichtigkeit ausgleichen: Sie brechen das Licht so, dass es in einem veränderten Winkel ins Auge fällt – und so genau auf die Netzhaut trifft.
Augen lasern liegt im Trend
Viele Menschen stört eine Brille wenig. Manche aber stoßen sich an ihr: aus praktischen Gründen oder weil sie sich damit nicht gefallen. Dann gibt es eine Möglichkeit, das Gestell loszuwerden: das Auge „lasern“ zu lassen. Zur Behandlung von Kurzsichtigkeit macht der Eingriff die Hornhaut etwas dünner, sodass die Brechkraft abnimmt. Zur Behandlung von Weitsichtigkeit wird der Außenbereich der Hornhaut gelasert, sodass sie am Ende im Zentrum etwas dicker ist als am Rand. In der Fachsprache nennt man das „Aufsteilen“.
Allein im Jahr 2021 ist die Zahl der Eingriffe um rund 30 Prozent gestiegen, so zumindest eine Experten-Bilanz. Dieser Trend sei wohl eine Folge der Pandemie, sagt Professor Burkhard Dick, Direktor der Universitäts-Augenklinik am Knappschaftskrankenhaus Bochum: „Wir haben in letzter Zeit von den Patientinnen und Patienten immer wieder gehört, dass sie das Beschlagen der Brille beim Tragen des Mundschutzes enorm gestört hat. Hinzu kommt, dass man im letzten Jahr auch weniger verreisen konnte. Da haben sicher einige ihre gefüllte Reisekasse genutzt, um sich um ihre Augen zu kümmern.“
Krankenkassen übernehmen keine Kosten
Die gesetzliche Krankenkasse übernimmt die Kosten nicht, man muss den Eingriff selbst bezahlen. Und auch selbst entscheiden, was man genau an seinem Auge machen lässt. Die drei häufigsten Verfahren nennen sich Femto-LASIK, Laser-Lentikel-Extraktion (kurz: ReLex Smile) und transepitheliale photorefraktive Keratektomie (Trans-PRK). „Die gängigsten Verfahren beim Lasern unterscheiden sich im Vorgehen leicht voneinander, aber nach sechs Monaten sind die erzielten Ergebnisse überall ähnlich gut“, sagt Professor Thomas Kohnen, Direktor der Klinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Frankfurt.
Diese drei Verfahren stehen zur Verfügung
Drei Verfahren stehen zur Verfügung:
Vor der OP mehrere Meinungen einholen
„Um das richtige Verfahren für einen selbst zu finden, sollte man sich individuell beraten lassen“, sagt Dick. Er empfiehlt, dabei ruhig zwei niedergelassene augenärztliche Praxen oder Augenkliniken aufzusuchen. „Die meisten Beratungstermine kosten weniger als 100 Euro oder sind kostenlos“, sagt Dick. Auch wenn man als Laie deren Aussagen in fachlicher Hinsicht nicht vollständig beurteilen könne, bekomme man doch einen recht guten Eindruck, ob die oder der Behandelnde und das vorgeschlagene Verfahren zu einem passen.
Von angepriesenen Sondermethoden wie „wellenfrontgeführten Verfahren“ oder „Ray-Tracing-Algorithmus“ sollte man sich nicht beeindrucken lassen. Solche Begriffe beschreiben meist Selbstverständliches oder Überflüssiges. Denn mit der „Kommission Refraktive Chirurgie“ (KRC) gibt es in Deutschland ein Gremium, das die Anforderungen an die Verfahren definiert und die Qualitätsstandards hochhält.
Welche Risiken birgt das Lasern?
Laut Burkhard Dick ist es eher verdächtig, wenn eine Ärztin oder ein Arzt vollständigen Erfolg garantiere. „Jede Operation birgt Risiken“, sagt er. Es kann zu Komplikationen kommen, oder der Erfolg bleibt aus. Bei einer geringen Kurzsichtigkeit sagen 95 Prozent der Patientinnen und Patienten, dass sie mit der Behandlung zufrieden sind. Bei starker Fehlsichtigkeit oder einer Hornhautverkrümmung liegt der Wert rasch niedriger. Egal welcher Eingriff bevorsteht, ein seriöser Mediziner klärt immer sorgfältig über die bestehenden Risiken auf“, sagt Dick.
Beim Lasern sind dies etwa trockene Augen, vor allem direkt nach dem Eingriff. Aber es kann auch passieren, dass eine Spur zu viel oder zu wenig Hornhaut entfernt wird. Dann verbleibt eine Fehlsichtigkeit, die eine Korrekturoperation erforderlich macht. Fast jede und jeder dritte Behandelte berichtet über Schwierigkeiten beim nächtlichen Autofahren oder über Lichteindrücke wie Strahlenkränze. „Manche Patienten haben damit kein Problem, andere stören sich daran“, sagt Dick.
Eingriff ist nicht für jeden Patienten geeignet
Besonders häufig kommen solche Lichtstreuungen jedoch vor, wenn die Therapie den Augenlinsen gilt. Denn die Hornhaut-Behandlung hat Grenzen. So empfiehlt die „Kommission Refraktive Chirurgie“ Femto-Lasern nur bei einer Kurzsichtigkeit von bis zu minus acht Dioptrien und bei einer Weitsichtigkeit von bis zu plus drei Dioptrien. Auch lohnt es sich ab einem Alter von etwa 50 Jahren nicht mehr, weil sich Beweglichkeit und Brechkraft der Linse Jahr für Jahr ändern. Zudem lässt sich Astigmatismus, eine Verkrümmung der Hornhaut, nur begrenzt behandeln.
„Einige dieser Lücken lassen sich mit einer Linsenoperation schließen“, sagt Thomas Kohnen. Die Hornhaut wird dann nicht angetastet. Dabei gibt es zwei Vorgehensweisen: Das Einsetzen einer sogenannten Phake-Intraokularlinse oder der vollständige Austausch der Linse. Vor allem wenn die Linse wegen eines grauen Stars ohnehin ersetzt werden muss, kann man eine sogenannte Multifokal- oder Tiefenschärfelinse wählen. Ob die bessere Sehschärfe bei einer gesunden Linse einen Austausch rechtfertigt, ist allerdings strittig. Viele Behandelte brauchen trotzdem eine Brille.