Die passende Brille für mein Kind

Kinderbrillen gibt es in allen Farben und Formen – aber wie gewöhnen Eltern ihre Kinder an die Sehhilfe?
© Stocksy United/Giorgio Magini
Wie gut, dass es Harry Potter gibt. Denn prominente Brillenträger wie er haben das ehemals verpönte Nasenfahrrad bei Kindern populärer gemacht. Die Zeiten der "Brillenschlange"-Hänseleien sind hoffentlich größtenteils vorbei. Der Trend bei der Optik geht sogar in die andere Richtung: je auffälliger, desto besser! Außer der Stilfrage gibt es zu Kinderbrillen jedoch einiges zu beachten.
Kinder: Auch zum Augenarzt?
Laut Professor Hermann Dieter Schworm, Facharzt für Augenheilkunde aus München, benötigen etwa zehn bis 20 Prozent aller Kinder eine Brille, um Sehfehler auszugleichen. Doch nicht jedes dieser Kinder trägt eine. Den Eltern fallen die Sehprobleme ihrer Kleinen nicht immer rechtzeitig auf. "In seltenen Fällen werden Eltern durch vermehrtes Blinzeln oder Zukneifen der Augen ihrer Kinder aufmerksam", sagt Schworm. "Es gibt kein zuverlässiges Kriterium für gutes oder schlechtes Sehen. Deshalb sollten Eltern mit ihren Kindern unbedingt innerhalb der ersten drei Lebensjahre eine Untersuchung beim Augenarzt durchführen lassen." Der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA) empfiehlt bereits eine Augenkontrolle bei sechs bis zwölf Monate alten Kindern, wenn familiär ein erhöhtes Risiko für Schielen, Fehlsichtigkeit oder erbliche Augenerkrankungen vorliegt. Achtung: Anders als für die Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt müssen die Kassen die Kosten hier nicht unbedingt übernehmen. Informieren Sie sich also gegebenenfalls vorab bei Ihrer Krankenkasse oder Ihrem Augenarzt, ob sie diese Untersuchung selbst bezahlen müssen.
Auch bei einigen Vorsorgeuntersuchungen wie der U5 (6. bis 7. Lebensmonat) sowie bei der U7a (34. bis 36. Lebensmonat) prüft der Kinderarzt die Sehfunktionen. Häufig bieten Augenärzte gegen Gebühr einen Geräte-Suchtest auf Augenveränderungen an. Bei Auffälligkeiten überweist der Kinderarzt den kleinen Patienten an den Augenarzt. "Viele Sehfehler sind verborgen und können nur durch spezielle augenärztliche Untersuchungen festgestellt werden", erklärt Schworm. Deswegen kann eine gezielte Untersuchung beim Augenarzt gerade bei familiärer Vorbelastung sinnvoll sein.
Kinderbrille sollte biegsam und leicht sein
Muss das Kind künftig eine Sehhilfe tragen, sollten es die Eltern auf jeden Fall bei der Wahl der Brille mitentscheiden lassen. Und keine Angst: Inzwischen gibt es Kinderbrillen in allen Formen und Farben. Neben der ästhetischen Komponente sind Passform und Verarbeitung wichtig. Achten Sie darauf, dass die Brille stabil und leicht ist. Empfehlenswert: Bügel mit Federscharnieren. Die brechen nicht ab, selbst wenn man sie nach hinten biegt.
Für manche Kinder ist eine Brille mit elastischen Bügeln ideal, sogenannten Sportbügeln, die passgenau hinter dem Ohr sitzen. "Außerdem verschreiben wir Kunststoffgläser, damit bei einem Sturz keine Glassplitter das Auge verletzen können," so Schworm. "Die Augen sollten durch die Mitte des Glases schauen, und die Gläser verhältnismäßig klein und möglichst rund oder oval geformt sein." Häufig wählen Eltern zu große Fassungen. Das bedeutet nur unnötiges Gewicht auf der Nase. Deshalb: Suchen Sie sich einen Optiker, der mit dem Anpassen von Kinderbrillen Erfahrung hat. Für jede Altersgruppe gibt es die passenden Modelle.
Brille: Positive Einstellung der Eltern hilft dem Kind
Trotzdem: Gerade am Anfang ist die Brille ein Fremdkörper im Gesicht Ihres Kindes, an den es sich gewöhnen muss. Dazu braucht es positives Feedback. Hier sind die Eltern gefordert: Wenn Sie die Brille als Einschränkung oder Handicap wahrnehmen, wird es Ihr Kind sehr wahrscheinlich auch tun. "Der größte Fehler ist, wenn eine Mutter neben ihrem Kind ihr eigenes Unbehagen über die Brillenverordnung zum Ausdruck bringt oder gar in Tränen ausbricht," berichtet der Experte aus eigener Erfahrung. "Dann ist nicht mehr damit zu rechnen, dass das Kind unbefangen an das Thema herangeht." Deswegen ist ein möglichst normaler Umgang mit dem neuen Hilfsmittel ganz wichtig.
"Die Brille sollte routinemäßig wie auch die Kleidung jeden Morgen angezogen werden", sagt Schworm. Bauen Sie dabei keinen Druck auf. Aussagen wie "Wenn du die Brille nicht aufsetzt, gibt es keine Süßigkeiten mehr" bringen meist nichts – nur, dass das Brilletragen dann negativ besetzt wird. Besprechen Sie im Vorfeld kurz mit den Erzieherinnen oder Lehrkräften diese Neuerung, damit sie möglichen Unsicherheiten sensibel begegnen können. Die Erfahrung des Augenarztes ist: "Je jünger die Kinder sind, desto schneller gewöhnen sie sich an die Brille." Gerade die Kleinen sind da glücklicherweise oft sehr pragmatisch: Schon nach kurzer Zeit stellen sie fest, dass sie mit der Brille besser sehen können und tragen sie aus diesem Grund gerne.