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Wenn die Liebsten ins Krankenhaus müssen, ist es in Corona-Zeiten oft schwierig , den Kontakt aufrecht zu erhalten. Dr. Ann-Kathrin Hirschmüller, Fachanwältin für Medizinrecht in Hannover beantwortet die wichtigsten Fragen, die Angehörige in dieser schwierigen Zeit bewegen.

Frau Dr. Hirschmüller, darf mir das Krankenhaus wegen der Coronavirus-Pandemie verbieten, meinen Angehörigen zu besuchen?

Grundsätzlich haben Angehörige auch in Corona-Zeiten das Recht, Patienten im Krankenhaus zu besuchen – schließlich ist ja nicht jeder Kranke infektiös. Allerdings hat die Klinik das Hausrecht und kann deshalb die Regeln für den Besuch festlegen, beispielsweise die Uhrzeit, die maximale Personenzahl, Hygienemaßnahmen, Schutzkleidung, Durchführung eines Schnelltests oder Ähnliches.

Bei Corona-Erkrankten gibt es allerdings die Besonderheit, dass diese Patienten unter Quarantäne stehen und auf Isolierstationen liegen. Deshalb wird man es in den meisten Fällen akzeptieren müssen, dass das Krankenhaus jeden Besuch komplett verbietet, auch wenn dies emotional sehr schwierig ist. Wer versucht, sein Besuchsrecht vor Gericht durchzusetzen, dürfte damit nach derzeitiger Rechtsprechung schlechte Karten haben.

Was ist, wenn es dem Angehörigen so schlecht geht, dass er vielleicht stirbt?

Liegt der Patient im Sterben, sollte ein Besuch eigentlich immer möglich sein. Derzeit lassen die meisten Kliniken in solchen Fällen meist einen oder zwei Angehörige als regelmäßigen Kontakte zu. Verweigert das Krankenhaus dennoch den Besuch, muss man im Einzelfall prüfen, ob dieses Besuchsverbot rechtens ist, notfalls per Eilverfahren vor Gericht. Da in dieser Situation aber die Zeit davonläuft, sollte man unbedingt auch versuchen, anderweitig eine Einigung zu erzielen.

Wenn es Schwierigkeiten mit dem Besuchsrecht gibt, empfehle ich, das Gespräch mit dem behandelnden Arzt oder dem Chefarzt zu suchen. Oft findet man dann doch noch eine Lösung. Die Pflegekräfte und das Personal an der Pforte dürfen solche Dinge nämlich nicht selbst entscheiden.

Mein Angehöriger steht unter meiner Betreuung. Habe ich als gesetzlicher Betreuer einen Anspruch darauf, den Patienten zu besuchen, um mich von seinem Gesundheitszustand zu überzeugen?

Dies hängt vom Einzelfall ab. Gesetzliche Betreuer sind grundsätzlich verpflichtet, sich vor Ort einen Eindruck vom Zustand des Betreuten zu verschaffen, bevor sie Entscheidungen über seine weitere Behandlung treffen. In einigen Bundesländern sind Betreuer-Besuche auch bei Corona-Patienten möglich, in anderen werden sie wegen des Infektionsschutzes ausgesetzt. Die Regelungen dazu ändern sich aber häufig. Ich empfehle deshalb, das Gespräch mit dem behandelnden Arzt zu suchen und sich um eine Besuchserlaubnis zu bemühen.

Wenn ich den Patienten schon nicht besuchen darf, muss das Krankenhaus dann wenigstens dafür sorgen dass er telefonieren kann?

Ja, der Patient hat ein Recht auf freien Informationsfluss und dazu gehört auch das Gespräch mit den Angehörigen. Ist es erlaubt, telefonieren viele Patienten mit ihrem Handy. Hat der Patient dieses nicht dabei, muss das Personal also dafür sorgen, dass der Kranke diese Geräte erhält oder alternativ ein Festnetz-Telefon bereitstellen. Außerdem muss das Personal dem Erkrankten nötigenfalls auch beim Telefonieren helfen. Dabei sollte man allerdings bedenken, dass das Personal in den Krankenhäusern derzeit sehr stark belastet ist und auch berechtigte Wünsche nicht immer sofort erfüllen kann.

Ich darf den Angehörigen nicht besuchen, möchte aber zumindest einige persönliche Gegenstände vorbeibringen. Ist das Personal verpflichtet, diese Dinge an den Patienten weiterzuleiten?

Grundsätzlich kann man vom Personal verlangen, dass es in angemessenen Umfang Gegenstände für den Patienten annimmt und weiterleitet, vor allem wenn es sich um wichtige Dinge wie beispielsweise Wäsche oder das Handy-Ladegerät handelt. In der Praxis heißt das: Will man gelegentlich einzelne Gegenstände für den Erkrankten vorbeibringen, kann man schon erwarten, dass das Personal diese weiterleitet. Man kann aber nicht verlangen, dass die Mitarbeiter mehrmals täglich immer neue Dinge entgegennehmen, schließlich ist ein Krankenhaus kein Paketdienst.

Aber: In begründeten Einzelfällen kann es das Personal trotzdem ablehnen, dem Erkrankten persönliche Dinge zu bringen. Ein Beispiel für eine solche Situation wäre, dass der Patient derzeit nicht ansprechbar ist und es keinen Platz gibt, um die Dinge bis zu seinem Aufwachen sicher aufzubewahren, was insbesondere auf Intensivstationen sehr häufig der Fall ist.

Muss die Klinik mir sagen, wie es meinem Angehörigen geht?

Wegen der Schweigepflicht dürfen die Kliniken auch engsten Angehörigen wie dem Ehepartner oder den Kindern grundsätzlich nichts über den Gesundheitszustand des Patienten sagen. Dazu braucht man im Normalfall entweder eine Schweigepflicht-Entbindungserklärung oder eine Vorsorgevollmacht. Wenn irgend möglich, sollte man diese Dinge deshalb regeln, bevor der Erkrankte in die Klinik geht.

Der Arzt kann sich aber weigern, Gesundheitsfragen am Telefon zu besprechen. Schließlich kann der Mediziner ja nicht kontrollieren, wer sich tatsächlich am anderen Ende der Leitung befindet. In solchen Fällen muss man nötigenfalls ins Krankenhaus fahren, um persönlich mit dem Arzt zu sprechen. In der Praxis ist das aber erfahrungsgemäß kein Problem, die meisten Kliniken geben den bekannten Kontaktpersonen auch telefonisch Auskunft.

Darf ich über die Behandlung meines erkrankten Angehörigen entscheiden?

Nein, solange der Patient einwilligungsfähig ist, entscheidet er alleine über seine Behandlung. Kann der Erkrankte nicht mehr selbst entscheiden, beispielsweise weil er im Koma liegt, dürfen Angehörige nur dann über die weitere Behandlung entscheiden, wenn sie entweder eine entsprechende Vollmacht des Patienten haben oder gesetzliche Betreuer sind. Das gilt auch für nahe Angehörige wie den Ehepartner und die Kinder.

Existiert keine entsprechende Vollmacht, muss das Betreuungsgericht einen gesetzlichen Betreuer bestellen, der die anstehenden Entscheidungen treffen darf. Bis dies geschehen ist, muss das Personal alles Menschenmögliche tun, um das Leben des Erkrankten zu retten, auch wenn die Angehörigen damit nicht einverstanden sind.

Darf ich als Angehöriger die Patientenakte einsehen?

Grundsätzlich entscheidet der Patient, wer Zugang zu seinen Krankenunterlagen bekommt. Angehörige, auch der Ehepartner und die Kinder, dürfen die Patientenakte nur mit ausdrücklicher Schweigepflicht-Entbindungserklärung oder mit einer Vorsorgevollmacht einsehen. Ausnahme: Steht der Patient unter gesetzlicher Betreuung, darf der gesetzliche Betreuer ohne weitere Formalitäten die Akte einsehen.

Stirbt der Patient, dürfen die Erben und andere, nicht erbberechtigte nahe Angehörige unter bestimmten Bedingungen auch ohne Schweigepflicht-Entbindungserklärung die Akte einsehen bzw. Kopien verlangen. Das Original der Akte bleibt aber im Krankenhaus. Manche Kliniken leiten die Originalunterlagen allerdings an den Hausarzt des Verstorbenen weiter. Dann können die Hinterbliebenen dort Einsicht nehmen bzw. Kopien verlangen.

Will man die Akte eines Verstorbenen einsehen, sollte man der Klinik dafür mindestens drei Wochen Zeit geben. Reagiert sie nicht, sollte man sie erneut zur Akteneinsicht auffordern und dazu eine weitere, angemessene Frist setzen. Geschieht dann immer noch nichts, kann man die Akteneinsicht vor Gericht einklagen.

Wer haftet, wenn Patienteneigentum verloren geht?

Das kommt darauf an, von wem und wo die Sachen eingelagert wurden. Hat die Klinik die Sachen des Patienten eingelagert, beispielsweise weil er auf der Intensivstation liegt, sind die Gegenstände in der Obhut der Klinik und damit haftet auch das Krankenhaus bzw. dessen Versicherung. Allerdings muss man im Zweifel natürlich beweisen können, dass der Erkranke die Gegenstände auch tatsächlich bei sich trug, was insbesondere nach dem Tod des Patienten oft schwierig werden kann.

Bei Gegenständen, die der Patient in seinem Zimmer hatte, muss im Einzelfall geprüft werden, wer die Verantwortung für den Verlust trägt, das Krankenhaus oder der Patient.

Gut zu wissen: Bei vielen Hausratsversicherungen ist Diebstahl aus dem Krankenzimmer bis zu einem bestimmten Betrag mit abgedeckt. Allerdings zahlt die Versicherung oft nicht oder nur teilweise, wenn der Patient eine Mitschuld trägt, beispielsweise wenn er wertvolle Dinge im leeren Zimmer offen herumliegen lässt. Deshalb sollte man so wenig Wertgegenstände wie möglich mit ins Krankenhaus nehmen und teure Dinge grundsätzlich immer einschließen. Die meisten Kliniken haben dazu abschließbare Schrankfächer, Tresore oder Ähnliches auf den Zimmern.

Und was ist, wenn das Eigentum von Besuchern gestohlen wird?

Selbstverständlich ist jeder Besucher selbst dafür verantwortlich, auf seine persönlichen Dinge aufzupassen. Manchmal verlangt das Krankenhaus aber aus hygienischen Gründen, dass Besucher Kleidungsstücke, Taschen oder Ähnliches nicht mit auf die Station bzw. in das Zimmer bringen dürfen. Dann muss die Klinik auch Sicherheitsvorkehrungen anbieten, damit diese Dinge nicht gestohlen werden können, beispielsweise einen abschließbaren Schrank. Tut sie es nicht, haftet das Krankenhaus, wenn das Eigentum der Besucher verschwunden ist.

Mein Angehöriger ist gestorben. Wer bekommt die  persönlichen Gegenstände des Verstorbenen?

Grundsätzlich sind die persönlichen Gegenstände des Verstorbenen Teil des Erbes und damit gehören die persönlichen Gegenstände den gesetzlichen Erben. Rein theoretisch müsste man also per Erbschein nachweisen, dass man berechtigt ist, diese Dinge entgegenzunehmen. In der Praxis geben die meisten Kliniken die persönlichen Gegenstände des Verstorbenen aber gegen Vorlage des Personalausweises heraus, manche auch, wenn sie den Empfänger persönlich kennen. Erfahrungsgemäß gibt es in der Praxis auch kaum jemals Probleme, dass die Gegenstände an die falsche Person herausgegeben wurden. 

Habe ich nach dem Tode meines Angehörigen noch einen Anspruch auf ein letztes Gespräch mit den behandelnden Ärzten?

Selbstverständlich muss die Klinik die Angehörigen persönlich oder telefonisch über den Tod des Patienten informieren. Eine schriftliche Nachricht genügt nicht, ist im Klinikalltag aber auch nicht üblich. Hinterbliebene haben aber keinen Anspruch auf ausführliche, detailliertere Gespräche, etwa darüber wie es dem Patienten in seinen letzten Stunden ging oder ob er noch etwas gesagt hat. Allerdings können Angehörige Einsicht in die Patientenakte des Verstorbenen verlangen (siehe auch Frage oben).

Habe ich Anspruch auf eine Obduktion des Verstorbenen um herauszufinden, ob er wirklich an Covid-19 gestorben ist?

Für Obduktionen gibt es keine einheitlichen bundesweiten Vorschriften, sondern dies ist in den Bestattungsgesetzen der Länder unterschiedlich geregelt. Normalerweise können sogenannte „klinische Obduktionen“ sowohl vom behandelnden Arzt als auch von Angehörigen des Verstorbenen in Auftrag gegeben werden, beispielsweise um Behandlungsfehler oder Fremdverschulden nachzuweisen. Manchmal finden Obduktionen auch statt, um Versicherungsfragen zu prüfen, beispielsweise ob der Verstorbene Vorerkrankungen verschwiegen hat.

Aus Krimis kennt man außerdem sogenannte „gerichtsmedizinische Obduktionen“. Diese werden aber normalerweise nicht von den Hinterbliebenen, sondern meistens vom Gericht oder der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegeben, wenn die Todesursache ungeklärt ist oder der Verdacht eines Tötungsdeliktes im Raum steht.