Haushaltshilfe: Wann zahlt die Kasse?
Musik dudelt aus dem Radio. Geschirr klappert. Anna A. summt fröhlich vor sich hin. Tassen, Teller, Gläser stellt sie in den Geschirrspüler. Marmelade, Käse, Wurst und Butter kommen in den Kühlschrank. Marmelade und Butter nach ganz oben, Käse und Wurst ins mittlere Fach. Alles hat seinen Platz. Am Küchentisch sitzt Heike W. Eine Tasse Tee vor sich, die Zeitung aufgeschlagen. Das rechte Bein ruht auf einem zweiten Stuhl. Eingegipst. Von Zeit zu Zeit schaut sie ein wenig verstohlen zu Anna hinüber, die sich in ihrer Küche bewegt, als ob sie schon immer da gewesen wäre…
Heike W. erinnert sich, wie es für sie war, als die Familienpflegerin Anna A. im Juni durch ihr Haus in St. Peter wirbelte. Für vier Wochen übernahm die junge Frau alle Aufgaben im Haushalt, die sonst Heike W. erledigt. Die damals 38-jährige Hausfrau und Mutter hatte sich das Bein gebrochen und fiel im Alltag aus. "Ich war zum Liegen und Rumsitzen verdammt", sagt die dreifache Mutter. Normalerweise beginnt ihr Tag um 6 Uhr und ist strikt durchgetaktet vom Frühstückherrichten bis zum Kinder-ins-Bett-Bringen am Abend. Ihr Mann Felix ist selbstständig und hat eine Zimmerei. "Dass jemand hinter mir herputzt, war ich nicht gewohnt. Es fühlte sich seltsam an, dass sich eine fremde Frau um meinen Haushalt kümmert", gesteht sie.
Aber Heike ist dankbar, denn ohne die Familienpflegerin wäre das Chaos ausgebrochen. An jenem Samstag im Mai wollte Heike nur noch schnell im Garten den Rasen mähen. Sie stolperte und stürzte unglücklich. "Es gab einen lauten Knacks", erinnert sie sich. Als Heike aufstehen wollte, ging das nicht. "In dem Moment war klar, da ist mehr kaputtgegangen", erzählt sie. Die Diagnose: Wadenbeinbruch. Sechs Wochen würde sie ausfallen.
Wann zahlt die Krankenkasse eine Haushaltshilfe?
In den ersten zwei Wochen halfen Heikes Schwägerinnen und ihre Mutter. Für die übrige Zeit stellte sie einen Antrag für eine Haushaltshilfe bei ihrer Krankenkasse. Das nötige Attest hatte ihr Arzt sofort ausgefüllt. Gesetzlich Versicherte oder Beamte mit Anspruch auf Beihilfe können unter bestimmten Voraussetzungen Unterstützung erhalten. Geregelt ist das im fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) in Paragraf 38. Darin heißt es, dass die haushaltsführende Person krankheitsbedingt ausfallen muss.
In der Regel bedeutet dies, dass Mutter oder Vater – je nachdem, wer den Haushalt schmeißt – im Krankenhaus, in einer Rehamaßnahme oder auf einer Kur ist. Aber auch ärztlich verordnete Bettruhe, etwa in der Schwangerschaft oder die Genesung zu Hause nach einem Krankenhausaufenthalt (Operation oder Geburt), zählen dazu. Außerdem muss mindestens ein Kind unter zwölf Jahren im Haushalt leben (je nach Kasse auch bis 14 Jahre) und feststehen, dass niemand anderes im Haushalt die Arbeit übernehmen kann.
Bis zu 26 Wochen kann die Krankenkasse die Kosten für eine Haushaltshilfe erstatten. Ist der Antrag bewilligt, sucht die Familie selbst eine Haushaltshilfe oder bittet die Krankenkasse, jemanden zu organisieren. Für den Fall arbeiten die Kassen bundesweit mit externen Dienstleistern wie etwa Arbeiterwohlfahrtsverbänden, mit Caritas-Einrichtungen, mit Gemeinden oder freien Dienstleistern zusammen.
Familienpflegerinnen kümmern sich um Haushalt und Kinderbetreuung
Die Krankenkasse von Heike W. übernahm für vier Wochen die Kosten für eine Haushaltshilfe. Die Familie rief sofort beim Dorfhelferinnenwerk Sölden e.V. an. Der Verein hatte ihr schon einmal eine tolle Haushaltshilfe organisiert, als ihre Zwillinge vier Jahre zuvor auf die Welt gekommen waren. "Wir beschäftigen 300 Familienpflegerinnen vom Bodensee bis zum Hochschwarzwald und betreuen im Jahr circa 2500 Familien", sagt Geschäftsleiterin Elisabeth Groß.
Mit Anna hatte Familie W. wieder Glück. Die Familienpflegerin war täglich von 10 bis 18 Uhr im Einsatz. Im Haushalt erledigte sie nur das Nötigste: aufräumen, Geschirr spülen, Staub saugen, Wäsche waschen und kochen. Die meiste Zeit verbrachte Anna mit den Kindern Max (damals 7), Linda und Leni (beide 4). "Mir war es wichtig, dass jemand nachmittags da ist und mit den dreien rausgeht oder sie zum Turnen, Fußball oder Schwimmen fährt", sagt Heike W. Anna unternahm mit den Kindern Radtouren in den Wald, sie bauten Staudämme, fuhren zum Spielplatz oder spielten im Garten.
Familienpfleger müssen auch Distanz wahren
Auch wenn das Verhältnis zu der Familienpflegerin sehr freundschaftlich war, achtete Anna A. auf eine gewisse Distanz. Das ist für alle Beteiligten wichtig. Zum einen für die Kinder, die sich nicht zu sehr an die Familienpflegerin gewöhnen sollen. Zum anderen für die Familienpflegerin selbst. Denn nicht jeder Einsatz ist unkompliziert wie bei Familie W. "Wenn eine Mutter Krebs hat und alle wissen, dass sie sterben wird, fällt es schwer, das Schicksal der Familie nicht zu nah an sich selbst heranzulassen", gesteht Anna A. Sie hat gelernt zu akzeptieren, dass das Leid einer Familie nicht ihres ist.
"Aber ich kann die Familie im Alltag entlasten", so die junge Frau.