Covid-19 kann bei Kindern Entzündungserkrankung PIMS verursachen
Bislang etwa rund 1000 Kinder in Deutschland könnten nach Experteneinschätzung in der Pandemie an dem als Folge einer Corona-Infektion erkrankt sein. Gemeldet worden sind seit Mai 2020 rund 872 Fälle (Stand 3. Juli 2022), wie aus einem Register der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) hervorgeht, das auf freiwilligen Meldungen von mehr als der Hälfte der Kinderkliniken und -abteilungen in Deutschland basiert.
"Mit der Dunkelziffer dürften es insgesamt in etwa 1000 PIMS-Betroffene sein", sagte der Kinder- und Jugendmediziner Jakob Armann vom Universitätsklinikum Dresden der Deutschen Presse-Agentur, der die Meldungen ans Register verwaltet. In Anbetracht der hohen Infiziertenzahl bundesweit sei es eine seltene Erkrankung.
Die Abkürzung PIMS steht für Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome. Typische Anzeichen sind mehrere Tage anhaltendes Fieber sowie Durchfälle und/oder Hautausschläge typischerweise vier bis acht Wochen nach einer Sars-CoV-2-Infektion. Auch Kinder ohne Vorerkrankung können betroffen sein.
Etwas mehr als die Hälfte der gemeldeten PIMS-Patienten ist Armann zufolge intensivmedizinisch versorgt worden. "Es ist zwar ein schweres Krankheitsbild, aber es ist gut behandelbar. In der Regel können betroffene Kinder nach zwei bis fünf Tagen die Intensivstation wieder verlassen." Bleibende Schäden träten in der Regel nicht auf. "Es ist natürlich keine schöne Erkrankung, aber auch nichts, was die Kinderkliniken an die Belastungsgrenze bringt."
Ein PIMS-Fall auf 4000 Covid-19-Infektionen
Sowohl im Register als auch in der Dresdner Klinik sei ab etwa Mitte Dezember 2021 ein Anstieg der Fälle beobachtet worden, erklärte Armann. Dies sei sicherlich mit den generell hohen Fallzahlen zu erklären, da PIMS mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit nach einer Sars-CoV-2-Infektion auftrete – und dies unabhängig von deren Schwere. Angenommen werde ein PIMS-Fall auf 4000 Infektionen.
Unter den im Register erfassten Fällen waren rund zwei Drittel Jungen. Die Fälle sind dem Experten zufolge gleichmäßig über alle Altersgruppen verteilt. Insbesondere zu Beginn der Pandemie wurde die durchgemachte Corona-Infektion teils erst rückblickend bei Blutuntersuchungen anhand der Antikörper erkannt.
Die im Herbst und Winter 2021 vorherrschende Delta-Variante hat PIMS etwas seltener ausgelöst, als die Vorgängervarianten. "Es ist nicht zwangsläufig so, dass sich die Krankheit mit jeder Mutation des Virus verschlimmert", sagte Armann.
Nachgefragt! Folge 242: Dr. med. Jakob Armann
Corona: Die Impfung bietet Schutz gegen PIMS
Laut einer dänischen Studie zeigt die derzeitige Omikron-Variante ein noch geringeres PIMS-Risiko. Sie untersuchten 580.000 infizierten Kinder, darunter ungefähr die Hälfte geimpft die andere ungeimpft. Unter allen Kindern, gab es nur einen Fall von PIMS bei einem geimpften Kind und elf Fälle bei ungeimpften Kindern. Damit stellen die dänischen Wissenschaftler fest, das eine Impfung einen gewissen Schutz gegen PIMs bietet. Auch laut der US-Gesundheitsbehörde CDC schützt die Gabe von zwei Dosen des Biontech/Pfizer-Impfstoffs bei Kindern und Jugendlichen von 12 bis 18 Jahren in hohem Maße vor PIMS.
Fälle von Kindern mit schweren Entzündungsreaktionen im Zusammenhang mit Corona waren im Frühjahr 2020 in mehreren Ländern aufgefallen. Ähnliche Krankheitsbilder bei Kindern waren auch zuvor schon bekannt – ein Beispiel ist das sogenannte Kawasaki-Syndrom, dessen Ursache bis heute nicht ganz klar ist. Mutmaßlich handelt es sich auch hier um die Folge einer Infektion, wie Armann erklärte. "Außerhalb einer Pandemie ist die genaue Ursache jedoch schwer zu finden. Kinder weisen schließlich Antikörper gegen verschiedenste Erreger auf." Vor Corona sei man in Deutschland von 400 bis 500 Fällen von Kawasaki-Syndrom bei Kindern pro Jahr ausgegangen.