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Warum enthalten viele Medikamente überhaupt Alkohol?

Apotheker Christoph Unglaub aus Velburg hört die Frage oft. „Alkohol besitzt mehrere Vorteile: Unter anderem ist er ein natür­liches Konservierungsmittel, sodass in der Arznei auf künstliche verzichtet werden kann.“ Ein anderer wichtiger Punkt: „Bei der Gewinnung pflanzlicher Arzneimittel hilft Alkohol die Wirkstoffe überhaupt aus der Pflanze herauszulösen“, sagt Unglaub. ­Viele kennen das Prinzip vom Tee. Er schmeckt besser, wenn man Milch hinzugibt, denn deren Fett zieht neue Geschmacksstoffe aus den Teeblättern ins Getränk. Alkohol ermöglicht viele Extrakte, die für Medikamente nötig sind und für die Wasser nicht reicht.

Ist der Alkohol in Medikamenten schädlich für Kinder?

„Nicht grundsätzlich. In der richtigen Dosis ist Alkohol in Arznei­mitteln für Kinder über dem Kleinkindalter nicht schädlich“, erklärt Lisa Speidel, Apothekerin in Bisingen. „Auch bekommen Kinder nur wenige Tropfen einer Arznei.“ Über Lebensmittel wie ein Glas Apfelsaft oder eine Scheibe Brot, die natürlicherweise Alkohol enthalten, nehmen Kinder teilweise mehr davon auf als über ein korrekt dosiertes Medikament. Der kindliche Körper ist in der Lage, diese kleinen Mengen Alkohol rasch abzubauen.

So baut der Körper Alkohol ab

Der Körper baut Alkohol zu ­einem kleinen Teil über Lunge, Nieren und Haut ab. Der allergrößte Teil wird allerdings in der Leber verstoffwechselt. Als ein Zwischenprodukt entsteht beim Abbau die Substanz Acetaldehyd, die viele schädliche Auswirkungen auf den Körper hat. Sie ist unter anderem für den typischen Kater am nächsten Morgen verantwortlich. ­Manche Menschen können die giftige ­Substanz nicht so gut verstoffwechseln. Viele Asiaten­ vertragen Alkohol aus diesem­ Grund deutlich schlechter.

Was gilt bei Babys und Kleinkindern?

Es gilt, was für alle Kinder gilt: Eine alkoholhaltige Arznei darf nur in den dafür­ zugelassenen Dosierungen gegeben werden. „Die Körper von Kleinkindern bis ungefähr drei Jahren sind weniger entwickelt und reagieren daher ganz besonders empfind­lich auf Alkohol“, sagt Apotheker Unglaub. Beispielsweise haben die Kleinsten noch weniger Wasser im Körper, auf das sich Alkohol verteilen kann. Zudem ist bei ihnen die Barriere zwischen dem Gehirn und dem Blut durchlässiger als später. Diese Blut-Hirn-Schranke hat die Aufgabe, die Substanzen zu filtern, die ins Hirn gelangen dürfen, und schädliche Stoffe fernzuhalten. Gerade bei den Kleinsten müssen Ärztinnen und Ärzte daher immer abwägen, ob ein Medikament wirklich nötig ist.

Worauf sollte man bei der Dosierung achten?

„Wie jedes Medikament müssen auch Arzneimittel mit Alkohol nach dem Beipackzettel oder ärztlicher Empfehlung dosiert werden“, sagt Apothekerin Speidel. Die Bestimmung der Menge basiert auf Körpergewicht und Alter. Nur wenn man das aktuelle Gewicht des Kindes kennt, lässt sich das Arzneimittel darum richtig bemessen. Bei kleineren Kindern ist das besonders wichtig, denn ihr Gewicht ändert sich ständig. Nimmt ein Kind mehrere Arzneimittel ein, muss geprüft werden, ob diese zu­einander passen. Alkohol in einem Medikament kann zu unerwünschten Wechselwirkungen mit anderen Arzneien führen. Sprechen Sie darum die Kinderärztin oder den Apotheker an, sobald Ihr Kind mehrere Mittel bekommt und zählen Sie alle vollständig auf.

Ich will nicht, dass sich mein Kind an den Alkoholgeschmack gewöhnt. Was kann ich dagegen tun?

In diesem Fall können Sie die Tropfen einer Einzeldosis in ein halbes Glas mit lauwarmem Wasser geben. Beim Trinken ist der alkoholische Geschmack dann nicht mehr wahrnehmbar. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Tropfen auf ein Stück Zwieback zu geben. Tipp: die Medizin etwas antrocknen lassen, bevor das Kind den Zwieback bekommt.