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Aus Protest sollen am 14. Juni bundesweit die Türen vieler Apotheken geschlossen bleiben. Hintergrund sind Probleme in der Arzneimittelversorgung wie Lieferengpässe und der Fachkräftemangel. „Wir wollen ein Zeichen setzen“, sagte die Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), Gabriele Regina Overwiening, am Dienstag in Berlin.

In vielen Apotheken sei die Belastung durch Lieferschwierigkeiten bei Arzneimitteln zuletzt deutlich gestiegen. „Unsere Teams brauchen immer länger, um noch Arzneimittel zu finden, die zu den Verordnungen der Ärzte passen.“ Nach Angaben der ABDA waren 2022 ganze 666 Arzneimittel in Deutschland knapp. Im Jahr davor waren es noch 381 Präparate gewesen. Der Einsatz der Apotheken im Kampf gegen Lieferengpässe werde von der Politik schon seit Jahren nicht unterstützt, so Overwiening. „Zusätzlich vergütet werden wir für diese Bemühungen nicht“.

ABDA beklagt zu wenig Studienplätze

Hinzu kommt der Personalmangel, den viele Apotheken spüren. „Das ist eine der größten Herausforderungen für uns.“ Zwar arbeiten mit knapp 160.000 Beschäftigten heute mehr Menschen in einer Apotheke als noch vor zehn Jahren. Das aber habe mit vielen Teilzeitkräften und dem wachsenden Bedarf an pharmazeutischer Betreuung in einer alternden Gesellschaft zu tun, so Overwiening. „Die Aufgaben für die Apothekenteams werden immer größter, komplexer und herausfordernder.“

Laut ABDA fehlen ausreichend Studienplätze im Fach Pharmazie. Bereits 2021 hatte die Bundesvereinigung eine Studie in Auftrag gegeben. Demnach könnten bis zum Jahr 2029 bis zu 10.000 Stellen unbesetzt bleiben, wenn die Zahl der Studienplätze an den Universitäten nicht steigt. Zudem entschieden sich viele Absolventen gegen eine Tätigkeit in der öffentlichen Apotheke und noch weniger wagten aufgrund wirtschaflicher Unsicherheiten den Schritt in die Selbstständigkeit, sagte Overwiening.

Notdienst-Apotheken bleiben geöffnet

Gemeinsam mit jungen Apothekerinnen und Apotheker startet die ABDA daher die Initiative „Gegen Zukunftsklau“, um auf Misstände in der Arzneimittelversorgung aufmerksam zu machen. Darüber hinaus wird der Personalmagel auch am bundesweiten Protesttag am 14. Juni ein wichtiges Thema sein. Die Berufsverbände der Länder haben dazu aufgerufen, die Apotheken an diesem Tag geschlossen zu halten. Davon ausgenommen sind die für den Notdienst eingeteilten Betriebe. Dort erhalten Patientinnen und Patienten in jedem Fall dringend notwendige Arzneimittel. Die nächste notdiensthabende Apotheken in ihrer Nähe finden sie hier.

Wie viele Apotheken tatsächlich schließen werden, bleibt abzuwarten und dürfte regional unterschiedlich sein. Im Saarland und der Region Nordrhein haben die Landesapothekerverbände die Protestbereitschaft bereits abgefragt. Etwa 90 Prozent der Apotheken vor Ort wollen sich demnach beteiligen.

Auf Bundesebene will auch die ABDA die Aktion unterstützen. Die Bundesregierung habe den Protesttag provoziert, sagte Overwiening. Zu lange habe sie Probleme wie Lieferengpässe, Personalnot und Unterfinanzierung in den Apotheken ignoriert. „Anstatt die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln über die Apotheken vor Ort zu stabilisieren, wie es der Koalitionsvertrag eigentlich verspricht, schwächt die Bundesregierung sie.“

Politik will Zuschlag für Lieferengpässe zahlen

Um die finanziell angeschlagenen Krankenkassen zu stützen, hatten die Ampel-Parteien zu Jahresbeginn den sogenannten Apotheken-Abschlag von 1,77 Euro auf dann 2 Euro erhöht. Diesen Rabatt müssen Apotheken den Krankenkassen auf jedes rezeptpflichtige Arzneimittel gewähren. Viele Apotheken gerieten damit wirtschaftlich unter Druck, so Overwiening. Ohenhin sei das Fixhonorar trotz steigender Kosten seit Jahren nicht mehr angehoben worden. Bereits heute müsse jeden Tag mindestens eine Apotheke für immer schließen. Im ersten Quartal 2023 war die Zahl der Apotheke laut ABDA auf 17.939 Betriebe und damit den niedrigsten Wert seit mehr als 40 Jahren gefallen.

Das Bundesministerium für Gesundheit sieht die Apotheken hingegen gut aufgestellt. Dort hält man die Belastungen für verhältnismäßig, wie aus einem an Journalisten verschickten Faktenblatt hervorgeht. Zugleich verweist das Ministerium darauf hin, dass die Apotheken mit dem geplanten Lieferengpass-Gesetz einen Zuschlag für das Management der Engpässe erhalten sollen. Geplant sind aktuell 50 Cent für jedes nicht verfügbare Medikament. ABDA-Präsidentin Overwiening bezeichnete diesen Betrag als Witz angesichts des Aufwands in den Apotheken. „Die unsäglichen Arzneimittel-Lieferengpässe belasten unsere Teams mehrere Stunden pro Tag.“