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Heimbeirat in Corona-Zeiten

Auch während der Corona-Krise muss die Arbeit des Heimbeirats weitergehen. Gerade für externe Mitglieder können die Besuchseinschränkungen aber eine Herausforderung sein. Die BIVA hat hier zusammengefasst, worum es jetzt geht.

Was macht ein Heimbeirat?

Ein Heimbeirat vertritt die Interessen der Bewohner. Er trifft sich regelmäßig, nimmt Vorschläge und Beschwerden entgegen und bespricht sie mit der Heimleitung. Er kann aber auch von sich aus Anregungen geben und Anträge stellen. Das Bewohnergremium mischt bei wichtigen Fragen rund um das Alltagsleben im Heim mit. Es kann etwa um die Freizeitgestaltung gehen: Bleibt es bei dem jährlichen Sommerfest? Wohin geht der nächste Ausflug? Darf ein Hundebesuchsdienst kommen? Wichtig sind auch Themen wie Verpflegung, Betreuung, Heimwäsche, bauliche Veränderungen oder Erhöhung der Investitionskosten. Manche Beiräte bieten auch regelmäßig Sprechstunden an, um mit den Mitbewohnern ins Gespräch zu kommen.

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Meine MS-kranke Freundin lebt in einem Pflegeheim. Seit drei Jahren bin ich dort im Heimbeirat. Mein Motto ist: Wir schauen hier nicht weg! Die Pflege ist gut, aber die Lebensqualität ist bei weitem nicht so, wie es sich alte Leute wünschen. Wenn es Probleme gibt, lege ich mich schon mal mit der Heimleitung an. Meiner Freundin wollten sie zum Beispiel einen digitalen Sprachassistenten in ihrem Zimmer verbieten. Dabei hat sie dort Hausrecht! Außerdem ist das Gerät für meine Freundin ein Segen. Nachdem ich protestiert habe, durfte sie es behalten.

Rita Kummert, besucht ihre MS-kranke Freundin fast jeden Tag im Pflegeheim - seit 18 Jahren

Können wir mitbestimmen, was im Heim gemacht wird?

In den drei Bundesländern Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Bayern dürfen die Vertreter des Gremiums in bestimmten Angelegenheiten im Heim mitbestimmen. In allen anderen Bundesländern dürfen sie lediglich mitwirken. Das heißt konkret: Die Heimleitung muss die Bewohnervertretung bei bestimmten Themen informieren und der Beirat hat die Möglichkeit Stellung zu nehmen. Oft fließt diese Meinung indirekt in die Entscheidung der Heimleitung mit ein. Die Heimleitung ist vom Gesetz her dazu verpflichtet, sich die Wünschen und Kritik von Bewohnern anzuhören und in die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen. Die Entscheidung trifft sie aber selbst.

Anders bei den Bundesländern, wo Sie als Bewohnervertreter direkt mitbestimmen dürfen: Können sich dort Heimleitung und Heimbeirat überhaupt nicht einigen, greift die zuständige Heimaufsichtsbehörde ein und vermittelt.

Wie groß ist die Bewohnervertretung?

Das hängt von der Anzahl der Bewohner ab, je größer sie ist, umso mehr Interessensvertreter gibt es. Die Zahl der Bewohnervertreter kann von Bundesland zu Bundesland variieren.

Engagieren sich in der Bewohnervertretung auch externe Kräfte, sollen in dem Gremium in den meisten Bundesländern mehr Heimbewohner als Außenstehende vertreten sein.

Ein Beispiel: Leben im Pflegeheim bis zu 150 Menschen, besteht ein Heimbeirat aus maximal fünf Vertretern. Davon dürfen möglichst aber nur zwei Personen als Außenstehende mitwirken.

Was passiert, wenn sich kein Heimbewohner wählen lassen will?

Manchmal kann in einer stationären Pflegeeinrichtung kein Beirat gewählt werden. Um trotzdem die Interessen der Heimbewohner zu wahren, bestimmt dann die Heimaufsichtsbehörde eine Fürsprecherin oder einen Fürsprecher. In einigen Bundesländern ist es aber auch festgelegt, dass zunächst ein Vertretungsgremium aus Angehörigen, Betreuern und sonstigen Vertrauenspersonen zu bestellen ist.

Wie wird der Beirat gewählt?

Die genauen Details bestimmt das jeweilige Landesheimgesetz. Alle zwei Jahren können die Heimbewohner an der Wahlurne abstimmen, wer sich für sie künftig stark macht. Ein Ausschuss aus drei Personen bereitet die Wahl vor, er muss damit mindestens acht Wochen vor der Wahl beginnen. Der Ausschuss legt zum Beispiel den genauen Wahltermin fest, stellt die Kandidatenliste zusammen und stellt die Betreffenden auf der Bewohnerversammlung vor.

Am Wahltag geben die Bewohner ihre Stimme ab. Die Stimmzahl der Wahlberichtigten bestimmt die Zahl der zu wählenden Beiratsmitglieder.

Nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse informiert der Wahlausschuss der Heimaufsichtsbehörde über die neue Bewohnervertretung.

Kann ich als Angehöriger dem Gremium beitreten?

Ja, das ist erlaubt. Auch Sie als Angehöriger, Vertrauter eines Bewohners, sein Betreuer oder beispielsweise Vertreter einer örtlichen Seniorenorganisationen dürfen im Heimbeirat tätig sein.

Sie können sich aber auch noch anders für die Interessen der Bewohner stark machen: Tun Sie sich mit anderen ehrenamtlichen Helfern zusammen und bilden Sie ein zusätzliches, unabhängiges Gremium. Das Heimgesetz einiger Bundesländer erlaubt es, dass dieses externe Gremium die Bewohnervertretung unterstützt und berät.

Was kann mein Engagement als Außenstehender bewirken?

Ihre Stimme zählt sehr viel. Pflegeexperten raten Angehörigen oder anderen ehrenamtlichen Helfern sogar, sich stärker im Bewohnerbeirat engagieren. Denn Sie sind gegenüber den Bewohnern oft im Vorteil: Sie sind nicht abhängig von der Heimleitung, vielleicht bringen Sie Erfahrung im Umgang mit bürokratischen Erledigungen mit und sind mit juristischen und betriebswirtschaftlichen Fragen vertraut. Dann fäll es Ihnen leichter, beispielsweise Protokolle zu schreiben, Stellungnahmen zu verfassen, Mails zu tippen oder an Kostenverhandlungen mit der Heimleitung und Krankenkasse teilzunehmen.

Im Vergleich zu den meist hochaltrigen und gebrechlichen Menschen im Heim verfügen Sie als externer Bewohnervertreter vermutlich auch über eine robustere Gesundheit – und können entsprechend selbstbewusster auftreten.

Wie kann ich mich auf die Arbeit als Bewohnerbeirat vorbereiten?

Sie können sich für diese ehrenamtliche Aufgabe schulen lassen. Entsprechende Schulungen bietet der BIVA-Pflegeschutzbund an. Die Einrichtungsleitung ist in einigen Bundesländern verpflichtet, solche Schulungen vor Ort im Heim anzubieten. In jedem Fall besteht aber eine Pflicht, den Beirat über seine Rechte zu informieren.

Bevor Sie das Amt annehmen, sollten Sie sich bewusst machen, ob Sie das wirklich möchten: Sind Sie bereit, viel Zeit zu investieren und öfter (am besten mindestens einmal die Woche!) in der Einrichtung vor Ort mit den Bewohnern zu sprechen. Auch die Fähigkeit, sich in die Bedürfnisse pflegebedürftiger Menschen, Durchsetzungskraft und die Bereitschaft, Konflikte anzusprechen und auszuhalten, sind gefragt.

Muss mein Angehöriger im Heim Nachteile fürchten, wenn ich mich extern im Bewohnerbeirat engagiere?

Offiziell darf das natürlich nicht passieren.

Hegen Sie aber trotzdem den Verdacht, dass Ihr Angehöriger im Heim Nachteile erleidet, weil Sie sich für die Heimbewohner stark machen, sprechen Sie das an – am besten zunächst bei der Heimleitung. Bringt das nicht den gewünschten Effekt, wenden Sie sich an die Heimaufsichtsbehörde.

Was kann ich als Angehöriger tun, wenn sich trotz Heimbeirat Missstände im Heim nicht abstellen lassen?

Wenden Sie sich dann an die Heimaufsichtsbehörde und an die für den Heimbewohner zuständige Pflegekasse. Bestehen Hygienemängel, ist das Gesundheitsamt zuständig. Und wenn Sie den Verdacht auf eine Straftat haben, wenden Sie sich direkt an die Polizei.

Hilfestellung, wie Sie zu Ihrem Recht kommen, bietet auch die "Bundesinteressensvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen", abgekürzt BIVA.

Fachliche Beratung:
Ulrike Kempchen, BIVA-Pflegeschutzbund (Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebedürftige Menschen)