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Von geschultem Personal durchgeführte Schnelltests sollen der Schlüssel sein für sichere Schulöffnungen und mehr Besucher in Senioren- und Pflegeheimen. Sie sollen mit dem Coronavirus infizierte Menschen frühzeitig identifizieren, bevor sie ihre Mitmenschen anstecken können.

Das funktioniert aber nur, wenn die Tests tatsächlich eine hohe Aussagekraft haben. Deshalb hat Cochrane, ein globales, unabhängiges Netzwerk aus Wissenschaftlern, 64 Studien aus den USA und Europa zu Schnelltests ausgewertet. In diesen Studien wurden die Ergebnisse der Schnelltests mit PCR-Tests verglichen.

Die Experten kamen bei der Auswertung der 64 Studien zu folgenden Ergebnissen:

Viele Schnelltests erfüllen nicht die Mindestanforderungen der WHO

Es gibt bei den auf dem Markt angebotenen Schnelltests deutliche Unterschiede in der Genauigkeit. Nur wenige erfüllen die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorgegebenen minimalen Anforderungen: Demnach sollten die Tests mindestens 80% der infizierten Menschen identifizieren und bei zumindest 97% der nicht Infizierten die Infektion korrekt ausschließen.

Durchschnittlich identifizierten die Antigen-Tests aber nur 72% der mit SARS-Cov-2 infizierten Patienten, die entsprechende Symptome hatten. Am besten schnitten diese Tests noch in der ersten Woche nach Beginn der Symptome ab, dann identifizierten sie 78% der Personen mit COVID-19.

Bei den mit SARS-Cov-2 infizierten Menschen ohne Symptomen wurden aber nur 58% richtig identifiziert.

Einer der besseren Tests, der in den Studien die Qualitätskriterien der WHO erfüllte, war der SD Biosensor Standard Q. Zu diesem Test führten die Wissenschaftler folgende Modellrechung aus:

Modellrechnung beim Testen von symptomatischen Patienten

Würden 1000 Menschen mit für Covid typischen Symptomen mit dem SD Biosensor Standard Q getestet, von denen 50 Menschen tatsächlich an Covid-19 erkrankt sind, würde es im Durchschnitt zu folgenden Ergebnissen kommen:

  • Es gäbe 53 positive Testergebnisse, von denen 9 Personen (17%) gar nicht infiziert wären, es sich also um falsch postive Resultate handeln würde.
  • Es gäbe 947 negative Testergebnisse, von denen dennoch 6 Menschen (0,6%) an Covid-19 erkrankt sind, ohne dass der Test sie entdeckt hat.

Modellrechnung beim Testen von symptomfreien Menschen

Würden 10.000 Menschen ohne Krankheitssymptome getestet, von denen 50 Menschen dennoch mit SARS-CoV-2 infiziert sind, würde es im Durchschnitt zu folgenden Ergebnissen kommen:

  • Es gäbe 125 positive Testergebnisse, von denen 90 Personen (72%) gar nicht infiziert wären, es sich also um falsch postive Resultate handeln würde.
  • Es gäbe 9.875 negative Testergebnisse, von denen dennoch 15 Menschen (0,2%) an Covid-19 erkrankt sind, ohne dass der Test sie entdeckt hat.

Exakte Durchführung ist ein wichtiger Faktor

Die Analyse ergab euch einige neue Hinweise darauf, dass die Genauigkeit des Tests davon beeinflusst wird, wer ihn durchführt. Künftige Studien sollten deshalb den Zusammenhang zwischen der Erfahrung der Person, die den Test durchführt, und der Empfindlichkeit des Tests untersuchen.

Gemischtes Fazit der Forscher

Erstautorin Jacqueline Dinnes, Senior Researcher in Public Health, Epidemiologie und Biostatistik an der University of Birmingham kommentiert: „Unsere Übersichtsarbeit zeigt, dass einige Antigen-Tests nützlich sein können, wenn bei Menschen mit Symptomen ein Verdacht auf COVID-19 besteht.“ Manche der Schnelltests sind also genau genug, um bei Menschen mit Covid-Symptomen vorübergehend einen PCR-Test zu ersetzen, vor allem, wenn schnelle Entscheidungen gefällt werden müssen bei der Pflege des Patienten.

Jedoch scheinen diese Schnelltests bei Menschen, die keine Symptome von COVID-19 haben, nicht so gut zu funktionieren.

Ein positives Ergebnis aus einem Schnelltest sollte immer durch einen PCR-Test überprüft werden. Das kann helfen, unnötige Quarantäne-Maßnahmen zu vermeiden – insbesondere bei einer geringen Häufigkeit von COVID-19-Fällen.

Wichtig: Alle Antigentests übersehen einige Menschen mit einer Infektion. Daher ist es wichtig, Personen, die ein negatives Testergebnis erhalten, klar zu machen, dass sie trotzdem infiziert sein können.

Noch kein Beweis für Nutzen der Schnelltests beim Screening

Koautor Jon Deeks, Professor für Biostatistik an der Universität Birmingham, fügt hinzu: „Es ist gut, dass wir Evidenz dafür finden konnten, dass einige Testmarken die von der WHO festgelegten minimalen Leistungsstandards für die Untersuchung von Menschen mit Symptomen erfüllen. Allerdings machen diese nur einen sehr kleinen Teil der kommerziell erhältlichen Tests aus.“

Anders verhalte es sich beim Testen von Menschen ohne Symptome, insbesondere bei der Verwendung von wiederholten Antigen-Schnelltests zum Screening auf SARS-CoV-2-Infektionen bei Schülern und Personal in Schulen sowie bei Krankenhaus- und Pflegeheimpersonal. Deeks weiter: „Wir haben keine Daten oder Studien gefunden, die die Genauigkeit dieser Tests bewerten, wenn sie beim wiederholten Screening von Personen ohne bekannte Exposition gegenüber SARS-CoV-2 eingesetzt werden. Solche Test-Strategien können sich bisher nicht auf ‚Real-World‘-Evidenz aus der Praxis stützen."

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