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1. Prüfen Sie kritisch Ihre Erwartungen

Barrierefrei wohnen und bei Bedarf umsorgt werden: Davon träumen viele ältere Menschen. Für einige davon kommt vielleicht "Betreutes Wohnen" in Frage. Das Wohnkonzept hilft dabei, selbstständig zu bleiben und gleichzeitig versorgt zu werden. Außerdem haben Senioren so die Chance auf neue Kontakte im Alter. Betreuung im Sinne einer Pflege ist aber nicht automatisch eingeschlossen. "Der Begriff "betreutes Wohnen" ist nicht geschützt und lässt leider oft falsche Erwartungen aufkommen", sagt Ulrike Kempchen, Leiterin der Rechtsberatung der Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA). ""Wohnen mit Service" kommt der Sache viel näher." Mieter oder Eigentümer in einer solchen Service-Wohnanlage bekommen gewisse Grundleistungen. Zur Betreuungspauschale gehören in der Regel ein Hausnotrufsystem und kulturelle Freizeitange­bote, die die Gemeinschaft fördern. Häufig gibt es auch eine Kontaktperson, die Sie zu bestimmten Zeiten anrufen können und die Dinge des täglichen Bedarfs für Sie regelt.

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Ich habe drei Tage "Probewohnen" in einer Einrichtung gebucht, die "Wohnen mit Service" anbietet. Das moderne, helle Haus liegt am Bremer Stadtrand: Einkaufszentrum, Ärztehaus befinden sich gegenüber, die Bushaltestelle vor der Haustür. Ein großräumiges Appartement erwartet mich: breite Türen, rollstuhl- und rollatorgeeignet, auch das Bad ist barrierefrei. Der Handlauf und die behindertengerechte Toilette geben mir ein Gefühl der Sicherheit. Bei 60 Quadratmetern liegt die Warmmiete bei 1040 Euro. Hausnotruf inklusive. Praxen für Logopädie, Ergotherapie, Physiotherapie und psychologische Beratung befinden sich im Haus. Praktisch! Einen Speiseraum gibt es aber nicht. Bei meinem Einzug begrüßt mich eine Runde älterer Bewohner freundlich. Mit meinen 70 Jahren bin ich die Jüngste. Nicht minder herzlich fühle ich mich von den guten Geistern der Einrichtung willkommen geheißen und werde gleich zum Singkreis eingeladen. Für Gefühle von Fremdheit bleibt keine Zeit. Mein Fazit: Man wohnt zwar allein, aber in einem geschützten Umfeld. Wenn man genug Geld hat, wäre das eine gute Option.

Elsbeth Rütten hat "probegewohnt": Die 70-Jährige testete "Wohnen mit Service" in Bremen

2. Checken Sie Ihren Hilfebedarf

"Betreute Wohnanlagen ersetzen kein Pflegeheim und unterliegen auch nicht dessen gesesetzlichen Auflagen", erklärt Juristin Kempchen. "Insofern rate ich jedem, vorher genau zu überlegen, was er an Hilfe braucht, und sich klarzumachen, dass man vielleicht noch einmal umziehen muss." Der pflegerische Betreuungsbedarf der Bewohner wächst mit dem Alter, belegen Statistiken. Im Durchschnitt sind Senioren in Einrichtungen des betreuten Wohnens derzeit 80 Jahre alt. Viele davon sind in ihrer Mobilität eingeschränkt. "Pflege beim betreuten Wohnen erfolgt immer ambulant", sagt Sabine Wenng, Psychogerontologin von der Arbeitsgruppe für Sozialplanung und Altersforschung in München. "Sie kann also nur von einem ambulanten Pflegedienst geleistet werden, den der Bewohner selbst auswählt und über die Pflegekasse abrechnet." Bei der Organisation hilft meist die Kontaktperson im Haus. Nimmt die Pflegebedürftigkeit zu, ist es gut, wenn auch eine Tagespflege in der Nähe oder im Haus ist. "Wer jedoch irgendwann auf eine 24-Stunden-Versorgung angewiesen ist, wird um einen Umzug ins Pflegeheim nicht herumkommen."

Auch wenn man das oft annimmt: Die Pflege im Betreuten Wohnen ist wohl nicht besser als im Heim – sondern in einigen Punkten sogar schlechter. Ein Report der BARMER legt das nahe. Zum Beispiel haben die Bewohner im Betreuten Wohnen weniger Arztkontakte. Außerdem sind neue Fälle von Wundliegen ("Dekubitus") wahrscheinlicher als Heim.

3. Schauen Sie sich mehrere Häuser an

Die Bandbreite der Angebote zum "Betreuten Wohnen" ist riesig. Für Laien ist der Markt oft unübersichtlich: Da gibt es Seniorenresidenzen und -wohnheime, Eigentümer-Wohnanlagen und Altenwohnungen, die in einem Wohngebiet verteilt sind. Anbieter sind sowohl Wohlfahrtsverbände und Kommunen als auch private Träger. Die Kosten schwanken stark, auch die Größe und Ausstattung der Räume kann variieren. Interessenten haben die Wahl zwischen kleineren Zimmern, Appartements mit Pantryküchen oder größeren Wohnungen – auch für Paare. Die Räume können Sie mieten, manchmal auch kaufen. Dabei kommt es auf Ihre eigenen finanziellen Mittel an - und auf Ihren Bedarf. Der eine legt mehr Wert aufs hauseigene Schwimmbad, der andere aufs gute Mittagsmenü.

4. Machen Sie sich selbst vor Ort ein Bild

Bevor Sie sich für eine Wohnung entscheiden, sollten Sie die Anlage am besten selbst besichtigen. Verein­baren Sie einen Besuchstermin: Sprechen Sie mit den Bewohnern, vielleicht gibt es sogar eine Bewohnervertretung, an deren Treffen Sie teilnehmen dürfen. Falls Sie probewohnen können, sollten Sie diese Möglichkeit nutzen, um ein Gefühl für das neue Zuhause zu bekommen. Falls nicht, sollten Sie zumindest versuchen, so viel wie möglich vom Tagesablauf mitzubekommen. Bleiben Sie zum gemeinsamen Mittagessen, gehen Sie zum Backnachmittag, besuchen Sie die Chorprobe oder andere Freizeitaktivitäten. Wie fühlen Sie sich bei Ihrem Besuch? Was ist Ihr persönlicher Eindruck vom Haus und der Atmosphäre dort? Machen Sie sich Notizen!

5. Nutzen Sie eine Checkliste beim Vergleichen

Um mehrere Angebote miteinander zu vergleichen, ist eine Checkliste ideal. Die listet die wichtigsten Auswahlkriterien auf und hilft dabei, sich ein besseres Bild zu machen. Gibt es einen Garten? Sind öffentliche Verkehrsmittel gut erreichbar? Ist das Haus barrierefrei? Gibt es Stellplätze für Rollstühle oder Scooter? Sind Haustiere erlaubt? Hat das Zimmer eine Schlafnische? Können Sie in Ihrer Küche auch im Sitzen arbeiten? Gibt es eine Kontaktperson im Haus? Was gehört zu den Wahlleistungen und wie teuer sind sie? Wer solche Fragen vorab klärt, trifft oft eine bessere Wahl.

6. Lassen Sie den Vertrag vorher prüfen

In der Grundmiete Ihres Appartements ist manchmal bereits eine kleine Betreuungspauschale enthalten. Bei den meisten Anbietern schließen Sie aber zusätzlich zu Ihrem Mietvertrag einen eigenen Dienstleistungs- oder Betreuungsvertrag ab. Der umfasst die Grundleistungen und sogenannte Wahlleistungen. Je nach Anbieter können das Dienste wie Einkaufsbegleitungen, eine Putzhilfe, ein Mahlzeitenservice oder eine Begleitung im Alltag sein. Diese Wahlleistungen buchen Sie zusätzlich, müssen sie allerdings auch zusätzlich bezahlen. "Je nach Anbieter und Vertrag kann das dann schnell teuer werden", warnt Ulrike Kempchen. Bevor Sie unterschreiben: Lassen Sie den Vertrag von einer Rechtsberatung kontrollieren (der BiVA-Pflegeschutzbund bietet eine einmalige Überprüfung für 60 Euro an). Alle Leistungen sollten in einem getrennten Vertrag mit sämtlichen Kosten aufgeschlüsselt sein. Änderungen sollten nicht ohne Ihre Zustimmung möglich sein. Klären Sie vorab, wie die Kündigungsfristen sind und ob Sie ein lebenslanges Wohnrecht haben.