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Der Sommer ist die Hochsaison für Blasenentzündungen. Wer nasse Badebekleidung zu spät wechselt, läuft Gefahr, dass es am nächsten Tag beim Wasserlassen brennt. Besonders häufig trifft solch ein Harnwegsinfekt Kinder und Schwangere, aber auch Menschen mit Diabetes oder Multipler Sklerose[1]. Und ungefähr jede dritte Frau, bei der eine Blasenentzündung auftritt, erlebt innerhalb eines Jahres eine[2] weitere.

Cranberrys senken das Risiko einer Harnwegsinfektion

Eine beliebte Beere scheint Abhilfe zu schaffen: die Großfrüchtige Moosbeere, besser bekannt als Cranberry. Säfte und Schorlen daraus gibt es als Durstlöscher im Supermarkt. Seit einiger Zeit ist die Cranberry aber auch als Arznei bei Blasenentzündung im Gespräch[3]. Viele nutzen konzentrierte Säfte oder Kapseln aus der Apotheke vor Ort, um den Beschwerden vorzubeugen oder sie zu behandeln. Der Grund: Die Frucht enthält sogenannte Proanthocyanidine (PAC). Sie sollen verhindern, dass sich Bakterien an die Schleimhaut der Blase anheften und dort eine Entzündung auslösen – so zumindest das Ergebnis von Versuchen im Reagenzglas.

Mit einfachen Maßnahmen vorbeugen

Nicht immer ist ein Arzneimittel nötig. Diese Verhaltens­tipps mindern das Risiko für eine Blasenentzündung:

Eine aktuelle Übersichtsarbeit der Coch­rane-Gesellschaft[2] mit Befunden aus 50 Studien und Daten von rund 8900 Teilnehmerinnen und Teilnehmern kommt nun zu dem Schluss, dass die Cranberry tatsächlich einen vorbeugenden Effekt haben könnte. Das Risiko, an einem Harnwegsinfekt zu erkranken, sank demnach für Frauen mit wiederkehrenden Beschwerden und auch für Kinder mit Harnwegsinfektionen deutlich, wenn diese vorbeugend eine Cranberry-Kur machten. Auch Menschen, die nach einer Bestrahlung oder Operation im Blasenbereich besonders anfällig waren, blieben mit den Beerenpräparaten eher symptomfrei.

Unzureichende Datenlage

„Cranberrys sind eine uralte Maßnahme bei Harnwegsinfektionen, schon die Ureinwohner Amerikas haben darauf gesetzt“, sagt die Urologin Prof. Dr. Daniela Schultz-Lampel, Direktorin des Kontinenzzentrums Südwest am Schwarzwald-Baar Klinikum. War die Datenlage bislang widersprüchlich, erfahre die Frucht nun durch die Cochrane-Analyse eine Reaktivierung als Mittel gegen Blasenentzündungen.

Nicht alle Menschen, die zu Harnwegsinfekten neigen, scheinen nach aktuellem Stand von der Beerenkur zu profitieren: Für Schwangere, Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen sowie Personen mit Vorschädigungen an der Blase konnte die Cochrane-Analyse nur einen kleinen oder gar keinen Effekt feststellen. Allerdings lagen den Autorinnen und Autoren nicht genügend Befunde zu diesen Personengruppen vor, um eine eindeutige Aussage treffen zu können. Hier ist noch mehr Forschung nötig.

Offene Fragen zur Dosierung

Eine weitere offene Frage ist, welche Darreichungsform besser wirkt: Sirup, Saftkonzentrat oder Kapseln. Meist enthalten diese sehr unterschiedliche Mengen des Wirkstoffs PAC – und dessen Dosis ist für Laien oft nicht zu erkennen. Wie viel PAC mindestens in einem Cranberry-Präparat enthalten sein muss, damit es überhaupt vorbeugend wirkt, können die Forschenden ebenfalls noch nicht sagen. Die Studienlage ist für solche Angaben bislang zu dünn.

Bekannt ist nur ein ungefähres, recht hohes Mindestmaß. Säfte oder Schorlen aus dem Lebensmittelhandel genügen nicht. „Um die ausreichende Dosis PAC zu sich zu nehmen, müsste man vom sogenannten Cranberry-Muttersaft täglich fast einen halben Liter trinken. Der Saft ist jedoch sehr bitter“, sagt Schultz-Lampel. Muttersaft wird bei der ersten Pressung einer Frucht gewonnen, die natürlichen Inhaltsstoffe bleiben weitgehend enthalten.

Der Nachteil: Cranberrys enthalten Oxalsäure, die die Bildung von Nierensteinen begünstigen kann. Zudem können Wechselwirkungen mit Blutgerinnungshemmern auftreten. Darüber hinaus bescheinigt die Cochrane-Analyse den Beerenpräparaten nur eine vorbeugende Wirkung – nicht, dass sie helfen, wenn die Symptome schon da sind.

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Quellen:

  • [1] diverse medizinische Fachgesellschaften: Interdisziplinäre S3 Leitlinie Epidemiologie, Diagnostik, Therapie ävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. Leitlinie: 2017. AWMF: https://register.awmf.org/... (Abgerufen am 07.07.2023)

  • [2] Gabrielle Williams et al.: Cranberries for preventing urinary tract infections. Cochrane Library: https://www.cochranelibrary.com/... (Abgerufen am 07.07.2023)
  • [3] IQWIG: Wiederkehrende Blasenentzündung: Cranberry-Präparate scheinen zu helfen. https://www.iqwig.de/... (Abgerufen am 07.07.2023)