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Vor einigen Jahren ist Pucken in Deutschland wieder aufgekommen. Manche Hebammen empfehlen es, damit die Kleinsten sich leichter beruhigen.

Gefahren: Hitzschlag, abgeklemmte Nerven, Hüftdysplasie

Pucken heißt: das Kleine so einwickeln, dass die Ärmchen dicht am Körper liegen und auch die Beinchen auf Tuchfühlung sind. Was soll an ­so einer Methode schlecht sein? ­Eine ganze Menge, sagen Kinder- und Jugend­­ärzte. Der Berufsverband Nordrhein listete 2012 eine Reihe von Argumenten auf. Danach kann Pucken

  • zu Hitzschlag und Dehydrierung führen, etwa an sehr heißen Tagen
  • dem Kind Nerven abklemmen, wenn zu fest gepuckt wird
  • das Risiko für eine Hüftdysplasie, eine Fehlstellung des Hüftgelenkes, erhöhen
  • platte Hinterköpfe bei den Babys fördern
  • nicht genug Raum zum tiefen Luftholen und Schreien lassen

Eine bessere Alternative für Schreibabys: das Tragetuch. Es fördert unter anderem eine gesunde Hüftreifung. Pucken kann dagegen die Hüftreifung beim Säugling behindern. Darauf deuten Zahlen einer australischen Studie hin. Wir sprachen mit Kinder-Orthopädin Dr. Tamara Seidl, was das bedeutet.

Dr. Tamara Seidl ist Oberärztin am Franziskus-Hospital in Bielefeld sowie Ausbilderin für den Ultraschall der Säuglingshüfte

Dr. Tamara Seidl ist Oberärztin am Franziskus-Hospital in Bielefeld sowie Ausbilderin für den Ultraschall der Säuglingshüfte

Frau Seidl, was passiert beim Pucken, dass es so nachteilig für die Hüftentwicklung sein kann?

Beim Pucken wird das ­Baby von den Schultern abwärts fest in ein Tuch gewickelt. Das soll (Schrei-)Babys ­beruhigen. Dabei werden die Beine aber in die so­genannte Streckstellung gezwungen. Es entstehen an der Wachstums­­fuge der Hüftgelenkpfanne Scherkräfte, die zu einer Fehlstellung der Hüfte oder sogar zum Auskugeln führen können. Deshalb warnt die Deutsche Gesellschaft für ­Ultraschall in der Medizin Eltern davor, ihr Kind zu pucken.

Was braucht Babys Hüfte, damit sie sich gut entwickelt?

Um richtig reifen zu ­können, braucht die ­Hüfte bestimmte Wachstums­reize. Die bekommt sie in der sogenannten Sitzhock­stellung, in der der Säugling die Beinchen spreizt und gleich­zeitig leicht anhockt. In den ersten Lebenswochen nehmen Babys diese Haltung reflexhaft ein – außer man zwingt sie eben durch festes Einwickeln in eine ­andere Position. Die empfindlichste Zeit der Hüftreifung sind die ersten drei bis vier Lebens­­monate. In dieser sensiblen Phase werden Kinder aber auch gepuckt.

Engen Pucksäcke auch zu sehr ein?

Aus orthopädischer Sicht spricht nichts dagegen, wenn es sich um einen Puck­sack mit einem weiten ballon­artigen Unterteil handelt. Das gibt dem Kleinen an Armen und Schultern die gewünschte Begrenzung. Und es kann trotzdem die Beinchen anhocken oder damit strampeln.

Was können Eltern tun, die ihr Kind gepuckt haben und jetzt in Sorge sind?

Ist das Kind jünger als ein Dreivierteljahr, können Eltern den Kinderarzt bitten, die Hüfte per Ultraschall  zu kontrollieren. Bei älteren Kindern achten Eltern auf das Gangbild des Kindes: Ist es auffällig, watschelt oder hinkt das Kind, dann den Kinderarzt oder -orthopäden darauf ansprechen!

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