Warum der Körper auf die Corona-Impfung unterschiedlich reagiert
In der Impfstoffampulle ist immer das Gleiche – aber die körperliche Reaktion darauf ist bei jedem etwas anders. Manche Menschen werden dadurch kurzfristig außer Gefecht gesetzt, es kommt zu hohem Fieber, starken Gliederschmerzen, ausgeprägtem Schwächegefühl. Andere hingegen merken bis auf den kurzen Nadelstich gar nichts. Die sogenannten Impfreaktionen, wie Fieber, Kopfschmerzen und ein allgemeines Krankheitsgefühl, bleiben bei ihnen völlig aus. Warum ist das eigentlich so? Und lässt sich das beeinflussen?
Auf die Signalwege kommt es an
„Das Immunsystem ist ein hochkomplexes System mit vielen verschiedenen Botenstoffen. Je nachdem, welche Signalwege besonders ausgeprägt sind und welche Zellen und Substanzen mehr oder weniger vorkommen, unterscheidet sich die Reaktion von Mensch zu Mensch und in verschiedenen Bevölkerungsgruppen“, sagt Professor Carlos A. Guzmán, Leiter der Abteilung Vakzinologie und angewandte Mikrobiologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig. In Bezug auf das Geschlecht und das Alter gibt es etwa Tendenzen bei der Stärke der Impfreaktion.
Unterschiede bei den Geschlechtern
So wurde beobachtet, dass Frauen eher stärkere Impfreaktionen haben als Männer. Wissenschaftler erklären es unter anderem mit der Wirkung der Geschlechtshormone: Ganz vereinfacht gesagt steigert Östrogen die Schlagkraft des Immunsystems etwas – das führt eben auch zu einer stärkeren Immunantwort nach Impfungen. Auch in Bezug auf das Alter geht es um die Schlagkraft: Jüngere Menschen haben ein etwas potenteres Immunsystem, deshalb kommt es hier eher zu einer Impfreaktion als bei älteren Menschen.
Vorherige Infektion wirkt sich aus
Zu einer eher stärkeren Impfreaktion kann es auch kommen, wenn man zuvor schon an Covid-19 erkrankt war. Dann wurde das Immunsystem bereits sensibilisiert – und antwortet eher schlagkräftig auf den erneuten Kontakt mit Fragmenten des Virus.
Impfschutz hängt nicht von starker Impfreaktion ab
Ob man spürbare Impfreaktionen hat und wie stark diese sind, hat jedoch keine Auswirkungen auf den Impfschutz: „Man hat mittlerweile die Daten von vielen Tausend Patienten ausgewertet, bei denen sowohl die Zahl der Antikörper im Blut – als Zeichen für den Impfschutz – als auch die Stärke der Impfreaktionen erfasst wurde. Es ließ sich kein Zusammenhang finden“, sagt Professor Peter Palese, Leiter des Bereichs Mikrobiologie an der Icahn School of Medicine am Mount Sinai Hospital in New York.
Besser auf Tabletten gegen Entzündung verzichten
Um zumindest die Wahrscheinlichkeit für stärkere Impfreaktionen zu senken, kommen manche auf die Idee, entzündungshemmende Mittel wie Ibuprofen vor der Impfung einzunehmen. Doch das sollte man nicht tun. . Denn es ist nicht geklärt, ob das Immunsystem dadurch derart gehemmt wird, dass sich der spätere Impfschutz verschlechtert. Laut Robert-Koch-Institut gehen Expertinnen und Experten, gestützt von Erkenntnissen aus Studien mit anderen Impfstoffen, davon aus, „dass eine prophylaktische Gabe von fiebersenkenden und schmerzlindernden Medikamenten nicht empfehlenswert ist“. Treten nach der Impfung Beschwerden wie hohes Fieber auf, kann man auf entsprechende Mittel jedoch zurückgreifen, um diese zu lindern. Laut dem Robert-Koch-institut gibt es "nach gegenwärtigem Kenntnisstand keine Evidenz, dass die Gabe dieser Medikamente beim Auftreten von unerwünschten Nebenwirkungen nach der Impfung den Impferfolg signifikant beeinflussen könnte.“
Unterschiede bei den Impfstoffen
Aber die Reaktionen des Immunsystems unterscheiden sich nicht nur von Menschen zu Menschen, es kommt auch auf den verabreichten Impfstoff an. So wurde beobachtet, dass es beim Impfstoff von AstraZeneca eher nach Verabreichung der ersten Dosis zu einer stärkeren Impfreaktion kommt, während bei den Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna beispielsweise eher nach Gabe der zweiten Dosis Fieber auftrat.
„Dass es unterschiedliche Reaktionen auf die verschiedenen Arten an Impfstoffen gibt, ist an sich nicht überraschend. Denn der geimpfte Stoff ist bei den synthetischen mRNA-Impfstoffen von Moderna und Biontech/Pfizer anders als bei den sogenannten Vektor-Impfstoffen, etwa von AstraZeneca“, sagt der deutsch-amerikanische Virologe Dr. Heinz Feldmann, der das Virologielabor der Rocky Mountain Laboratories am US-amerikanischen National Institute of Health leitet. Bei den mRNA-Impfstoffen wird die Erbinformation für einen Virusbestandteil injiziert, diese gelangt dann in die Körperzellen, wo sie abgelesen und der Virusbestandteil, ein Eiweiß, produziert wird. Auf die Viruseiweiße wird dann das Immunsystem aufmerksam und reagiert. Bei den sogenannten Vektorimpfstoffen wie von AstraZeneca wird die Erbinformation für ein Viruseiweiß in das Erbmaterial eines anderen, harmlosen Virus eingebaut, dieser wird injiziert und der Virus befällt Körperzellen – die dann schließlich das Viruseiweiß produzieren.
Warum genau aber die Reaktionen unterschiedlich sind je nach Impfstoff und erster oder zweiter Dosis, darüber lässt sich bislang nur spekulieren.