Zeckenstich: Wie erkennt man Borreliose?
Sie sind fies. Erst verstecken sie sich im hohen Gras, in Büschen, Hecken und Wäldern. Wenn ein Opfer des Weges kommt, lassen sie sich unbemerkt auf dessen Körper fallen. Bevor sie zuschlagen, betäuben sie die Einstichstelle, sodass ihr Opfer nichts merkt und saugen anschließend in aller Ruhe Blut, bis ihr Leib prall gefüllt ist. Dann lassen sie sich wieder abfallen.

Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Christen arbeitet am Kinder- und Jugendkrankenhaus auf der Bult in Hannover
© W&B/Privat
Zeckenstiche bleiben oft unbemerkt
Kein Wunder, dass Zecken häufig unbemerkt bleiben: Viele, die von den winzigen Spinnentieren gestochen wurden, können sich überhaupt nicht daran erinnern. Und das ist ein Problem.
Denn in ganz Deutschland übertragen Zecken Borreliose, eine Infektion, die im Körper vielfältige Symptome auslösen kann. Bis die Biester die Keime aus ihrem Darm in den Körper eines Menschen abgesondert haben, "dauert es 24 Stunden und länger", erklärt Professor Hans-Jürgen Christen vom Kinderkrankenhaus auf der Bult in Hannover. Andere Infektionen können sie sofort übertragen.
Häufiges Borreliose-Symptom: ringförmige Rötung
Je länger eine Zecke also saugt, umso schlechter. "Etwa 30 Prozent der Zecken sind mit Borrelien infiziert", sagt Christen. Aber bei Weitem nicht alle Zecken-Opfer erkranken, oft verläuft eine Infektion gänzlich unbemerkt. Diejenigen, die Symptome zeigen, "können sehr gut mit Antibiotika behandelt werden", erklärt Kinderarzt Christen. "Die allermeisten Patienten werden mit einer entsprechenden Behandlung wieder völlig gesund."

Prof. Dr. med. Werner Grossmann ist Facharzt für Neurologie und für Pharmakologie in München
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Eine Borreliose verläuft typischerweise bei Kindern wie Erwachsenen in mehreren Phasen: Häufig, aber bei Weitem nicht immer, zeigt sie sich mit einer typischen ringförmigen Rötung, deren Durchmesser anwächst. Sie entsteht Tage oder Wochen nach dem Zeckenstich. "Diese Wanderröte ist ein Grund, sofort zum Arzt zu gehen", erklärt Professor Werner Grossmann, Facharzt für Neurologie und für Pharmakologie in München.
Auch wenn sich die Stelle rötet, stark juckt oder andere Missempfindungen hervorruft, rät Grossmann zum Arztbesuch. Gelegentlich reagieren Betroffene jetzt auch mit Fieber, Erkältungssymptomen oder geschwollenen Lymphknoten. Auch dann sollte man hellhörig werden. Aber Achtung: "Manche Labortests auf Borreliose sind nicht aussagekräftig", sagt Grossmann. "Anhand der Entzündungsmarker TNF-alpha oder IFN-gamma lässt sich aber schon früh erkennen, ob jemand infiziert ist."
Unklare Gelenkschmerzen oder Gesichtslähmungen
Und: Zecken übertragen viele Krankheiten. Es kann also auch sein, dass eine ganz andere Infektion hinter den Symptomen steckt, zum Beispiel eine Chlamydien-Infektion, erklärt Grossmann. In seltenen Fällen breiten sich die Borrelien unbehandelt im Körper aus. Befallen sie Gelenke oder das Nervensystem, können Schmerzen oder Lähmungserscheinungen auftreten.
Auch dann lässt sich das Leiden noch gut mit Antibiotika behandeln. Wenn Kinder unklare Gelenkbeschwerden haben, sollte man immer an eine Borreliose denken. Bei der sogenannten Neuroborreliose ist das Nervensystem betroffen. "Erkrankte haben dann Lähmungserscheinungen, bei Kindern zeigen sich diese oft im Gesicht", sagt Christen.
Chronische Borreliose bei Kindern selten
Während Gelenkbeschwerden bei Kindern vergleichsweise harmlos verlaufen, leiden Erwachsene oft unter starken Schmerzen. "Auch das lässt sich gut mit Antibiotika behandeln", sagt Christen. Nur sehr selten wird die Borreliose chronisch, das heißt: Noch Monate und Jahre nach der Infektion kehren neurologische und rheumatische Beschwerden wieder. "Bei Kindern kommt das aber eigentlich nie vor", meint der Experte. Der beste Schutz vor einer Ansteckung ist es, den fiesen Winzling so bald wie möglich wieder loszuwerden, bevor er die Keime in den Körper seines Opfers abgibt. Noch besser: sich erst gar keine Zecken zuziehen.